Mord verjährt nicht

Zum 20. Todestag von Rudolf Heß

Wie in jedem Jahr organisiert sich aus dem nationalen Widerstand heraus das Gedenken an Rudolf Heß. Kreative Aktionen werden staatlicher Unterdrückung und Verbot entgegengesetzt. In diesem Jahr, zum 20. Todestag des Friedensfliegers, fährt sogar ein LKW über die Straßen Deutschlands um auf sein unmenschliches Schicksal aufmerksam zu machen.



Spenden für Deckung der Kosten wie z. Bsp zahlreiche Tankfüllungen sind herzlich Willkommen. Diese können auf das Konto:

N. Larisch
Kontonummer: 273930800
BLZ: 86070024
Betreff: R.H. Tour 2007

entrichtet werden.

Aktuelle Informationen über die Strecke des LKWs können auf der Internetseite www.46jahre.de abgerufen werden. Die Seite ist leider noch nicht ganz fertiggestellt. Am heutigen morgen machte der Heß-Brummi vor dem Schweriner Landtag halt, entsprechendes Bildmaterial wird noch nachgereicht.

Hintergründe

Was hat man von seiten der Alliierten nicht alles getan, um das Andenken an Rudolf Heß auszulöschen: ein halbes Leben lang, fast 46 Jahre, hat man ihn daran gehindert, das zu sagen, was er wußte; hat man ihn daran gehindert, sich frei und unzensiert zu den Vorwürfen zu äußern, die ihn und sein ganzes Volk stigmatisieren sollten und sollen; hat man ihn 46 Jahre interniert und inhaftiert, davon 20 Jahre in folterähnlicher Isolationshaft; hat man wenige Tage nach seinem Tode das riesige, festungsartige Spandauer Gefängnis niedergerissen und mit Hunderten von Lastwagen bei Nacht klammheimlich die Trümmer fortgeschafft. Und dennoch wird in diesen Tagen, wenn sich die Ermordung von Rudolf Heß zum 20. Male jährt, seiner von vielen Patrioten nicht nur in Deutschland, sondern weltweit gedacht werden.

Von Staats wegen und natürlich insbesondere von linken und »antifaschistischen« Kräften wirft man den Trauernden und Gedenkenden vor, sie hätten sich in Rudolf Heß einen Märtyrer geschaffen, sie würden einen Verbrecher mystifizieren und seine Taten verherrlichen und verklären. Was ist da dran? Ist etwa die sachliche Darstellung von außerordentlichen persönlichen Leistungen und Verdiensten Verherrlichung? Ist etwa das Verlangen nach Aufklärung eines der niederträchtigsten und feigsten politischen Morde des 20. Jahrhunderts Heldenverklärung?

Es ist eben nicht leicht, auf der persönlichen und politischen Weste von Rudolf Heß schwarze Flecken zu entdecken. Als Sohn eines deutschen Kaufmanns 1894 in Alexandria geboren und aufgewachsen, kam Heß im Alter von 14 Jahren nach Deutschland, um dort das Gymnasium zu besuchen. Der Kriegsfreiwillige des Jahres 1914 brachte es bei Kriegsende bis zum Leutnant, vom einfachen Infanteristen bis zum Jagdflieger der bayerischen Jagdstaffel 34. Nach dem Kriege studierte er in München Volkswirtschaft, Geschichte und die Geopolitik, letztere bei dem Generalmajor und Professor Karl Haushofer, dem er zeitlebens auch persönlich eng verbunden blieb. Beeindruckt vom überwältigenden Redetalent Adolf Hitlers trat Heß Anfang 1920 mit der Mitgliedsnummer 16 der NSDAP bei, und der Rest kann als bekannt vorausgesetzt werden…

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Rudolf Heß nicht nur der »Stellvertreter des Führers« in der Partei, sondern auch Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Von 1933 bis 1941, in einer Zeit also, als Heß über außerordentliche Machtbefugnisse verfügte, ließ er sich so gut wie nichts zu Schulden kommen. Er hat sich weder finanziell korrumpieren lassen noch hat er seine Dienststellung dazu mißbraucht, anderen zu schaden. Im Gegenteil: er galt fast ironisch als das »Gewissen« oder die »Klagemauer der Partei«, da sich an ihn fast jeder ungeachtet der Person mit Beschwerden oder Bitten wenden konnte. Diese Wertschätzung wurde ihm auch in weiten Teilen des Auslands entgegengebracht, wo man ihn für einen »gemäßigten« Nationalsozialisten hielt, auf dessen Wort man vertrauen konnte und von dem man wußte, daß er sich unablässig um Verständigung zwischen internationalen Frontkämpferbünden und um die Bewahrung des Friedens kümmerte.

