Fachtagung ökologischer Landbau in Rostock-Diedrichshagen

Darf man von einer Fachtagung zum ökologischen Landbau in Mecklenburg-Vorpommern eine Interessenvertretung der Bauern, Vertreiber und Konsumenten erwarten? Mitnichten – die Tagung wurde vom "Ministerium Backhaus" verantwortet – wer es lang liebt: Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt, und Verbraucherschutz, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Mecklenburg verantwortet.

Kann man von einem Ministerium erwarten, daß es die überlebenswichtigen Fragen eines Wirtschaftszweiges, ja einer Lebensphilosophie in den Mittelpunkt stellt? Wohl kaum – denn Minister dienen! Wer aber kann schon zwei Herren dienen?

Doch der Reihe nach…

Zum 15. Dezember hatten Dr. Till Backhaus, der Minister Landwirtschaft etc. und Prof. Dr. Gienapp, Direktor der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in unserem Lande zu einer Fachtagung eingeladen. Thema: Ökologischer Landbau.

Nach den protokollarischen Floskeln, die solches Spektakel immer mit sich bringt, trat der Minister höchst persönlich ans Pult. „Die Landwirtschaft – Zukunftsressort im Mecklenburg-Vorpommern“ sollte eine Stunde im Mittelpunkt seiner Rede stehen. Gleich zu Beginn zog der Minister "zu Felde"; allerdings nicht gegen RECHTS, wie man es vielleicht erwarten könnte, wenn Kameraden der NPD, unter anderen MdL Borrmann, im Saale weilen. Diesmal nahm er einen anderen Gegner "aufs Korn": Die Ostseezeitung hatte am Vortag gemeldet, es lägen 2,5 Milliarden Euro Fördermittel aus Brüssel "auf Halde", weil das Ministerium Backhaus Winterschlaf halte und die Fördermittelanträge nicht bearbeitet habe ... und das ausgerechnet wo der Minister am Vortage mit Brüssel "im Benehmen" war, wie ein Bauer "mang de Tüffel". Der sichtlich getroffene Backhaus wehrte sich heftig gegen die Attacke der Journalie: Alle Fördermittelanträge – so Backhaus – seien durch Ministerium entgegengenommen, bearbeitet und bewilligt worden. Man bedenke: trotz Wahlen im Land, Neustrukturierung – und den Kampf gegen Rechts.

Dann kam der Minister auf seinen eigentlichen Vortrag zu sprechen und setzte drei Schwerpunkte: 1. Die Agrar- und umweltpolitischen Ziele der Landesregierung, 2. die Förderpolitik des Landes, 3. Entwicklung des ländlichen Raumes in Mecklenburg und Pommern.

1. Wie sehen nun die Agrar- und umweltpolitische Ziele der Landesregierung aus? Sein Ministerium sei, so Backhaus, ein Querschnittsministerium – das heißt, es hat in vielen Bereichen zu agieren und sich damit mit vielen Interessen auseinandersetzen. Der Minister wird also oft zwischen den Stühlen Platz nehmen oder mehreren Herren dienen müssen. Kein gutes Ohmen. Immerhin sind die 7 geplanten Fachabteilungen jetzt eingerichtet und ab Januar 2007 voll arbeitsfähig. –
Am Tage zuvor hatte Backhaus in Brüssel vorgesprochen. Man habe Einigkeit erzielt, wie die Fonds ausgerichtet werden sollten. Eine besondere Schwerpunktsetzung solle in den ländlichen Regionen erfolgen – und hier sei der ökologische Landbau wichtig. Die Umweltallianz, unter Einschluß der Industrie, wird ausgebaut werden. Es gäbe große Anfragen von Investoren. Hier bestünde die Gefahr, daß etwas aus dem Rahmen laufe. Die "Politik" brauche mehr Hinweise von Wissenschaft und Forschung. Der Minister dachte laut an die Energieerzeugung aus Bio-Masse. "Das bringt mehr Arbeitsplätze nach Mecklenburg-Vorpommern", sagte er mit erhobener Stimme, wie ein Verdurstender, der nach Wasser lechzt. "Im ökologischen Landbau gibt es mehr Arbeitsplätze als anderswo." "Die Wertschöpfung auf diesem Gebiet ist deutlich zu erhöhen!" dekretierte Backhaus. Damit aber dieses Dekret nicht vom Regen der Zeit weggespülte Worte bleiben, müssen die dunklen Wolken vertrieben werden, die es bedrohen: Die bisher hohen Standards im Öko-Landbau müßten erhalten bleiben, deutsche Maßstäbe müßten für ganz Europa gelten, standardisierte Genehmigungsverfahren seien umzusetzen. "MV tut gut, wird fortgesetzt – aber wir können nicht mehr jede Maßnahme fördern, werden uns konzentrieren." Klipp und klar: die Förderung wird nur dort erfolgen, wo die Eigentumsverhältnisse klar sind. Die Flächenvergabe durch den Bund – in Gestalt der BVVG – die beschränkte Einflußnahme des Landwirtschaftsministeriums und die Frage, ob man statt des Bodenkaufes lieber Investitionen begünstigen solle, führten zunehmend von der politischen Thematik in die ministerial-bürokratische. Wasserrahmen-Richtlinie, Fluoridbeigabe, Ökonkontierung, Ausgleichsmaßnahmen, Vogelschutz-Richtlinie, IBA-Gebiete, 52% der Landesfläche in Meldungen von Landesflächen nach Brüssel, Entwicklung von Korridoren, Vogelschutzgebiete, flächendeckende Landbewirtschaftung, 2008 – Halbzeitbewertung, Flächenstillegungen aufgeben ... Bei solch einer Flut von Punkten sind selbst eingefleischte Bauern nur mit Mühe vom Gedanken an einen Schweins-Galopp abzuhalten. Und das obwohl 95% der Milchkühe in Mecklenburg und Vorpommern anbindefrei-glücklich sein dürfen. Die Bauern hingegen erhalten 318 Euro Förderung im Jahr, wenn sie sich anbinden lassen und auf den stillgelegten Flächen nichts tun ...

