Ein Wahlschock, der nicht vergehen will.

Es gab eine Zeit, in der nationalen Wahlerfolgen nur ein bescheidener Einmal-Effekt vergönnt war. Kalkweiße Politikergesichter am Wahlabend, vielleicht noch eine stimmungsvolle Lichterkette mit Mahn- und Warnworten aus dem Hause Friedman & Co als kostenlose Zugabe und der Rest war Schweigen bis zum Ende der Legislaturperiode. Geändert hat sich das bereits mit dem NPD-Wahlerfolg in Sachsen. Der Trubel um den "Bomben-Holocaust" war bemerkenswert, verblaßt aber mittlerweile im Vergleich zu der beispiellosen Dauerhysterie, die bei den Etablierten in Mecklenburg-Vorpommern nach dem dortigen nationalen Wahlsieg ausgebrochen ist.

Zuerst verrutschte den Blockparteilern vor Schreck die pseudo-demokratische Maske. In fliegender Hast und angesichts der zahlreichen Schlampereien wohl auch mit zitternden Fingern bastelten sie an der Geschäftsordnung des Landtages herum. Zusammengestrichen - oder verschlankt, um es in der Etabliertensprache zu sage - wurden die Rederechte der Abgeordneten. Aus 15 Minuten Mindestargumentationszeit pro Fraktion und Beratungsgegenstand machten sie 3. Früher konnte jede Fraktion zusätzlich einen Redner benennen, dem weitere 30 Minuten zustanden. Hinzu kam noch die Möglichkeit, persönliche Erklärungen abzugeben. All dies fiel dem Rotstift zum Opfer, denn je weniger in der Volksvertretung gesprochen wird, desto besser für die Demokratie nach Art des CDU/SPD/PDS-Hauses. Reden ist Silber, Schweigen ist verfassungstreu.

Besonders stolz machte es die Landtagspräsidentin Bretschneider, daß unter ihrer Führung endlich die geheimen Abstimmungen abgeschafft wurden. Ein großer demokratischer Fortschritt, der nicht nur Erinnerungen an DDR-Volkskammerwahlen wach werden läßt, sondern ganz nebenbei auch dafür sorgen soll, daß bloß kein etabliertes Abgeordnetenschaf zugunsten der NPD die Herde verläßt und einmal anders votiert als gewünscht. Das änderte allerdings nichts an der Belagerungsstimmung, in die sechs NPD-Vertreter eine zehnfache Übermacht nach Belieben versetzen, und das, ohne sich all zu sehr anstrengen zu müssen. Wahlen innerhalb des Landtages sind immer noch geheim. Es genügt die Aufstellung eines nationalen Kandidaten und schon wird das gegnerische Lager nervös. Richtig peinlich ist dann die demonstrative Erleichterung, wenn die Katastrophe wieder einmal ausblieb, weil kein Etablierter sein Kreuz bei der NPD machte. Zeitungskommentatoren feierten Triumphe dieser Art schon als "bestandene Reifeprüfungen der Demokratie".

In diesem Zusammenhang sollte ein Zitat des Genossen Stalin nicht fehlen: "Die Wahl gewinnt, wer die Stimmen auszählt!". Dieser Job wird im Landtag von den Schriftführern erledigt. Sechs davon gibt es. Obwohl fünf Fraktionen im Parlament sitzen, sind nur vier im Gremium der Schriftführer vertreten. Im stillen Kämmerlein, ohne einen NPD-Vertreter, gehen CDU, FDP, SPD und PDS die Stimmzettel durch. Wahlbetrug ist kein Problem. Bei solchen Voraussetzungen sind keine Überraschungen zu befürchten. Presse und etablierte Hinterbänkler sind also grundlos nervös, was ihnen ihre Strippenzieher versichern könnten.

Weitere furchtbare Schläge gegen die Gefahr von Rechts glaubten die Herrschenden zu verteilen, indem sie Führungszeugnisse von den Fraktions- und Wahlkreismitarbeitern verlangten und die Fraktionsmittel kürzten. Obwohl der Verfassungsschutz das
eigentlich hätte wissen müssen, sorgte der Umstand, daß nicht einer der gemeldeten Mitarbeiter vorbestraft war, für lange Gesichter in der Landtagsverwaltung. Ebensowenig verschwand die NPD-Fraktion vom Erdboden, weil ihr statt 847 000 jetzt nur noch 600 000 Euro pro Jahr zustanden. So etwas verkraften wir lächelnd. CDU, PDS und SPD mussten nichts verkraften – die Kürzungen galten nämlich nicht für
große Fraktionen. Und die FDP lächelte auch – aus Freude über einen völlig überflüssigen, aber sündhaft teuren Vizepräsidentenposten, den sie zum Ausgleich für ihre finanziellen Verluste erhielt.

Das Lächeln wird ihr aber vielleicht noch vergehen. Bei den Änderungen des Abgeordneten- Gesetzes, die für die Anti-NPD-Maßnahmen nötig waren, leisteten sich die großen Verfassungshüter leider einige haarsträubende Verletzungen der Landesverfassung. Selbst dem notorisch zahmen Landesverfassungsgericht dürfte es schwer fallen, die von der NPD eingereichte Klage einfach vom Tisch zu wischen.

Die NPD-Fraktion wehrt sich. Jeder Angriff mit Geschäftsordnungstricks, jede Beleidigung, jede Schikane, wird sofort und prompt beantwortet. Davon sind die Etablierten so irritiert, daß ihre Reaktionen zunehmend wirrer und unberechenbarer werden.

Der NPD-Abgeordnete Stefan Köster verspricht sich und sagt "zionistisch" statt "zynisch", und die Kommentatoren überschlagen sich. Sein Kollege Birger Lissow äußert leise Zweifel an der offiziellen Lehrmeinung zu den Anne-Frank-Tagebüchern, und ein Sturm der Entrüstung bricht los.

Ein harmloser Ordnungsamtsleiter im pommerschen Anklam besucht eine Versammlung der Reichsbürgerbewegung und versäumt es, die dort getätigten Äußerungen sofort der Polizei zumelden. Schon wird er nach 15 Jahren untadeligen Dienstes suspendiert. Ein Mann, der
der örtlichen NPD wenige Wochen zuvor noch einen gesalzenen Bußgeldbescheid wegen einiger zu viel gehängter Plakate verpaßte!

Das System frißt seine Kinder.

Es wütet gegen einen Dorfbürgermeister, welcher der NPD-Fraktion zum Wahlergebnis gratuliert, und schleift ihn wochenlang durch Zeitungsspalten und Fernsehsendungen. Die Hilflosigkeit, die hinter dieser Raserei steckt, brachte der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff, kürzlich beim Besuch eines Gymnasiums zum Ausdruck. Dort forderte er mehr Einsatz der Bürger gegen Rechts, weil die großen Parteien zu schwach für die NPD seien.
Dabei hat die NPD-Fraktion doch grade erst angefangen!

Quelle: Deutsche Stimme
zurück | drucken Erstellt am Dienstag, 27. März 2007