Die "Kümmerkompetenz" des CDU-Fraktionschefs
Gar Köstliches enthält ein jüngst wie "schimmlig Brot" angebotenes Gespräch, das Armin Jäger, CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag M-V, dem Wochenblatt "Die Zeit" gewährt hat.
Gewiß, Jägers Einlassungen enthalten hie und da Eingeständnisse. So gibt er zu, daß die Alt-Parteien "über Jahre hinweg Lücken gelassen haben, die die NPD heute füllt". Die Nationalen versuchten dabei "zielstrebig, innerhalb des demokratischen Systems Mehrheiten für ihre undemokratische Ideologie zu schaffen", um daran anzuschließen: "Mittlerweile bin ich nicht mehr sicher, daß das ein aussichtsloses Unterfangen ist".
Da reibt man sich doch glatt die Augen! Treibt Herrn Jäger gar die Angst vor Mehrheiten um? Steht seine Furcht (und nicht nur die seinige) im Zusammenhang mit der Ablehnung der NPD-Landratskandidaten Michael Andrejewski und Stefan Köster? Die nach jetzigem Stand noch ein Nachspiel haben wird, wäre hinzuzufügen, ohne Herrn Jäger noch größere Angst machen zu wollen. Schon jetzt liegen der NPD Stellungnahmen von Staats- und Verfassungsrechtlern vor, die aus rechtsstaatlicher Warte mit der Verhinderung der Wahlantritte durch reine (System-)Partei-Gremien so ihre Bauchschmerzen haben.
Bald wieder Diäten-Nachschlag im Landtag
Auch Herrn Jägers Demokratieverständnis unterscheidet sich offenbar von dem der "undemokratischen" NPD, die seit langem fordert, das Volk durch Abstimmungen auf nationaler Ebene stärker einzubeziehen. Herr Jäger steht – trotz aller jetzt zur Schau gestellten "Kümmerkompetenz" - für die Beschränkung von Demokratie auf den Parlamentarismus mit all seinen netten Nebenerscheinungen: nichtöffentlich tagende Ausschüsse, alle vier, fünf Jahre stattfindendes Wahlkampf-Getöse sowie opulente Diätenerhöhungen – im Landtag M-V sorgt die nächste Steigerung für ein Plus von immerhin 2,9 Prozent bei den monatlichen Abgeordneten-Erträgen. Gekoppelt ist die erneute Steigerung nicht etwa an die Einkommensverhältnisse hier im Land, sondern an Vergünstigungen für kinderreiche Beamtenfamilien (denen sie übrigens gegönnt seien).
"Plötzliche" Betriebsamkeit
Für Personen wie Herrn Jäger mag der neuerliche Zuschlag eine eher zu vernachlässigende Größe sein, wie er überhaupt bestimmte Beträge aus dem tagtäglichen (Über)Leben an der Basis eher als "Peanuts" einstuft. Beispiel gefällig? Im Plausch mit der "Zeit" erklärt er: "Wir haben unsere Bürgernähe nach der Wahl massiv verbessert. Das weiß ich auch deswegen, weil meine Kollegen heute mit Themen in die Fraktion kommen, die sie früher nicht gebracht hätten. Plötzlich ist die GEZ bei uns ein Thema – da geht es zwar um läppische 17 Euro im Monat (Hervorhebung durch uns), aber das regt die Leute wirklich auf." "Läppische 17 Euro" – Abgehobenheit, gepaart mit Zynismus schlägt selbst in solchen Momenten durch, in denen ein Alt-Vertreter des Systems krampfhaft versucht, sich als volksnah zu präsentieren. 17 Euro sind für einen ALG-II-Empfänger oder für Sklavenlöhne schuftende Arbeitsnomaden viel Geld, Herr Jäger!
NPD Vorreiter bei Hartz-IV-Beratung
GEZ-, aber auch Hartz-IV-Bescheide ratsuchender Bürger mögen mittlerweile auch Jägers Mitarbeiter und Parteifreunde heranschleppen. Doch "seit der Wahl"? Da hätte sich Armin Jäger wohl besser mit seiner Parteifreundin, Justizministerin Uta-Maria Kuder, abstimmen sollen. Die erklärte Ende des vergangenen Jahres, also über ein Jahr nach der letzten Landtagswahl: "Wie können wir Rechtsberatung anbieten für Leute, die sonst zu Herrn Andrejewski gehen, sei es mit Hartz-Bescheiden, die sie nicht verstehen oder anderen Problemen." Die NPD-Fraktion hatte nämlich beizeiten begonnen, in ihren Bürgerbüros entsprechende Beratungen für hilfesuchende Volksgenossen anzubieten. Ohne das Vorpreschen der Nationalen wären die Etablierten vermutlich in 1.000 Jahren nicht darauf gekommen, nunmehr ein "eigenes" Netz aus Beratungsstellen zu schaffen.
Nationale mit breiter Themenpalette
Doch letztendlich habe die NPD, ja, "wenn man genau hinschaut", ohnehin "nur primitive Parolen zu bieten". Auch hier ist die Abstimmung als eher miserabel zu bezeichnen. Im Bericht 2007 des Landesamtes für Verfassungsschutz (oberster Dienstherr: Jägers Parteikollege, Innenminister Lorenz Caffier) heißt es auf seit 97: "Durch eine an Alltagsproblemen orientierten (sic!) Themenwahl versucht die NPD weiterhin (,) innerhalb der Bevölkerung vorhandene Ängste und Ressentiments für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Die Bandbreite reiche dabei von Anträgen und anderen Initiativen gegen die Rente ab 67 und die "Grüne Gentechnik" über "Kindertagesstätten, Mindestlohn, Situation der Grundsicherung und Schulwegzeiten über Braunkohleabbau, Bombodrom, kommunale Bibliotheken und regionale Verkehrskonzepte bis hin zu Richtlinien für ALG-II-Empfänger oder Rahmenbedingungen für Familien und schulpflichtige Kinder" – dies alles natürlich auf das deutsche Volk und nicht auf eine undefinierbare "Menschheit" gerichtet.
Soweit das Zeugnis einer der NPD alles andere als wohl gesonnenen Behörde, in deren Berichten zu erscheinen natürlich einer Auszeichnung gleichkommt. Jäger und Genossen jedenfalls zeigen sich, das Zeit-Gespräch beweist es, eher schlecht aufgestellt. So müssen solche Politkanonen tatsächlich um den Klassenerhalt bangen.
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Erstellt am Montag, 28. Juli 2008