Die Friedensmission

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, der trotz umfangreicher Verhandlungsbemühungen von seiten des Deutschen Reiches nicht verhindert werden konnte, rückte Heß etwas ins zweite Glied, versuchte aber alles, um eine weitere Eskalation des Krieges zu verhindern. Bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Compiègne im Juni 1940 war er dabei; weitestgehend unbekannt ist aber, daß er schon im Juli 1940 nach Portugal flog, um mit den Herzog von Windsor, der 1936 wegen seiner Deutschfreundlichkeit und politischen Nähe zum NS-System als englischer König abdanken mußte, einen Sieben-Punkte-Plan zu verhandeln und gemeinsam Überlegungen anzustellen, welche wichtigen britischen Politiker einem Verhandlungsfrieden offen gegenüberstanden. Als Churchill von diesen Verhandlungen erfuhr, ließ er den Ex-Monarchen von britischen Geheimdienstlern entführen und setzte ihn auf den Bahamas fest. Heß, der als aktiver Tennisspieler, Skiläufer, Turner und Flieger trotz seiner 47 Jahre in körperlicher Bestform war, stellte sofort Überlegungen an, wer nun von britischer Seite als Gesprächspartner in Frage kam. Er glaubte in Absprache mit den Professoren Karl und Albrecht Haushofer, in Samuel Hoare, dem britischen Botschafter mit Sondervollmachten in Spanien, diesen Mann gefunden zu haben, nicht allein deswegen, da dieser sich bislang stets gemäßigt geäußert hatte, sondern auch weil Hoare fast an Stelle Churchills im Mai 1940 Premierminister geworden wäre. So flog er zwischen September 1940 und Januar 1941 nach Spanien und mehrmals in die Schweiz, um dort unter vier Augen Gespräche mit Hoare führen zu können. Dabei hinterließ er für den Fall, daß er nicht zurückkehren würde, in seinem Hause in München-Harlaching Abschiedsbriefe an die Familie. Einer davon, datiert auf den 4. November 1940, ist erhalten. Dort heißt es: »Meine Lieben, ich glaube fest daran, daß ich von dem Flug, den ich nächster Tage antrete, zurückkehre u. daß der Flug von Erfolg gekrönt sein wird. Wenn aber nicht, so war das Ziel, das ich mir stellte, des vollen Einsatzes wert. Ich weiß, daß Ihr mich kennt: Ihr wißt, ich konnte nicht anders handeln. Euer Rudolf.«

Es ist überaus wichtig, sich diese frühen Friedensflüge in Erinnerung zu rufen. Wichtig, weil die Kritiker von Heß stets behauptet haben, sein Englandflug vom 10.5.1941 sei nicht etwa unternommen worden, um einen europäischen Frieden herbeizuführen, sondern lediglich deswegen, um durch einen Separatfrieden mit Großbritannien den Rücken für den bevorstehenden Rußlandfeldzug freizubekommen. In Wirklichkeit hatte er sich schon sehr früh um »eine schnellstmögliche Beendigung des Krieges durch einen Verständigungsfrieden« bemüht. Er glaubte, »damit den beteiligten Völkern und darüber hinaus der ganzen Menschheit einen großen Dienst zu erweisen«. Das letzte Zitat stammt aus einem Handschreiben, daß Heß am 19. September 1971 dem amerikanischen Gefängnisdirektor in Spandau, Oberstleutnant Bird, heimlich übergab.

Auch im Verlauf des Nürnberger Prozesses hatte Heß seinem Verteidiger Dr. Seidl am 25. März 1946 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, in der es unter Punkt 2 heißt: »Die in dieser Sitzung (gemeint ist das Verhör, das der damalige Lordkanzler Simon am 9.6.1941 mit dem gefangenengesetzten Heß im Auftrag Churchills durchführte) genannten und schriftlich übergebenen 4 Punkte entsprechen dem, was mir der Führer als Grundlage für eine Verständigung mit England genannt hat.« Daraus geht nicht nur der erklärte Friedenswillen des freiwilligen Parlamentärs hervor, sondern auch ein deutlicher Hinweis darauf, daß Heß nicht aus freien Stücken, sondern im Auftrag und mit Wissen des Regierungschefs den Flug unternommen hatte.

