Wer steckt hinter FLC West?

Hält der "russische" Mehrheitseigner der Wadan-Werften wirklich, was er verspricht?

Die russische Nachrichtenagentur "RIA Novosti" kann eine fabelhafte, weil bedienerfreundliche Suchmaschine vorweisen. Wer als Wortgruppe jedoch "Investmentgesellschaft FLC West" eintippt, bekommt ganze zwei mickrige Einträge serviert. Und das, obgleich die FLC (Finanz-Leasing-Gesellschaft) einer gleichnamigen, zumindest offiziellen "russischen" Gesellschaft gehört.

Erinnern wir uns: Seit Herbst 2008 werden die früheren mecklenburgischen Aker-Werften in Rostock-Warnemünde und Wismar als "Wadan Yards" bezeichnet, was auf einen "Eigentümerwechsel" zurückgeht. Auch MVRegio, die allseits bekannte Nachrichtenseite aus unserer Region, berichtete seinerzeit: "Der Eigentümerwechsel betrifft auch die Werft in Nikolaev in der Ukraine. Alle drei Werften gehörten bislang zur Aker Yards Ukraine Holding AS, der Handelsschiffsparte des norwegischen Aker-Konzerns. Der hatte vor kurzem überraschend 70 Prozent seiner Anteile an der Holding an die russische Investment-Gesellschaft FLC West verkauft", heißt es in einer MVRegio-Meldung vom 22. September 2008.

Selbst russische Experten von der Übernahme überrascht

In der schon erwähnten RIA-Novosti-Meldung vom 26. März 2008 erfahren wir zur FLC West:

"Ein russisches Unternehmen hat mit der norwegischen Aker Yards den Kauf von Werften in Deutschland und der Ukraine vereinbart. Allerdings ist der Käufer kein branchengebundener Investor, sondern eine Tochter der Finanz-Leasinggesellschaft (FLC), die zur Vereinigten Flugzeugbau-Korporation OAK gehört.
Für Experten und für die russische Flugzeugbau-Holding selbst war diese Vereinbarung eine völlige Überraschung."

Im Anschluß werden die Grobdaten der Firma genannt: 1997 gegründet, gewann sie vier Jahre später eine Ausschreibung der Moskauer Regierung. Zur Vergabe standen dabei staatliche Zuschüsse für Leasing-Programme in der zivilen Luftfahrt. Als der RIA-Beitrag entstand, gehörten 51,8 Prozent der Aktien der OAK. "Große Pakate sind auch in den Händen der staatlichen Vermögensagentur Rosimuschtschestwo, des Ministeriums für Boden- und Vermögensbeziehungen der Republik Tatarstan u. a. Der Leasing-Bestand der FLC wird auf 1,5 Milliarden Dollar geschätzt."

Sitze des "Investors" in Luxemburg und auf Zypern

Registriert ist der "nicht branchengebundende Investor" in Luxemburg, wobei 50 Prozent der Anteile zu einer auf Zypern eingetragenen Investment-Gesellschaft namens "Almiar Investment Limited" zählen. Deren Eigner sind private FLC-Aktionäre.

Schon damals seien Experten ratlos gewesen, "wozu eine zur OAK gehörende Gesellschaft plötzlich Schiffbauaktiva brauche. Diese Information war eine völlige Überraschung für Vertreter der Holding, die jetzt Kurs auf den Verkauf von branchenfremden Aktiva genommen hat und der russischen Außenwirtschaftsbank (VEB) ihre andere Leasing-Gesellschaft, Iljuschin Finans Ko. (IFK), verkaufen will."

In Russland Beschäftigung mit allem, nur nicht mit Schiffbau

IFK-Miteigner Alexander Lebedew erklärte gegenüber RIA mit deutlicher Unzufriedenheit: „Nach wie vor beschäftige sich die OAK, also die schon erwähnte Flugzeugbau-Kooperation mit der FLC als Tochter, "nicht mit ihrer Hauptaufgabe, der Serienproduktion von Flugzeugen. Stattdessen befassen sich die Leute mit allem Möglichen: mit Finanzen, Leasing, EADS-Aktien und jetzt auch noch mit dem Kauf ausländischer Schiffbaugesellschaften."

Die hier geschilderte Praxis verleitet automatisch dazu, für die Wadan-Werften in Mecklenburg das Schlimmste zu fürchten. Erhärtet wird die Vermutung noch durch einige Details, die der RIA-Bericht schildert: "In der Flugzeugbranche ist die FLC deshalb bekannt, daß sie bis heute (also bis März 2008, d. Red.) den Vertrag über die Auslieferung von zehn Tu-214-Maschinen nicht erfüllen kann." Der Kasaner Produktions-Vereinigung für Flugzeugbau zufolge hing dies mit der Unterfinanzierung des Vertrags und verspäteten Leasing-Zahlungen zusammen.

FLC: Keine Kohle wegen ausbleibender "Staatsknete"

Die FLC habe bereits im voraus eingestanden, den Vertrag aufgrund verzögerter Bewilligungen aus dem Staatshaushalt im Jahr 2005 nicht finanzieren zu können. Der Vertrag werde äußerst langsam erfüllt, gab der RIA-Artikel Oleg Pantelejew, den Leiter des Analytischen Dienstes der Agentur "Aviaport" wider. "Heute ist nur eine Maschine fertig. Und die Aussichten auf die Übergabe der übrigen Liner an die Kunden wirken nebelhaft: 2008 wird der Betrieb wahrscheinlich höchstens zwei Maschinen bauen können." Auch die Bücher der Wadan-Werften könnten besser gefüllt sein ...

Auch hier erinnern wir uns gern: Ende 2008 gewährte die Landesregierung Wadan ein 60-Millionen-Euro-Darlehen. Wie aus zuverlässigen Quellen hervorgeht, erklärten die "russischen Investoren", derzeit über kein Geld zu verfügen.

FLC genießt also auch in russischen Kreisen einen gelinde gesagt umstrittenen Ruf. Was aber weiß die Landesregierung über die "russischen" Investoren von der FLC? Vielleicht kann Herr Seidel ja die Anwürfe entkräften, damit Herr Sellering folgen kann. Und vielleicht unterbrechen ja die Herren Ringstorff und Ebnet ihr Pensionärs-Dasein, um Licht in das Dunkel zu bringen. Wir sind jetzt schon gespannt.
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 25. Februar 2009