Den zweiten Schwerpunkt bildet die ELA-Förderung. Im Rahmen des ländlichen Entwicklungsprogrammes stehen Mecklenburg und Vorpommern in den Jahren 2007 bis 2013 1,56 Mrd. Euro zur Verfügung – danach ist Feierabend!
Die Fördermittel sind in mehrere Achsen geteilt: Achse 1 dient der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit mit 385 Millionen. Euro. Neu ist hier, daß auch kleine Dienstleister in den Genuß kommen können. Molkereien und Schlachthöfe bleiben aber vor der Tür – sie erhalten keine Finanzmittel. Achse 2 dient dem Umwelt-Land-Managment. Die "Manager" dürfen 305 Million. Euro "verbuttern" – das sind 25% der EU-Mittel. Achse 3 stellt 571 Mio. Euro zur Verfügung. Dieser "Speck" dient der Diversifikation – mehr Vielfalt auf dem Lande – und der Verbesserung der Lebensqualität. Und wie das bei den ministeriellen so ist – sie geraten in höchste Verzückung, wenn sie den Blutkreislauf beschreiben, den das Geld in ihrer Bürokratie nimmt. Was für ein Glück, die Errungenschaft verkünden zu dürfen, das Mittel aus der ELA in den 7. Forschungs- und Entwicklungsplan einfließen werden. Bei der AFP sind jetzt Betriebe mit mindestens 4 ha hineingenommen worden. Die Augen des Ministers verwandelten sich in leuchtende Glühwürmchen: "Es gibt keine Obergrenzen mehr! Auch Schweine und Geflügelzucht wird jetzt gefördert. Die Prosperitätsgrenze fällt – es gibt ab dem 1. Januar 2007 keine Einkommens- und Gewinnschwelle mehr!" Doch dann gingen die Leucht-Augen aus. "Bis jetzt liegt kein Antrag für 2007 vor!" beklagte der Minister wie ein Kind, das allein vor seiner Modellbahnanlage sitzt und sich wundert, warum keine Menschen in den Zug steigen – so wie im richtigen Leben. Am Fahrplan liegt es jedenfalls nicht ... Nun sollen die Verbände die Werbetrommel rühren! Vielleicht kommt der Förder-Zug doch noch in Fahrt – im Ministerium stehen offenbar alle Fahrdrähte schon unter Strom: Die Tierproduktion kann gefördert werden, der Maschinenersatz, sogar Software dürfe gekauft werden – natürlich keine Spiele! – und bei ökologischer Tierhaltung gelte ein höherer Fördersatz – 5% als "Schlagobers" drauf. Die Förderung kann bis zu 25% bei Unternehmen unter 750 Beschäftigte betragen, Unternehmens-Zusammenschlüsse erhalten sogar 35%. Eingeschlossen sind auch Dienstleister. Die Antragsformulare sollen auf CD-ROM verteilt werden – so etwas nennt man Förderung "scheibchenweise". Wenn Bauern und Unternehmen nicht mitspielen, die Mittel nicht "abgerufen" werden, fließen sie ab ... In diesem Jahr waren es immerhin 30 Mio. Euro! Wenn also alle möglichen Begünstigen brav ihre Anträge ausfüllen und nach Schwerin senden dann heißt es: "Tut gut für MV!"