Es verdient festgehalten zu werden, daß die kürzlich erfolgte Freigabe umfangreicher Aktenbestände der britischen National Archives es ermöglichte, die Gründe zu erfahren, warum England nicht bereit war, auf die überaus großzügigen und jederzeit kontrollierbaren deutschen Friedensangebote einzugehen. Churchill selbst hatte in einer Sitzung des britischen Kriegskabinetts im Februar 1941 erklärt, ein europäischer Krieg gegen Deutschland sei nicht mehr zu gewinnen. Deswegen müsse der Krieg weltweit ausgeweitet und bis zum Jahresende sowohl Rußland als auch die Vereinigten Staaten auf seiten Großbritanniens hineingezogen werden. Der langjährige Staatssekretär des britischen Außenministeriums, der regelrechte Deutschenhasser Sir Robert Vansittart, hatte in einem Schreiben vom 6. September 1940 an seinen Minister Lord Halifax festgestellt: »… entweder das Deutsche Reich oder unser Land wird untergehen, und nicht nur untergehen, sondern völlig vernichtet werden. Ich glaube, daß es das Deutsche Reich sein wird. Das ist etwas ganz anderes, als wenn man sagen würde, Deutschland muß untergehen; aber das Deutsche Reich und die Reichsidee sind seit 75 Jahren der Fluch, der auf der Welt lastet … Der Feind ist das Deutsche Reich und nicht etwa der Nazismus.«

Der britische Geheimdienst hatte schon sehr früh von den Bemühungen des »Stellvertreters des Führers« Kenntnis und nutzte diese erbarmungslos aus, um eine Falle zu stellen. Man täuschte Friedensbereitschaft in weiten Teilen der britischen Regierung vor, ließ aber jedes angestrebte Treffen platzen, um die »Verhandlungen« so in die Länge zu ziehen, bis das Deutsche Reich gezwungen war, der zum Angriff bereiten Sowjet-union entgegenzutreten. Als Heß am 10. Mai 1941 unbedingt hochrangigen britischen Persönlichkeiten gegenübertreten wollte, nahm man ihn gefangen und verweigerte ihm den Status eines Parlamentärs. Während der Kriegszeit wurde Heß in der walisischen Hauptstadt Cardiff festgehalten, wo 100 Jahre zuvor einer seiner Vorfahren, Carl Heß, als Lehrer gearbeitet und eine Engländerin geheiratet hatte. Deren Grab lag nur wenige Meilen von dem Militärhospital entfernt, in dem Heß gefangen gehalten wurde.

Schon sehr früh hatte Heß den Verdacht, daß die Engländer ihn als unbequemen Zeugen aus dem Wege räumen wollten; daher schrieb er am 12. August 1942 an den Schweizer Gesandten in London: »Für den Fall meines Todes bitte ich Sie Sorge zu tragen, daß meine Leiche durch eine internationale Ärztekommission hinsichtlich der Todesursache untersucht wird.« Er sollte, wenn auch mit 45 Jahren Verzögerung, Recht behalten.

Nach dem Prozeß in Nürnberg, in dem er zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, wurde er mit den sechs anderen zu Haftstrafen verurteilten »Kriegsverbrechern« am 18. Juli 1947 nach Spandau überführt. Unter den Gefangenen galt er als Aus-senseiter, der Arbeiten verweigerte, Gottesdiensten fernblieb, ständig Angst vor vergiftetem Essen hatte und 20 Jahre lang kategorisch jeden Besuch ablehnte. Viele hielten ihn für einen Hypochonder. Als er 1966 nach der Entlassung von Albert Speer und Baldur von Schirach als einziger im Spandauer Gefängnis bleiben mußte, wurden ihm einige Haft-erleichterungen gewährt. Seine Zelle blieb unverschlossen, er durfte sich jederzeit waschen oder Tee und Kaffee kochen. Zeitungen wurden täglich bis zur Unkenntlichkeit zensiert und ausgeschnitten, die von ihm beschriebenen Kladden und Papiere wurden eingezogen und nach seinem Tode verbrannt, und sein Umgang beschränkte sich auf drei Wachsoldaten, die sich ihm persönlich nähern durften, sowie die Gefängnisleitung, einen Pfleger und zeitweise französische Gefängnisgeistliche.

