"Schatten des Reiches" über der Rostocker Bürgerschaft

Mit der Verarbeitung des ach so schrecklichen NPD-Aufmarsches vom 1. Mai mit seinen medial gezeichneten Schreckens-Szenarien ("die wollen eine Diktatur!") haben sie weiß Gott schon genug zu tun. Jetzt holen die Abgeordneten der Rostocker Bürgerschaft auch noch die Schatten der Vergangenheit ein. Gemeint sind ausnahmsweise einmal nicht jene "12 Jahre", sondern rechtlich untermauerte Dinge aus der Zeit vor 1933, gemeinhin mit "Weimarer Republik" überschrieben. Was war geschehen?

Unter Punkt 9. der Tagesordnung für die Sitzung vom 10. Mai 2006 heißt es: "Nr. 0475/06-A Ortsbeirat Markgrafenheide, Hohe Düne, Hinrichshagen, Wiethagen, Torfbrücke mit Stellungnahme 0121/06-SN Zuschuß zur Fähre Warnemünde – Hohe Düne". Eigentlich nichts Ungewöhnliches, wenn gerade in der heutigen Zeit "Hinz und Kunz" Zuschüsse beantragen. Der (geschichtlich gefaßte) Vortrag zum Thema ließ mehrere der Bürgerschaftsmitglieder dann jedoch mehrfach zusammenzucken. Die Rede war von 1921, 1930 und 1931 geschlossenen Verträgen zwischen dem "Reich" und der "Seestadt Rostock".

Am 18. April hatte der obenerwähnte Ortsbeirat an die Bürgerschaft den Antrag auf Bezuschussung gestellt. Der Ausschuß für Stadt- und Regionalentwicklung, Umwelt und Ordnung behandelte das Thema auf seiner Sitzung vom 25. April und formulierte nachstehenden Beschlußvorschlag: "Der OB wird beauftragt, die Maßnahme aus dem Haushaltsicherungskonzept Nr. 2006/8/01.3 solange auszusetzen, bis alle dafür relevanten Rechtsfragen durch die Stadtverwaltung geklärt sind." In der Begründung heißt es: "Es gibt zahlreiche offene Rechtsfragen aus dem Vertrag, betr. des Überganges der Unter-Warnow-Wasserstraße von der Seestadt Rostock vom 17. 3. 1930."

In der jüngsten Bürgerschaftssitzung wurde nunmehr bekannt, daß an die Juristische Fakultät der Rostocker Uni eine entsprechende Anfrage gerichtet wurde. Die habe ergeben, daß die vor nunmehr fast acht Jahrzehnten geschlossenen Fährverträge zwischen dem "Reich" und der "Seestadt Rostock" noch immer gültig seien.

Einem Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Sybille Bachmann (Rostocker Bund/AfR), "die Maßnahme noch einmal rechtlich zu prüfen", wie sie kundtat, wurde am 10. Mai 2006 zugestimmt.

Sie können einem schon leid tun, unsere Stadtverordneten. Das Thema "Reich" meinten sie endgültig in die Gerichtssäle verbannt zu haben, wenn "Rechtsextremisten" sich aufgrund von bloßen Meinungsdelikten verantworten müssen. Wie 2002, als der in Hessen wohnende Manfred Roeder dem Rostocker Landgericht unter fragwürdigen Umständen zugeführt wurde. Im Rahmen seiner Verteidigungsreden, die allerdings andere Vorwürfe betrafen, erklärte Roeder, das "Deutsche Reich zu neuem Leben erwecken" zu wollen. Er erwarte "von diesem Gericht, daß es die Sache grundsätzlich klärt und an das Bundesverfassungsgericht weiterleitet." Das BVG hatte u. a. 1973 festgestellt, daß das Deutsche Reich durchaus fortbestehe, wobei es als Gesamtstaat mangels institutioneller Einrichtungen als nicht handlungsfähig angesehen wurde.

Doch wollen wir die Rostocker Bürgerschaftsabgeordneten nicht überfordern. Lassen wir sie mit dem Kleinen, Faßbaren beginnen. Das "Reich" und "Rostock" am Beispiel von Fährverträgen.

Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Freitag, 12. Mai 2006