„Bewährte“ Kungeleien in Greifswald

Wer glaubte, daß sich der politische Filz in der Hansestadt Greiswald durch die Verurteilung von Wilhelm Schelsky zumindest teilweise aufgelöst hat, sah sich spätestens am vergangenen Freitag getäuscht. Dort lud nämlich der CDU-Landtagsabgeordnete und Greifswalder Bürgerschaftsmitglied Egbert Liskow zu einem Grillfest zu Ehren des 20-jährigen Bestehens der Stadtvertretung ein. Pikant bei der Sache: Die über 100 geladenen Gäste, ehemalige oder amtierende Bürgerschaftsmitglieder, sollten in der Gaststätte „Golden Goal“ auf Steuerzahlers Kosten trinken und speisen.
 
Das „Golden Goal“ am Greifswalder Stadion betreibt die Lebensgefährtin von Wilhelm Schelsky, der sich nach dem Siemens-Skandal auf sein wirtschaftliches Geschäftsleben konzentrieren wollte. Wie die Ostsee-Zeitung berichtete, sollen nicht Wenige der Einladung gefolgt sein – unter anderem auch Ulrich Adam.
 
Der „Retter“ von Greifswald
 
Wir erinnern uns: Der genannte selbständige Unternehmensberater Schelsky wurde wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Untreue in seiner Lubminer Promenadenvilla im Februar 2007 verhaftet. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, daß die von der Siemens-Konzernspitze an Schelsky überstellten Millionen Euro als Finanzierung für die arbeitgeberfreundliche (Schein)-Gewerkschaft „Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger“ (AUB) und zudem für den Einkauf von politischem Wohlwollen galten. Seinen Auftritt in Greifswald vollführte Schelsky in der Manier des gönnerhaften Retters. Als ehemaliger Chef der AUB, deren Führung er von 1984 bis 2007 innehatte, besaß er unter anderem die Greifswalder Firma „Schema Unternehmens-Infrastruktur–Planung Nord GmbH“. Er gründete eine Baufirma, kaufte sich bei Greiswald TV ein und besaß im Volksstadion die Gaststätte „Golden Goal“ sowie Teile des ebenfalls in der Hanse- und Universitätsstadt ansässigen Unternehmens ML&S GmbH in Greifswald.
 
Nicht nur der Greifswalder CDU-Politiker Ulrich Adam konnte damals von Schelsky berichten, daß er „wie ein Rettungsanker wirkte“. Im gleichen Tenor lobte der FDP-Politiker und Mitglied des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, Sebastian Ratjen, die Vorstöße von Schelsky. Dabei hat „Seine Fröhlichkeit Ratjen“ eine ganz eigene Auffassung von undurchsichtigen Finanztransaktionen. O-Ton: „Wo das Geld her kommt, ist erstmal zweitrangig“; der Mann habe viel für die Stadt getan.
 
Adam – Schelsky: Wer deckte wen?
 
Als damaliges Mitglied des CDU-Kreisverbandes in Greifswald war Adam in der christdemokratischen Bundestagswahlliste stets an oberster Stelle platziert. Mit der Inhaftierung Schelskys und der Beschlagnahme von eventuellen Beweismitteln geriet Adam in den Strudel der Affäre. Je länger Schelsky in U-Haft saß, desto mehr verdichtete sich der Verdacht, daß Adam finanziell von Schelsky unterstützt wurde. Erste Vorwürfe, von Schelsky Geldspenden für Wahlkampfzwecke angenommen zu haben, die er nicht entsprechend in jährlichen Rechenschaftsberichten als solche klassifiziert hatte, quittierte dieser mit eiserner Verschwiegenheit. Bald darauf definierte der sich windende Politiker die Zuwendungen von Schelsky als „Sachleistungen in Form persönlicher Werbemittel“. Gemeint sind Flugblätter und Kugelschreiber mit dem Konterfei von Adam, die in den zurückliegenden Bundestagswahlkämpfen ab 1998 ihren Einsatz gefunden haben.
 
Der Wert der von Adam eingeräumten „Sachspenden“ korrigierte sich stets nach oben, um sich nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft auf 131.000 Euro zu belaufen. Mühselig und dann eher abwartend lauernd räumte Adam die Kosten ein, die zuerst nicht zu beziffern waren, um dann doch die Höhe scheibchenweise zuzugeben. Nachdem die Bundestagsverwaltung auf die Forderung der Herausgabe von Unterlagen zur zweckdienlichen Überprüfung verwiesen hatte, ließ sich Adam für die Zusendung ganze vier Tage Zeit. Von Sanktionen gegen Adam wurde abgesehen. In einer dazugehörigen Erklärung des Bundespräsidiums wird auf das sogenannte „Rückwirkungsverbot“ verwiesen, weil die Vorkommnisse sich in vergangenen Legislaturperioden ereignet hätten und daher von eventuellen Sanktionen gegen Ulrich Adam abgesehen wird - ein Kommentar dazu erübrigt sich!
 
….wie die Dominosteine
 
Schnell fielen die Verdachtsmomente auch auf andere Lokalpolitiker aus Greifswald. Eben auch auf dem gönnerhaften Gastgeber Egbert Liskow. Dieser mußte einräumen: „Ja, Schelsky hat unsere Partei finanziell unterstützt.“ – mit an die 39.000 Euro. Praktischerweise wurde 2002 die AUB-Geschäftsstelle im selben Gebäude auf dem Marktplatz, gegenüber dem Rathaus, eingerichtet, wo auch der frühere FDP-Kreisvorsitzende Rechtsanwalt Torsten Hoebel seine Kanzlei unterhielt und sich die CDU-Geschäftsstelle befindet.
 
Die CDU-Kreisverbände Demmin und Uecker-Randow sollen 12.000 Euro als Wahlkampfgeschenk erhalten haben – ebenso der FDP-Kreisverband von Greifswald. Beate Schlupp, CDU-Landtagsabgeordnete in Schwerin, ließ sofort panisch in der Presse verlauten, daß sie von Schelsky 4.000 Euro persönlich entgegennahm, diese aber  - in kleine Häppchen aufgeteilt – medienwirksam an Vereine weitergereicht habe. Ob sie für ihre Wiederwahl als Landtagsabgeordnete im Wahlkampf 2006 persönliche Zuwendungen erhielt, fällt vorerst unter die Rubrik „Spekulation“.
 
Kaum überraschen kann es, daß ebenfalls Wilhelm Schelsky den Greifswalder Oberbürgermeister Arthur König für  seine knappe Wahl zum Oberbürgermeister 2001 finanziell protegiert haben soll. In internen  Bürgerschaftskreisen war König lange Grund von Mutmaßungen gewesen, wie er die Mittel für seinen massiv geführten Wahlkampf in Form von einer Sturmflut aus Plakaten, Flugblättern, Aufklebern und Broschüren aufgebracht hätte. Die Sachspenden, die König nun nachweislich von Schelsky erhielt, belaufen sich bei 40.000 Flugblättern und 1.500 Plakaten auf einen Wert von 9.280 Euro.
 
Es scheint, als wäre das Kapitel „Schelsky“ in Greifswald noch nicht abgeschlossen. Doch wer angesichts derartiger Bürgerschaftsfeiern die Sause auch noch mit Geldern der öffentlichen Hand finanzieren läßt, muß sich fragen lassen, ob die Günstlingswirtschaft in Greifswald weiterhin die buntesten Blüten treibt
Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Donnerstag, 03. Juni 2010