Auch die Umwelt stehe bei der Förderung im Vordergrund. Das Wassergesetz soll aufgemacht werden. Aus diesem Born ministeriellen Handelns wird wieder reichlich Arbeit fließen: eine neue Abstandregelung muß her. Benachteiligte Gebiete sollen bis 2008 weiter gefördert werden – danach sind neue Programme aufzulegen: für Artgerechte Tierhaltung, für ökologische Grünlandhaltung, insbesondere Obst- und Gemüseanbau, für den Moorschutz; für nichtproduktive Investitionen in Gebieten mit Vogelschutz.

Wieder mußte der Minister eine Widersacher korrigieren: "Prof. Tack hat sich gestern negativ zu diesen Programmen geäußert – er hätte lieber den zuständigen Herrn Kachel anrufen sollen!" Der Gescholtene, Mitglied des Landtages und immerhin stellvertretender Vorsitzender des Agrar-Ausschusses des Landtages, konnte sich nicht wehren – er war schlicht nicht anwesend, obwohl er gleich in der Nähe wohnt. Überhaupt scheinen die Mitglieder dieses Ausschusses kein Interesse am Ökologischen Landbau zu haben, denn es war von den Abgeordneten niemand anwesend – bis auf den der NPD!

Bis 2013 stünden 107 Mio. Euro, 40 Mio. Euro mehr als im letzten Förderzeitraum, für den ökologischen Landbau zur Verfügung – und dies ohne eingehende Prüfung. Es sei eine Abschaffung der 3%en Verpflichtung zur Anlage von Flächen von Grünland vorgenommen worden; bei Öko-Landwirten werde ohnehin eine andere Einstellung zur Natur vorausgesetzt. Ein Einstieg in den ökologischen Landbau wird bis zu einer, auf das Bundesland bezogenen Gesamtanbaufläche 20000 ha gefördert. Sollten es mehr Flächen werden, so ist eine Mittelumschichtung möglich. Nach 2013 ist allerdings kein Geld mehr vorhanden. Ferner gilt ein einheitlicher Fördersatz für Umsteller und Beibehalter (10000 ha für komplette Einsteiger, 10000 ha für das Wachsen der Betriebe = Beibehalter). Die Quote beträgt 65 Euro/ha auf Grünland, 135 Euro/ha auf Ackerland, Feldgemüse 380 Euro/ha auf Feldgemüseflächen und 588 Euro/ha auf Dauerkulturenflächen zum Beispiel Obstanbau. Allerdings wurde die Basisförderung von 225 auf 175 Euro/ha gesenkt.

Zur ländlichen Entwicklung – der dritte und letzte Schwerpunkt der Ministerrede – gab es ein Bekenntnis zur Baukultur. Hoffentlich nicht nur ein Lippenbekenntnis?! Die Sanierung von landeseigenen Schlössern und Parks werde fortgesetzt. Allein schon das Residenz-Schloß in Schwerin verschlingt riesige Summen ... Landwirtschaftliche Bausubstanz sei umzunutzen, gefördert werde der Abriß alter Bausubstanz; auch dies ein Faß ohne Boden! Möglich sei auch landwirtschaftliche Bausubstanz umzunutzen. Für die noch zu schaffenden Abwasser und Kläranlagen würden Mittel bereitgestellt – ca. 50.000 – 60.000 Euro pro Anlage.

Im Lande gäbe es 791 Öko-Betriebe die gemäß VO (EWG) Nr. 2092/91 produzierten, davon 667 landwirtschaftliche Erzeuger und 124 Verarbeitungsunternehmen. 85 Ökobetriebe – 13% aller Unternehmen – sind Direktvermarkter mit Hofladen, Lieferservice, Versand und Marktständen. In den nächsten Jahren sollen mehr Produkte im Hotel- und Gaststättengewerbe verarbeitet werden. Dazu werde es ab dem nächsten Jahr eine spezielle Förderung geben. Ab März 2007 sei dann das Ökosiegel Bio nach EG-Öko-Verordnung auszuweisen. Herr Dr. Kachel – der es sehr schwer habe, sich im Hause durchzusetzen – könne dazu nähere Auskünfte geben ...

Das Verhältnis des Ökolandbaus zur Gentechnik in Mecklenburg-Vorpommern, aktuell im Landtag in Verhandlung, schnitt der Minister mit keiner Silbe an. Auch ein Standpunkt! Für uns von der NPD ist das weder Recht noch radikal! Schweigen entscheidet keine Zukunft!
Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Donnerstag, 21. Dezember 2006