Der 1982 eingestellte letzte Krankenpfleger, der Tunesier Abdallah Melaoui, entwickelte sehr bald ein auf Vertrauen basierendes Vater-Sohn-Verhältnis zu seinem alten und inzwischen auch gebrechlichen Patienten. Als Melaoui bemerkte, daß Heß neben Deutsch, Englisch und Französisch auch fließend Arabisch sprach, konnte man sich endlich auch in den mit Mikrophonen verwanzten Zellentrakten unterhalten, ohne daß die Bewacher mithören konnten. Er setzte durch, daß Heß nach langem Tauziehen endlich ein verstellbares ausrangiertes Krankenbett bewilligt wurde, daß er nach 30 Jahren und völligem Verschleiß einige neue Hemden erhielt, daß ihm Schokolade und Kuchen in die Zelle geschmuggelt wurden. Er sah, daß Heß 1985 mit wachem Interesse das Turnier in Wimbledon verfolgte, in dem ein damals unbekannter siebzehnjähriger Deutscher den Pokal erhielt. Als dazu die deutsche Nationalhymne ertönte, stand Heß auf und legte die Hand zum soldatischen Gruß an den Kopf.

Der Tunesier beschrieb Heß als einen »Herrn« im besten Sinne des Wortes, als Persönlichkeit, die sich ihres historischen Ranges durchaus bewußt war, als Mann, der niemals klagte, aber oft verzagt und traurig war.

Als Melaoui erfuhr, daß Gorbatschow bereit sei, den alten Mann freizulassen, teilte er Heß diese Neuigkeit mit. Der stellte daraufhin ein entsprechendes Gesuch. Nachdem es eingereicht worden war, vertraute er Herrn Melaoui an: »Das ist mein Todesurteil!« Er wußte, daß die Briten nicht zulassen konnten, den zwar körperlich durch viele Krankheiten geschwächten, aber geistig völlig klaren Heß vor den Toren des Gefängnisses auf die Weltöffentlichkeit treffen zu lassen. Denn dann wäre das nicht passiert, was die »Daily Post« am 18. August 1987 zu der Schlagzeile verführte: »’Friedensstifter’ Heß nimmt seine historischen Geheimnisse mit ins Grab«. Die ihn betreffenden Akten des britischen Staatsarchivs sind bis zum Jahr 2017 gesperrt. Die Mörder sind unter uns und laufen frei herum. Der Augenzeuge der Ermordung, Abdallah Melaoui, hat alles in seiner Macht Stehende getan, um den Fall vor Gericht zu bringen, doch er scheiterte am Desinteresse oder an der politischen Impotenz der deutschen Justiz und Politik.

Mehrmals schilderte er seinem Patienten Heß, wenn vor dem Tor des Gefängnisses 100 oder mehr Demonstranten standen, die seine Freilassung forderten. Auf die Frage, warum er sich nicht freue, antwortete Rudolf Heß: »Die tun da draußen genauso ihre Pflicht wie ich hier drinnen.« Tun also auch wir unsere Pflicht und gedenken wir eines Soldaten und Politikers, der sein Leben einsetzte, um Deutschland und der Welt Frieden zu geben, und der dafür mit 46 quälend langen Jahren Haft büßen mußte. Das ist keine Verherrlichung, sondern ein Eintreten für historische Gerechtigkeit. Und wenn man dafür einen Kronzeugen benötigte, sollte man Martin Niemöller zitieren, der unter den Nationalsozialisten jahrelang in Konzentrationslagern saß. Er schrieb am 1. Mai 1969 in einem Brief: »In der Tat gehöre ich einer Hilfsgemeinschaft ‚Freiheit für Rudolf Heß’ an, … weil ich nun einmal an eine besondere Schuld von Heß nicht glaube und niemals geglaubt habe…«

Weitere Informationen

http://www.46jahre.de/

http://www.hess-wochen.net/

http://www.ostpreussen.org/Haupt/THess.html

Buch: Ich breue nichts
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 15. August 2007