Aufruf zum 1. Mai - Kapitalismus ist kein Spaß!

Deutschland steckt in einer schweren Wirtschafts- und Beschäftigungskrise. Über 5 Millionen Arbeitslosen stehen rund 300.000 gemeldete offene Stellen gegenüber. Dies bedeutet, daß es etwa für 16 Arbeitssuchende derzeit nur ein Arbeitsplatzangebot gibt. Auch in diesem Jahr werden wir wieder massive Angriffe auf die sozialen Errungenschaften erdulden müssen, welche einen wirklichen Sozialstaat mehr und mehr ad absurdum führt. Gleichzeitig werden es auch wieder verstärkt junge Menschen zu spüren bekommen, daß die in den letzten Jahren stattgefundenen Arbeitsplatzvernichtungen auch vor den Ausbildungsplätzen nicht halt machen. So werden viele junge Menschen nach ihrem Schulabschluß nicht einmal eine Lehrstelle bekommen.

In welchem System leben wir heute, welches Menschen unter immer miserabler werdenden Rahmenbedingungen leben läßt, während die Reichen beim Kassemachen willfährig unterstützt werden? Es ist an der Zeit dieses kapitalistische System auch den Prüfstand zu stellen. Unser Mut zur Veränderung muß sich auf die Erneuerung der Wirtschaftspolitik und die Aufrechterhaltung der sozialen Rahmenbedingungen beziehen. Unsere Wut muß sich gegen Sozialabbau, Identitätsverlust unseres Volkes und gegen die Verschärfung der Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer richten.

Laues Bier, lasche Reden und lahme Beteiligung - so werden auch in diesem Jahr die Mai-Feiern des DGB aussehen. Sommer, Bsirske, Peters und andere Spitzenfunktionäre der Gewerkschaften werden wie in den Jahren zuvor Sozialabbau, Neoliberalismus und "Turbokapitalismus" anprangern - und ihre Bereitschaft zur "Rettung des Standorts Deutschland" und zu "weiteren Reformen" beteuern.
Diese Politik hat in den letzten Jahren zu immer mehr Zugeständnissen und Niederlagen, zu Lohnverlusten, Tarifbruch, Ausweitung des Billiglohnsektors geführt und die Kampfkraft der Arbeitnehmer unterhöhlt.
Die Politik der Gewerkschaften - genauer: der Gewerkschaftsführungen - hat dem Kapital und der Regierung geholfen.
Sie hat das Kapital zu einer noch schärferen Gangart beim Angriff auf die Lohnabhängigen ermutigt. Auf Hartz I-IV soll nun Hartz V folgen - weitere Senkungen der Unternehmenssteuern und eine weitere Ausweitung staatlich subventionierter Billigjobs.
Die Regierung führt einen Generalangriff auf die sozial Schwächsten in unserem Land, auf Schüler und Studierende, auf Rentner und Arbeitslose, um dem Großkapital noch mehr Rendite in die Tasche zu scheffeln.

Das Schicksal des Kampfes gegen die Politik der Altparteien wird nicht am 1. Mai entschieden. Doch ist und bleibt der 1. Mai ein Symbol gegen die uneingeschränkte Herrschaft des Kapitals.
Wir dürfen nicht zulassen, daß der historische Kampftag der Unterdrückten und Entrechteten in einer Situation, in der Millionen arbeitslos oder von sozialen Kürzungen betroffen sind, wieder nur dazu dient, ein langweiliges Ritual zu inszenieren. Wir wollen, daß am 1. Mai Zeichen gesetzt werden: gegen die schwarz-rote Bundesregierung und gegen die Agenda-Politik und gegen die unsere Volkssouveränität gefährdende EU-Verfassung.
Wenn wir Deutschen nicht immer mehr Errungenschaften verlieren wollen, wenn wir nicht immer neue Niederlagen hinnehmen wollen, dann brauchen wir eine Bewegung, die zu kämpfen gelernt hat!

Der 1. Mai ist und bleibt Ausdruck von Werten wie Gerechtigkeit, sozialem Ausgleich, Solidarität und Rechten am Arbeitsplatz. Auf diese Werte setzen wir, nach wie vor. Allzu viele Spitzenmanager und Handlanger des Großkapitals in den Parlamenten jedoch führen Klassenkampf von oben. Dagegen müssen wir, Frauen und Männer, Jugendliche und Ältere, antreten. Revolte gegen die heutigen Herrschaftsverhältnisse ist auch ein Zeichen des Aufbegehrens unseres Volkes.

Stefan Rochow, JN-Bundesvorsitzender

zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 27. April 2006