Alte Seilschaften bestehen fort

Wendehälse, Opportunisten, Janusköpfe - viele DDR-Funktionäre, die den untergegangenen „Arbeiter- und Bauernstaat“ als das beste Land der Erde betrachteten, legten seit 1990 eine erstaunliche Berufskarriere unter dem ehemaligen Klassenfeind hin. Nicht wenige, die einst die verstaatlichten Betriebe führten, bedienten sich in mancher Branche als windige Geschäftsleute – so auch in der Landwirtschaft. Da half es auch, unliebsame Konkurrenz in turbokapitalistischer Manier von dem anvisierten Posten zu verdrängen und Existenzgründer im Vorfeld mit unlauteren Methoden die Geschäftsgrundlagen zu entziehen.

In den ersten Jahren des teilwiedervereinigten Deutschlands entbrannte insbesondere in Mecklenburg und Pommern ein Wettlauf um die Erbmasse der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). Ostvorpommern spielte hierbei ein Paradebeispiel, wie ehemalige LPG-Leiter zu wahren Agrarfürsten empor stiegen (wir berichteten hier: „Rote Junker am Peenestrom“).

Peeneland Agrar als Platzhirsch in Ostvorpommern

Mit der Peeneland Agrar GmbH gründete ein ehemaliger DDR-Agrar-Funktionär sein eigenes Imperium vor den Toren der Insel Usedom. Ein ehemaliger Hohendorfer LPG-Vorsitzende, der seit Beginn der Betriebsumwandlung als Geschäftsführer des Nachfolgeunternehmens Peeneland Agrar GmbH fungiert, konnte in den Folgejahren eine 6.000 Hektar große Fläche an dem Peenestrom zusammentragen. Vor 1990 war dieser Herr LPG-Abteilungsleiter Grünland - zudem war er im Vorstand der SED-Einrichtungen der KAP (Kooperativen Abteilung Pflanzenproduktion) und der VdgB (Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe).

Grund genug Nachzuhaken: So wollte u.a. der NPD-Abgeordnete Tino Müller von der SPD-CDU-Landesregierung näheres über diesen Betrieb wissen (siehe Kleine Anfrage hier). Diese gab sich – kaum überraschend – recht einsilbig. Fragen zur staatlichen Förderung wurden erst gar nicht beantwortet.

So ließ das Landwirtschaftsministerium verlautbaren: „Das Unternehmen hat der Veröffentlichung von Daten über den Erhalt von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft ausdrücklich widersprochen. Aufgrund der Rechtsprechung des OVG Greifswald (Beschluss vom 4. Mai 2009. Az.: 2 M 77/09) sieht sich das Land bis zur endgültigen Entscheidung über die Vereinbarkeit der Veröffentlichung mit dem Datenschutz durch den Europäischen Gerichtshof außerstande, entsprechende Betriebsdaten bekannt zu geben.“

Eine Hand wäscht die andere…

Auf die Frage, welchen Standpunkt die Landesregierung zur These einnimmt, daß in Ostvorpommern 90 Prozent des Ackerlandes von ehemaligen SED-Agrarfunktionäre kontrolliert wird, wurde erst gar nicht eingegangen. So hieß es:

„Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz hat die rechtlichen Voraussetzungen für den Übergang der DDR-Landwirtschaft hin zu landwirtschaftlichen Betrieben geregelt, die den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Bundesrepublik Deutschland entsprechen.“

Dieses „Rechtmäßigkeit“ wurde jedoch von jenen diktiert, die bereits zu DDR-Zeiten in landwirtschaftlichen Fragen das Sagen hatten. Erinnert sei hierbei an die Biographien einiger heutiger Kabinettsmitglieder. So hatte der Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) einst die technische Leitung der LPG Lichtenberg inne, ehe er von 1989 bis 1990 deren Vorsitzender wurde. Auch der Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) war in der LPG Neuhaus und danach als Abteilungsleiter in der LPG Lübtheen tätig gewesen.

Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Montag, 19. April 2010