Von Sebnitz, Jamel und anderen Seltsamkeiten

Wir erinnern uns noch an den Auftritt des Innenausschusses des Schweriner Landtages am 18.1.2007 in Jamel. Eine Horde von Politikern, angeführt vom leibhaftigen Innenminister, sprang aus den Dienstfahrzeugen, spazierte 10 Minuten durch das Dorf und war dann ganz sicher: Ja, hier hatten Neonazis massenweise Häuser niedergebrannt und mit brutaler Gewalt aufrechte Demokraten vertrieben. Wie konnte es nur so weit kommen? Jetzt mußte aber etwas geschehen im Kampf gegen Rechts!

Nur die NPD ließ sich nicht von der Hexenjägerstimmung anstecken. Sie kündigte eine eigene Untersuchung an, die sie jetzt auch durchgeführt hat, und zwar im Zustand der Nüchternheit und geistigen Klarheit, was die etablierten Politiker im Innenausschuß auch einmal hätten versuchen sollen.

Schon die Erinnerung an Sebnitz hätte sie warnen müssen. Wie wahrscheinlich war es damals, dass eine Horde Gewalttäter mitten in einem öffentlichen Schwimmbad, vor den Augen Hunderter Bürger, einen kleinen Jungen ertränken konnte, ohne daß auch nur einer der Anwesenden die Behörden informierte? War es glaubhaft, daß so etwas jahrelang geheim blieb? Skepsis hätte angesagt sein müssen, dann hätten sich manche großen Wortführer des BRD-Systems eine herbe Blamage ersparen können.

Und jetzt Jamel: Wie wahrscheinlich ist es, daß ein Staat, der sofort zum Großeinsatz bläst, wenn ein Besoffener das Horst-Wessel-Lied singt, die systematische Vertreibung antifaschistischer Musterbürger durch Neonazis zulässt?

17 Jahre lang soll das gehen. Immer wieder klopfen verzweifelte Demokraten in kalten Winternächten, frisch verjagt aus ihren warmen Stuben, mit nichts als dem Grundgesetz und natürlich dem Tagebuch der Anne Frank unterm Arm, die sie in der Eile gerade noch
retten konnten, an die Fenster von Staats – und Verfassungsschutz, und nichts passiert?

In einem Land, das die sofortige Suspendierung eines Dorfbürgermeisters betreibt, nur weil der der NPD-Fraktion einen Gratulationsbrief zum Wahlsieg schrieb? Das geifernd einen Ordnungsamtsleiter nach dem Besuch einer rechtsgerichteten Versammlung aus dem Amt jagt?

Von dieser nüchternen Überlegung ließ sich die NPD-Delegation leiten. Wo die Etablierten jedes Schauermärchen glaubten, zogen sie plausible, lebensnahe Erklärungen für die Ereignisse in Jamel vor.

Von den Medienlegenden blieb nichts übrig.

Die Legende: Neonazis von außerhalb vertrieben arme Einheimische.
Die Wahrheit: Die angeblich zugereisten Rechten sind die Einheimischen!

Die Legende: Der Betreiber eines Pferdehofs sei verjagt worden.
Die Wahrheit: Der Mann scheiterte, wie so viele Glücksritter mit großen
Plänen, die nach der Wende gen Osten zogen, schlicht und einfach als Investor.

Die Legende: Der Pferdehof sei von Rechten demoliert worden.
Die Wahrheit: Ein Künstlerpaar, das das Gebäude kurzzeitig bewohnte, hielt es für eine gute Idee, zwecks Einrichtung eines Ateliers einen Stützbalken herauszunehmen. Daher das heutige Erscheinungsbild.

Die NPD-Delegation sah nichts Sensationelles. Dafür erfuhr sie von ganz gewöhnlichen Nachbarschaftsstreitigkeiten, und dem üblichen Monopoly mit Grundstücken, inszeniert von auswärtigen Geschäftemachern.

Der größte Blödsinn ist die Mär von dem einen "Normalen", den die Rechten übrig gelassen hätten. Diesen Wunderknaben haben wir nicht getroffen, weil es ihn gar nicht gibt. In Jamel leben Bürger mit allen möglichen politischen Einstellungen. Sie würden auch ein friedliches Dasein führen, wenn die Hysteriker aus Presse und Politik nicht wären.
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 14. März 2007