Polens Auffassung von Solidarität zwischen den Völkern

Zahlreichen Haushalten auf der Insel Usedom flatterten in den letzten Wochen knallgelbe Flugblätter in die Briefkästen. Tenor dieser ist, daß sich das polnische Volk mit dem deutschen solidarisiere – quasi unter dem Motto: "Verbrüderung der Umwelt zu liebe". Inhaltlich nimmt ein gewisser "Bund Solidarnosc 80" unter Vorsitz von Stanislaw Huszcza aus Swinemünde unter anderem auf den geplanten Bau des Steinkohlekraftwerks in Lubmin Bezug. Unter der Überschrift "Wir protestieren scharf" wird in orthographisch holprigem Stil von den "Einwohnern von Swinemünde" vor einem möglichen Störfall im Kraftwerk gewarnt. Irreparable Umweltschäden, die bei einem solchen Fall entstehen können, würden laut Flugblatt die Swinemünder massiv treffen, "zu deren Lebensunterhalt der Tourismus und das Meer gehören". Daran anknüpfend, sei der Verlust von vielen Arbeitsplätzen in den Branchen Fischfang und Tourismus zu befürchten. Schlußendlich wird noch angeführt, daß dies "auch die deutsche Bevölkerung, die in diesem Gebiet lebt", betreffe.

Soweit, so gut. Vorweg ist aber entschieden anzumerken, daß das polnische Volk vor 63 Jahren nicht in diese mißliche Lage hätte kommen müssen. Nicht etwa, weil die Energiegewinnungs-Technologie noch nicht auf dem heutigen Stand (auch mit all dem in sich bergenden umweltzerstörerischen Potenzial) entwickelt war. Nein, sondern einfach deshalb, weil der polnische Staat bis 1945 in der Pommerschen Bucht überhaupt keinen einzigen Meter Ostseeküste besaß. Schön als, daß wir Deutschen von den "Einwohnern von Swinemünde" nicht übergangen werden, die auch "in diesem Gebiet" leben…

Die gebetsmühlenartig bejubelte gute Zusammenarbeit mit polnischen Entscheidungsträgern darf sicherlich nicht die Gewißheit ausklammern, daß aufgrund der gemeinsamen Küstenlinie von Vor- und Hinterpommern den Einwohnern in Grenzgebieten manch tickende Zeitbombe ebenso gefährlich werden kann. Das ist klar. Verwunderlich ist aber, daß die heutige Stettiner Regionalverwaltung die Genehmigungsunterlagen zum Lubminer Steinkohlekraftwerkbau anforderte – in polnischer Sprache. Man pocht auf die "aktuellen EU-Vorschriften" zur grenzübergreifenden Informationsverpflichtung.

Artenschutz auf polnisch

Polen stützt seine Forderungen auf EU-Richtlinien – einerseits. Denn Polen ist, seitdem es in den Besitz von Küstenstreifen der Ostsee gelangte, für maritime Naturgesetze offensichtlich nicht gerade sensibilisiert worden. Mehr noch: Die polnische Wirtschaft schert sich wenig um ein ausgewogenes ökologisches Gleichgewicht im südlichen Ostseeraum. Denn jenseits Oder und Neiße kümmert sich der Wirtschaftszweig Fischfang nicht um von der EU verordnete Fangquoten - insbesondere um das von Brüssel verhängte Fangverbot für Ostseedorsch, das erst am Jahresende ausläuft. Nutz es seinen Interessen, wird die EU von Polen gern vorgeschoben. Gewiß, der arg ausgedünnte Bestand des Ostseedorsches soll und muß mit einem aquakulturellen Dorschzuchtprojekt präventiv in gesunde Balance zurückgebracht werden. Die Kosten von 30 Millionen Euro bleiben jedoch an der deutschen Seite hängen. Trotz Kenntnis der Republik Polen von dem Aufzuchtprojekt wurden keine finanziellen Mittel beigesteuert bzw. erfolgte eine eigene Dorschbestandssicherung.

Was hüben pfleglich aufgezogen wird, wird drüben maßlos abgeschöpft.

Das grüne Gewissen Polens

Die Arbeitsplätze in Vorpommern fallen dank polnischer "Rambo-Manier" nicht nur im Ressort des Fischfangs weg. Folgende Episode im Sommer diesen Jahres belegt die Brisanz, wie schnell deutsche Arbeitsplätze auch in der Gastronomie der Insel Usedom durch Verschulden des polnischen Nachbars gefährdet werden können. Salmonellenbakterien verunreinigten mitten in der Badehochsaison die Küste der Pommerschen Bucht. Die Kontamination der Gewässer vor Swinemünde mit diesen Krankheitserregern hat ein polnischer Fischer zu verantworten, der in fahrlässiger Art und Weise die Abwasserbehälter an Bord seines Kutters nicht auf ihre Unversehrtheit kontrollierte. Dies war der Grund für die Sperrung des Strandabschnitts von Misdroy (Insel Wollin) im August.

