Unser Wolgaster Kreiskrankenhaus in SED-Manier verkauft! Nur die NPD stimmte dagegen

Die Art und Weise, in der die etablierten Parteien im Kreistag Ost­vorpommerns den Verkauf des Kreiskrankenhauses durchgepeitscht haben, erinnerte nicht nur an die Demokratieverachtung des SED-Regimes. Das war Politbüro-Standart!

In Bezug auf Geheimniskrämerei hat man sogar mit der Stasi gleich­gezogen. Von Anfang an sollte das Volk so wenig wie möglich über das dubiose Vorhaben erfahren. Schlau und gerissen hat man die angestrebte Veräußerung zum Teil eines Haushaltssicherungskonzepts gemacht. Nach den Bestimmungen der Kommunalverfassung dürfen Bürgerbegehren nicht hinsichtlich solcher Maßnahmen durchgeführt werden, die in einem solchen Konzept aufgeführt sind, und so waren die Wolgaster das, was sie nach Meinung der Kreisverwaltung auch sein sollen: macht­los und entmündigt.

Dummerweise gab es aber noch das gewählte Kommunalparlament. Das BRD-System wäre aber nicht das BRD-System, wenn es hier nicht auch Mittel und Wege gefunden hätte, jegliche demokratische Kontrolle auszuschalten. Ein Antrag der NPD, daß ein Verkauf nur erfolgen dürfe, wenn die Belegschaft des Hospitals dem in freier und geheimer Wahl zugestimmt habe, wurde vom Parteienkartell natürlich abgelehnt. Dafür wurde eine "Lenkungsgruppe" eingesetzt, unter deren Regie die Verkaufsverhandlungen dann abliefen. Immer schön im Geheimen.

Während das Volk völlig unwissend gehalten wurde, erfuhren die Kreistagsmitglieder gelegentlich ein wenig vom aktuellen Stand der Gespräche, wobei für sie die strenge Ermahnung galt: Keinesfalls auch nur ein Wort an die Öffentlichkeit! Sicherheitshalber teilte die Kreisverwaltung den Mandatsträgern das endgültige Verhandlungsergebnis erst am Tag der Abstimmung mit, und das auch nur in sehr groben Zügen. Vor der entscheidenden Sitzung am 12.12.2005 hatte kein Ab­geordneter eine Ahnung, worüber er eigentlich abstimmen sollte. Erst zu Sitzungsbeginn wurde den Parlamentariern ein entsprechendes Schriftstück auf den Tisch geknallt, zu dessen Studium leider die Zeit fehlte. Kurz darauf erfolgte nämlich schon die Debatte. Welche Debatte?

Zu diesem wichtigen Thema, das die Menschen in Wolgast seit Monaten in Atem hält und für das weitere Schicksal der Stadt von höchster Bedeutung ist, sagten die Damen und Herren der SPD - inklusive des Bürgermeisters Kanehl - , der CDU, der PDS, der Grünen, der FDP und des Usedomer Rings - nichts. Dieselben Leute, die ansonsten nicht laut genug beteuern können, wie demokratisch sie seien, zogen es diesmal vor, das Kommunal­parlament und damit auch ihre eigenen Wähler massiv zu mißachten. Das Licht der Öffentlichkeit ist ihnen unangenehm, weshalb sie auch einen NPD-Antrag ablehnten, diesen Tagesordnungspunkt im öffentlichen Teil zu behandeln. Kungelrunden im Dunkeln sind ihre Welt.

Der Einzige, der sich überhaupt zu Wort meldete und auch im Sinne seines Parteikameraden Kannenberg sprach, war der NPD-Vertreter Andrejewski. Er bezeichnete es als vollkommenen Wahnsinn, die Kontrolle über das Gesundheitswesen im Kreis aufzugeben und die Arbeitnehmer des Krankenhauses einem ungewissen Schicksal zu überlassen, nur um ein paar Millionen zu kassieren, mit denen man das Kreisdefizit noch nicht einmal zur Hälfte ausgleichen kann. Darauf reagierten die Etablierten nicht. Ohne auch nur ein Argument angeführt zu haben, beschlossen sie bei 3 Enthaltungen und gegen die beiden NPD-Stimmen die Verschleuderung wertvollsten Volksvermögens.

Diese durch und durch merkwürdige Vorgehensweise dürfte von der Absicht getragen worden sein, die beiden nationalen Volksvertreter über die wahren Verkaufsbedingungen im Unklaren zu lassen. Es bestand nämlich der Verdacht, einer von ihnen habe die Öffen­tlichkeit über gewisse Verhandlungspositionen der Uni-Klinik informiert, die in Wolgast nicht gerade gut angekommen wären. Dem Volk zu sagen, was es angeht, gilt im BRD-System als schlimmes Verbrechen. Daher wurde die Kreistagssitzung um die NPD heruminszeniert. Keine Informationen bis kurz vor der Abstimmung, keine Aussprache, Schnellverfahren wie unter Honecker.

Weil der Kreis viel zu verbergen hat und geheim hält, was er kann, dürfen wir Bürger jetzt raten: Wieviel von dem Kaufpreis von 6,1 Millionen Euro darf die Uni-Klinik aus den Rücklagen des Krankenhauses entrichten? Werden Abteilungen ausgelagert, für deren Tätigkeit Wolgast dann an Greifswald zahlen müßte? Wird die lukrative Behandlung Schwerkranker an die Aufkäufer gehen?

Dies alles werden wir erst erfahren, wenn es dem Parteienstaat gefällt. Gutes ist nicht erwarten!

zurück | drucken Erstellt am Dienstag, 13. Dezember 2005