"Matze B.": von "moralinen Körnerfressern" und "Chefermittlern"

Au backe! Da ist landauf, landab vom "Konsens der Demokraten" die Rede. Auf "breiter Grundlage" unter "Einschluß verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen" gelte es, den Kampf gegen "rechtes Gedankengut" oder "neue Nazis" zu führen (gemeint ist die nationale Opposition). Anders ausgedrückt: Für egoistische, genauer parteipolitisch motivierte Interessen dürfte bei diesem Anspruch – und das ist völlig wertfrei gemeint – absolut kein Platz sein. Sollte man meinen!

SPD: wichtigste gesellschaftliche Kraft gegen Rechts?

Die September-Ausgabe des SPD-Blattes "Vorwärts" belehrt uns da eines Besseren: Unter der Leitzeile "Eintreten gegen Rechts" findet auch die von Jusos 2006 ins Leben gerufene Kampagne "Endstation Rechts" Erwähnung. Die gleichnamige Weltnetzseite wird im Bericht gar allzu eifrig beworben: "Unter den regionalen Medien gelten wir als glaubwürdige Informationsquelle", wird der SPD-Landtagsabgeordnete Mathias Brodkorb im Beitrag zitiert. "Gelten" – merke: in dieser Gesellschaft ist es stets wichtig, als etwas zu "gelten", am besten als "Experte". Geht’s gegen Nationale, wird nach dem Warum, Woher und Wohin erst gar nicht gefragt. Täter und Urteil stehen dank der "Umerziehung" von vornherein fest, was den "Experten" der Notwendigkeit wahrhaft wissenschaftlichen Arbeitens enthebt.

Durch den Schein wird das Sein so allzu häufig in die zweite oder gar letzte Reihe verdrängt.

Im Gespräch mit Schreiberling Michael Miebach setzt "Matze" Brodkorb gleich noch eins drauf: "So" (mit der Netzpräsenz "Endstation Rechts"), "wollen wir erreichen, daß die SPD als wichtigste gesellschaftliche Kraft gegen Rechts wahrgenommen wird." Als wichtigste? Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Doch müssen die Regional-Vertreter der Sozis, von weiten Teilen der Öffentlichkeit ohnehin als politische Minderleister wahrgenommen, ja auch irgendwann mal zu punkten versuchen. Wenn’s hilft.

Für uns ist der Fall damit erledigt. Ob’s aber die Omas und Opas der orthodox-marxistischen "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" gleichfalls so sehen? Oder die Linksparteiler um Bisky, Gysi oder den polternden Holter und den kleinen Ritter? Kommunistische Splittergruppen oder gar die "Schwarzen Deibel" der "Autonomen Antifa"? Werden die das mit der angestrebten "führenden Rolle" der Sozen im antinationalen Kampf so einfach auf sich sitzen lassen? "Instrumentalisierung eines gesamtgesellschaftlichen Anliegens für parteipolitische Zwecke" – das Geschrei ist bereits jetzt zu vernehmen.

"Brodkorb hat klar die Naziideologie verharmlost."

So manch altem "Kommi", aber auch anderen Gralshütern des BRD-Establishments, ist der "Matze" ohnehin ein wenig suspekt. Einen Wimpernschlag in der Geschichte liegt es zurück, daß der frühere PDS-Mann in Fahndungsaufrufen selbsternannter Ausführungsorgane "politischer Korrektheit" einen Spitzenplatz einnahm. Gleich zweimal geriet er durch die Beschäftigung mit Aussagen von Personen – beide wurden in Österreich geboren – ins Fadenkreuz der "Anständigen".

