Produktion in Anklam - früher hochwertige Textilien, heute sinnlose Bewerbungen

So sieht also der Fortschritt in unserer Stadt aus, daß genau dort, wo früher ein regional bedeutender Textilhersteller tätig war, seit einigen Wochen die „Technische Fortbildungsakademie Bildungswerk Pasewalk GmbH“ im Auftrag der Sozialagentur eine Einrichtung betreibt. Diese Einrichtung soll Arbeitslosen bei der Erstellung von Bewerbungen helfen, für Jobs, die es, wie jeder halbwegs realistisch denkende Mensch weiß, gar nicht gibt. Es darf auch im Internet nach nichtexistenten Stellenangeboten gesucht werden.

Vor der Wende hätte man in der Lübecker Straße 19 in der Anklamer Südstadt nicht lange nach Arbeitsmöglichkeiten fahnden müssen. Allein in der Hansestadt fanden noch 1990 245 Bürger, zumeist Frauen, Beschäftigung in dem Kleiderwerk. Das übergeordnete Textilkombinat, das auch in Jarmen, Greifswald und Altentreptow Niederlassungen unterhielt, war eine Säule der heimischen Wirtschaft.

Plattgemacht wurde es dann nicht etwa deshalb, weil es minderwertige Ware produziert hätte, die für die neue Zeit nicht mehr gut genug gewesen wäre. Im Gegenteil, denn als Hauptkunden traten zu DDR-Zeiten westdeutsche Versandhäuser in Erscheinung. Viele Bundesbürger liefen in Anzügen aus Anklam herum, freilich ohne dies zu wissen, wohingegen man als DDR-Bürger kaum an die Produkte herankam. Nur wenn einmal eine Naht nicht ganz gerade saß und der strenge Westkontrolleur die Abnahme verweigerte, konnte es passieren, daß ein Ostvorpommer tatsächlich in seiner Verwandtschaft Westmode vorführen konnte. Alle fragten sich dann, wie er das wohl gemacht hatte.

An Qualität und Absatzchancen mangelte es also nicht . Dies war auch kein unabwendbares Schicksal, dem die mitteldeutsche Textilindustrie mit ihren 330000 Arbeitsplätzen bis auf geringe Reste zum Opfer fallen mußte. Das behaupten Politiker immer gerne, um ihre Dummheit zu bemänteln. In Wirklichkeit durfte das Volk hier die geballte Unfähigkeit zweier politischer Systeme ausbaden. Zunächst fiel das Honecker-Regime auf einen alten Trick der kapitalistischen Staaten herein, den diese schon im Kolonialzeitalter gerne angewandt hatten. Man gewähre armen Ländern großzügige Kredite und verlängere freundlich lächelnd die Rückzahlungsfristen immer wieder, bis das Opfer glaubt, so ginge es immer weiter. Schnell ist an Rückzahlung gar nicht mehr zu denken. Allein die Zinsen sind geeignet, den Schuldner zu erdrosseln. Und dann‚wenn es so weit ist‚ mache man den Sack zu.

So ist es der DDR ergangen. Durch verantwortungslose Führer geriet sie in die Zinsknechtschaft des BRD Systems. Nur um an Devisen für den Schuldendienst zu gelangen, mußte sie die in Anklam gefertigten Kleidungsstücke zu Tiefstpreisen verschleudern. Ein Bombengeschäft für die bundesrepublikanischen Profitgeier . Aber das Textilkombinat konnte zu diesen Preisen nur so lange liefern, wie der sozialistische Staat es mit Subventionen unterstützte. Als die Wende kam, fielen diese Hilfszahlungen weg .

Und was noch viel schlimmer war, mit der Kohl-Regierung trat eine Clique auf den Plan, die Erich Honeckers Politbüro an Dämlichkeit noch weit übertraf. So schwer wäre es nicht gewesen, zumindest wesentliche Teile der DDR-Textilindustrie zu retten. Was für Riesensummen hat man allein in die Arbeitslosenversorgung der Entlassenen gesteckt, in bescheuerte Umschulungen, ABM-Maßnahmen und peinliche Bewerbungskurse. Diese Beträge in die Betriebe investiert , dazu für eine begrenzte Zeit unterstützende Subventionen und gleichzeitig unseren Markt geschützt vor ausländischen Billigstimporten, und wir hätten nicht einen ganzen Industriezweig verloren.

Heute gibt es in den Geschäften fast nur noch Sklavenware aus China, hergestellt für Hungerlöhne, in fast völliger Rechtlosigkeit und unter lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen. Genauso gut könnten wir Baumwolle aus den US-Südstaaten importieren, wenn es dort noch Negersklaven gäbe. Hinzu kommen Gesundheitsrisiken‚ weil viele Textilien aus Fernost mit. giftigen Substanzen imprägniert sind. Verheerend ist auch der Verlust von wertvollen Kenntnissen. Bald wird in Deutschland niemand mehr wissen, wie man industriell Kleidung oder Schuhe herstellt.

Wir haben in Anklam kein Kleiderwerk mehr, weil sich schon Honecker dem Kapitalismus auslieferte und weil Kohl und seine Erben kritiklos Globalisierung und totale Marktwirtschaft anbeten. Wir werden erst wieder eines haben , wenn wir zu einer Wirtschaftspolitik der sozialen Verantwortung und des nationalen Interesses zurückkehren .



Quelle: SNBP

Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Donnerstag, 22. Juni 2006