Gebühren-Abzocke durch Abwasser-Beiträge auf Eis gelegt?

Die Spatzen pfiffen es bereits von den Dächern, nun sieht es auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) so: Das oberste deutsche Gericht erklärte rückwirkendes Abkassieren von Abwasserbeiträgen für unzulässig.

Dabei geht das Urteil auf die Klage eines Mannes aus Bayern zurück, der rückwirkend Beiträge für ein Grundstück leisten sollte, welches er bis 1996 nutzte. Die Verfassungsrichter kritisierten die Länge der Zeit zwischen dem Anschluß an das Abwassernetz und dem Bezahlen dafür und erklärten dies für rechtswidrig.

Mit der Entscheidung zugunsten des Mannes aus Bayern dürfen nunmehr auch zahlreiche Eigenheimbesitzer aus Mecklenburg und Vorpommern wieder hoffen. Nach Medienberichten hält es der Verband der Grundstücksnutzer (VDNG) für möglich, daß diese einen Anspruch auf Erstattung ihrer Kosten haben, weil sie jahrelang zu Unrecht Beiträge für Abwasser, Trinkwasser und Straßenausbau bezahlten.

Kritische Stimmen kommen allerdings aus dem Innenministerium. So erwartet der Sprecher des Ministeriums Michael Teich keine Konsequenzen für den Nordosten. Laut Landesrecht in Mecklenburg und Vorpommern bestehe für kommunale Abgaben eine vierjährige Verjährungsfrist. Genau dies scheint aber nicht der Fall. Denn nach dem VDNG findet eine solche Verjährungsfrist praktisch nicht statt. Der Verband fordert die Zweckverbände dazu auf, keine Altanschließer-Bescheide mehr zu verschicken.

Eine Prüfung, ob zu spät eingeforderte Beiträge zurückerstattet werden müssen, will der Verband jetzt vornehmen. Allein in den neuen Bundesländern geht es um mehrere Milliarden Euro. Grundstückseigentümer wurden ab 2005 rückwirkend in die Pflicht genommen für den Ausbau der Versorgungs-Infrastruktur nach der Wende.

Lang gelebte Praxis

Genau dies ist aber in etlichen Kommunen gang und gebe. Lassan, die Kleinstadt am Peenestrom, machte vor einigen Jahren auf sich aufmerksam. Der Zweckverband „Wasser/Abwasser Festland-Wolgast“ forderte von den Grundstückseigentümern neben den Niederschlagswasser-Beiträgen Gebühren für den Bau von Hausanschlüssen zur Niederschlagswasser-Beseitigung ein. Die Rechnungen des Wasserbeschaffungsverbandes lagen in vielen Fällen über 1.000 Euro. Hierbei beziehen sich die Kosten in Höhe von 8,92 Millionen Euro auf Bauarbeiten, die in Lassan zum Teil bereits 1995 begannen.

Seinerzeit beschäftigte sich auch schon die Kommunalaufsicht des Landkreises mit dem Thema. Die Kalkulationen der Gebühren und Beiträge auf eventuelle Fehler sollten überprüft werden. Die umstrittenen Gebührenerhebungen sorgen nunmehr für reichlich wackelige Beine bei den Wasserverbänden. Sollte eine Bewertung des Urteils zugunsten der Hauseigentümer erfolgen, winkt reichlich Geld. Abzuwarten bleibt dann allerdings, mit welchem nächsten Paukenschlag die Wasserverbände dann um die Ecke kommen.

Gebühren-Abzocke in Lassan und Wolgast (02.11.2010)
Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Mittwoch, 10. April 2013