Der eine, dessen Aquarelle und Bleistiftzeichnungen bei Auktionen immer noch heiß begehrt sind, ließ Anfang der 1920er Jahre Aspekte seines Lebens sowie politische Vorstellungen in ein später weltbekanntes Buch einfließen. Rund 80 Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen faßte "Matze", damals immerhin stellvertretender SPD-Landesvorsitzender und Juso-Funktionär, einen kühnen Entschluß: Zur geistigen Anreicherung des spaßgesellschaftlichen "Jugend-Camps" Prora 03 las er aus jenem Buch vor, was er im Vorfeld auch ankündigte. Der Aufschrei bei der mitregierenden PDS und der "oppositionellen" CDU funktionierte wie auf Knopfdruck. "Matze" ließ sich nicht beirren und schritt zur Tat: Derweil Parteigenosse und Landwirtschaftsminister Till B. auf der "Aktionsfläche 1" mit selbstgefertigten Kartoffelpuffern zum Stopfen knurrender Mägen beitrug, herrschte im Raum 160 der Aktionsfläche 10 ebenso rege Begängnis. Hier wurde geistige Nahrung verabreicht – durch "Matze", der drei Passagen des genannten Druckwerks vorgetragen haben soll. Ein empörter Alt-Kommunist, der "Matze" als "moralinen Körnerfresser" bezeichnete, erklärte dazu via Netz: "Was Brodkorb veranlaßte, sich für eine Neuherausgabe des Buches einzusetzen, vermag ich nicht zu sagen. Was er aber erreichte, ist die Verharmlosung des Buches und damit des Verfassers. Brodkorb hat klar die Naziideologie verharmlost" (siehe auch: www.kommunisten-online.de/blackchanel/reue_suender.htm).

Bordkorb hat "in der liberalen Demokratie so seine Probleme mit dogmatischen Denkverboten"

Kaum war der Pulverdampf über Prora bzw. dem auf der Pariser Weltausstellung von 1934 ausgezeichneten Kraft-durch-Freude-Komplex verraucht, geriet Brodkorb erneut in Verschiß. Die Schweriner Volks-Zeitung (10.01.2004) enthielt den Vorwurf, er, der SPD- und Juso-Funktionär, würde ähnlich den "Nazis" Behinderte dem "lebensunwerten Leben" zuordnen und sie mit Tieren gleichsetzen. Ins Spiel gebracht wurde dabei ein australischer Philosoph und Ethiker, der aus einer jüdischen Wiener Familie stammende Peter Albert David Singer. Mit ihm hat sich Brodkorb - eigenem Bekunden nach - seit seinem 16. Lebensjahr recht ausgiebig auseinandergesetzt.

Bekannt wurde Singer durch "Animal Liberation" (1975), ein Grundlagenwerk der Tierethik und des Vegetarismus. "Umstrittenes" enthält die "Praktische Ethik", auf die sich "Matze" seinerzeit auf seiner Netzseite bezog. Die Singersche Kernfrage lautete für ihn (durch den Philosophen nach eigener Aussage zum Vegetarier geworden): "Wenn wir Menschen und Tiere für gewöhnlich dadurch unterscheiden, daß wir Menschen die Fähigkeit zum vernünftigen Denken zuerkennen und Tieren nicht und wir hieraus abgeleitet die Ungleichbehandlung von Mensch und Tier rechtfertigen, dann ergibt sich ein Problem: Warum pflegen wir unter großem Aufwand äußerst schwer geistig behinderte Menschen, während wir bspw. Menschenaffen, die teilweise über hohe kognitive Fähigkeiten verfügen, in Tierversuchen zu Tode quälen?"

Wie schon bei der "Befreiung der Tiere" gesteht Singer auch "nichtmenschlichen Lebewesen" die Fähigkeit zu, Schmerz und Freude empfinden zu können – für ihn die Bedingung für "Interessen", die bei Entscheidungen des Lebens Berücksichtigung finden müßten. "Singer mißt der Zugehörigkeit zur menschlichen Spezies keine moralische Bedeutung bei; er bezeichnet dies als Speziesismus. Somit hängt die Verwerflichkeit des Tötens anderer Lebewesen von deren Bewußtseinzustand ab – und nicht von ihrer Spezies" (siehe auch www.wikipedia.org – Peter Singer).

Brodkorb entschuldigte sich schließlich in einem Offenen Brief, gerichtet "an die Einrichtungen und Vereine der Behindertenhilfe sowie die Bürgerinnen und Bürger des Landes Mecklenburg-Vorpommern" (11.01.2004). Die Darstellungen auf seiner Netzseite bezeichnete er als "zu knapp" bemessen. Die Schlußfolgerungen Singers lehne er ab. Doch stehe er auf dem Standpunkt, "aufgeworfene Fragen von gegebenen Antworten zu unterscheiden – und ich habe in einer liberalen Demokratie auch so meine Schwierigkeiten mit dogmatischen Denkverboten. Nur weil jemand inakzeptable Antworten gibt, müssen seine Fragen noch längst nicht völlig absurd sein." Er habe "sogar auch nicht-behinderte Menschen und Tiere im Hinblick auf ihre kognitiven Fähigkeiten miteinander verglichen". Seinen Zivildienst habe er "GEWOLLT in einer Schule für geistig behinderte Kinder abgeleistet".