Der Lubminer Kraftwerkbau wird dem vor- und hinterpommerschen Tourismus Schaden zufügen – zweifellos. Demgegenüber stand bei einem interfraktionellen Treffen der Landtags-CDU und der polnischen Bürgerplattform (PO) aus Westpommern die Forderung des freien Marktzugangs für polnische Fachkräfte ganz oben auf der Agenda. Die beschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit seit dem EU-Beitritt Polen bremse die Flut von Polen als Arbeitnehmer in der deutschen Gastronomie noch merklich. Da diese arbeitsmarktpolitische Regelung ab 2011 ohnehin wegfällt, bestand seitens der Teilnehmer der gemeinsamen Fraktionssitzung, die am 15. Juli 2008 in Ueckermünde stattfand, kein Handlungsbedarf. Bis dahin beschränkt man sich bis dahin auf die Vorbereitung einer "besseren Integration" polnischer Pendler in den grenznahen Arbeitsmarkt auf deutscher Seite. Ohnehin ist beabsichtigt, dem prognostizierten Fachkräftemangel in der Gastronomie mit grenzübergreifendem Arbeitsnomadentum jenseits von Oder und Neiße entgegenzutreten.

"Geben gleichviel"

In einem weiteren Flugblatt ging der "Bund Solidarnosc" hart mit der polnischen Staatsführung unter Donald Tusk ins Gericht. "Als Polen und Einwohner von Swinoujscie schämen wir uns für die polnische Regierung, dass wir Hilfe auf dem deutschen Boden in der polnischen Botschaft suchen müssen." Hier liegen beide Seiten gar nicht mal so weit auseinander: Auch wir schämen uns nämlich für unsere Staatsführung im BRD-System.

Worum geht es in dem zweiten Flugblatt? Die polnische Regierung weigere sich, die Subventionen für die Swine-Fähren auf dem Fluß Swine zu erhöhen. Die 1945 gesprengte Brücke, die Usedom mit der Insel Wollin verband, wurde seitdem von der polnischen Stadtverwaltung Swinemündes nicht wieder aufgebaut. Einzige Übergangsmöglichkeit sind seither zwei Fährverbindungen in Swinemünde und im Süden über den ehemaligen "Kaiser-Wilhelm-Kanal". Mit gestiegenen Unterhaltungskosten, insbesondere durch die Erhöhung des Dieselpreises, gestaltet es sich zunehmend schwieriger, die Fährschiffe tauglich zu halten.

Logische Konsequenz der polnischen Bittsteller: Deutsche Autofahrer benutzen ebenfalls die Fähre, ergo hätte man sich auch an den Unkosten zu beteiligen. Die Forderung kulminierte in "Geben gleichviel!"

Anfang des Jahres hatte der Unterzeichung der Flugblätter, der "Solidarnosc 80"-Vorsitzende, Stanislaw Huszcza, noch angekündigt, die Grenzübergänge von Ahlbeck und Garz sperren zu lassen, wenn deutscherseits keine finanzielle Unterstützung zur Erhaltung der Fährverbindung käme.

Fazit: Obwohl wir doch aus ökologischer und infrastruktureller Sicht anscheinend alle in einem Boot zu sitzen scheinen, verwundert die stoische Weigerung von Politikern hierzulande, stärkere Kontrollen hinsichtlich vorgegebener EU-Standards auch in grenznahen Städten und Gemeinden unter polnischer Verwaltung zu fordern. Sollen nunmehr neben den bereits bestehenden EU-Fördermillionen in den grenzübergreifenden Regionalfonds noch mehr deutsche Gelder flüssig gemacht werden? Denn die BRD füllt als größter Netto-Einzahler maßgeblich die Brüssler Fördertöpfe. Demzufolge setzt sich das EU-Subventionsvolumen mehrheitlich aus deutschen Geldern bzw. Steuern zusammen. Diese Fördertöpfe kommen nicht einmal mehr spezifisch den Regionen in unserem Bundesland zugute, sondern werden insbesondere in sogenannten deutsch-polnischen Gemeinschaftsprojekten gebündelt. Die Mammut-Last liegt also vorerst weiter auf den Schultern des deutschen Volkes.
Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Freitag, 24. Oktober 2008