Bordkorb in der Endstation-Bedeutungslosigkeit

Des zermürbenden Treibens irgendwann müde geworden, beschloß "Matze", von einem nunmehr bloßen Objekt wieder zu einem Subjekt der Geschichte zu werden. Hierzulande eignet sich dafür bestens eine auch offiziell angepriesene Beschäftigung mit "Nazis", also nationalen Kräften, mit deren verfälscht dargestelltem Wollen und Handeln sich so mancher Punkt einheimsen läßt. Um sich rasch eine Brücke zu bauen, verwies er im besagten Offenen Brief auch auf von ihm verfaßte "mehrere kritische Aufsätze und zwei Bücher GEGEN Rechtsextremismus".

Deren geistiger Rahmen wird jedoch auch im Fall Mathias B. von Grundsätzen alliierter Umerziehung gesetzt. Im Fall der "Endstation-Rechts"-Seite ist das nicht anders, wobei Medien-Lügen sowie Klatsch und Tratsch in besonders ergiebigem Maße in den Sudtopf gekippt werden. Zuweilen erinnert der Inhalt an eine eigentümliche Mischung aus "Bunte" und "BLÖD": Da werden Nichtigkeiten zu wesenhaften Dingen hochstilisiert, erschöpft man sich in einer eher äußerlichen Genauigkeit, die letztlich nur den Geist der Oberflächlichkeit atmet: A ist wohl der Bruder von B, C hieß früher vermutlich D und hat offensichtlich geheiratet, E hat wohl während eines Plenartages die Kleidung (natürlich nicht im "Hohen Hause") gewechselt und F ist von G im Schloßgarten abgelichtet worden – einfach nur peinlich für einen angeblich hochphilosophischen und –geistigen Mann, der sich nunmehr zum "Chefermittler" aufschwingt.

Auch an sachlichen Fehlern mangelt es nicht. So "verkaufte" er die Nachricht, der Abgeordnete Michael Andrejewski (Anklam) habe sein Bürgerbüro eröffnet, der Leserschaft als brandaktuelle Nachricht. Pech nur, daß diese Struktur zu diesem Zeitpunkt bereits einige Wochen Bestand hatte.

Im Bericht zur Gutmenschen-Demo am 22. September 2007 in Rostock stellt er die Behauptung auf, der Laden "East Coast Corner" sei an diesem Tag "auf Anweisung der Ordnungsbehörde verschlossen" geblieben – für "Matze" "ein weiterer Erfolg des Bündnisses" ("Schöner leben ohne Nazi-Länden"die Schriftleitung). Doch auch hier läßt sich nur die Bezeichnung "Nullnummer" verwenden: Der Laden hatte schlichtweg bis 15.00 Uhr geöffnet. Sofern sich nicht George W. Bush und "Angie" die Ehre in Rostocks Innenstadt geben und es hinsichtlich eines Ladens keine rechtlichen Beanstandungen gibt, kann das Ordnungsamt möglicherweise die Empfehlung geben, die Schotten während eines bestimmten Zeitraumes geschlossen zu halten. In diesem Fall gehört zum Komplex sogar noch das Bürgerbüro eines Landtagsabgeordneten, was eine behördlich angeordnete Verrammelung um so schwieriger gestaltet.

"Endstation" – für sich betrachtet, ist der Name gar nicht einmal so schlecht – steht er doch für ein System, das auf dem besten Wege ist, sich selbst abzuwickeln. Ab und an frißt es auch seine Kinder (Möllemann, Hohmann, Herman) – Mathias B., der sich auf andere Weise, aber ebenfalls "politisch unkorrekt" verhielt, ist dem Schlund gerade noch entronnen. Jetzt steht er auf der vermeintlichen Sonnenseite des Lebens. Wie lange noch? Wir wissen es nicht.



"Matze" bei seiner Lieblingsbeschäftigung: dem filmen nationaler Veranstaltungen.
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 27. September 2007