Daß die Umerziehung zuweilen skurrile Blüten treibt, ist allseits bekannt. An Fäkalsprache mangelt es in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht. Arno Schmidt, immerhin Goethe-Preis-Träger der Stadt Frankfurt (Main), schwang sich vor etwa 20 Jahren zu Ergüssen auf, die hierzulande ausreichen, um in der Medienwelt herumgereicht zu werden. So seien die Deutschen "doch immer derselbe unveränderte Misthaufen, ganz gleich welche Regierungsform. Schließlich ist es auch wirklich egal, ob ein Kuhfladen rund oder ins Quadrat getreten ist: Scheiße bleibt’s immer." Seine Nachnamensvetterin, die SPD-Renate, erklärte ebenfalls in den Achtzigern, das Geburtendefizit der Deutschen sei ihr "verhältnismäßig wurscht", was sie Jahre später offenbar dafür prädestinierte, das Amt einer Familienministerin zu bekleiden.
Mittlerweile bedarf es eigentlich keiner direkten alliierten Kontrolle mehr, da sich, wie es der unvergessene Schriftsteller Gustav Sichelschmidt formulierte, offenbar immer genügend "Flavus-Deutsche" finden, die als kleingeistige, oftmals aber große Wirkungen hervorrufende Meinungsführer und –verbreiter in der Lage sind, das Volk auf Zack zu bringen. Als Mitarbeiter in entscheidenden, weil meinungsbildenden Gremien (Medien, Schule) tätig, reichen sie ihre Geistreicheleien weiter, in der Hoffnung, sie in möglichst großer Zahl vervielfältigt zu sehen.
Einen kleinen, aber nichtsdestoweniger aufschlußreichen Einblick in die "Geisteswelt" solcher Möchtegern-Meinungs-Multiplikatoren liefert ein Beitrag im Weltnetz-Gästebuch der Schweriner Volks-Zeitung. Ein Nutzer namens Lars Dittmar schreibt hier unter dem 18. September:
"Angesichts des Einzugs der NPD in den Landtag und des hohen Anteils, den daran die Wähler unserer östlichen Landkreise haben, möchte ich vorschlagen, doch noch einmal intensiv über die Kreisgebietsreform nachzudenken. Mir schwebt hier eine europäische Lösung vor. Mit dem Zuschlag der Kreise Uecker-Randow und Ostvorpommern zum Wahlkreis Stettin könnten dann gleich mehrere Probleme mit einem Schlag gelöst werden.
1. Spätestens nach der nächsten Wahl hätte sich das Problem NPD im Landtag in MV gelöst und in Stettin dürfte es der NPD kaum gelingen, ihr Wählerpotential zu erweitern.
2. Die Wähler auch dieser Partei müßten nicht mehr bei Ausländern einkaufen oder zu diesen zum Friseur gehen und das, ohne ihre Gewohnheiten zu ändern.
3. Die NPD in Stettin müßte ihre Begriffswelt dringend überarbeiten, weil die Gefahr bestände, daß sie auf einmal selbst der Gruppe der Ausländer oder sogar der Asylbetrüger zugeschlagen werden könnte.
In diesem Sinne möchte ich unseren Politikern Mut – auch zu unkonventionellen Lösungen – machen. Wozu gibt es denn Europa – wenn’s hilft! Bleibt die Befürchtung, daß Stettin diesem Vorschlag nicht zustimmen könnte; die haben vielleicht etwas mehr gelernt aus der eigenen Geschichte. In diesem Sinne: DEUTSCHE – kauft nicht bei NAZIS!"
Nun hat sich im SVZ-Forum zu diesem nationalmasochistischen Schwachsinn bislang kaum jemand geäußert. Genaugenommen nur einer: "Andreas" unterstellte dem Skribenten politisch korrekt, "nicht besser" als die NPD zu sein; stattdessen müsse man sich um die Sorgen und Nöte der Wählerinnen und Wähler der volkstreuen Partei mehr kümmern. Wers’ glaubt … Und dennoch: Solange von gesundem Instinkt getragene Abwehrreaktionen wie diese noch funktionieren, ist, mit Verlaub, "Polen noch nicht verloren".
Auch Dittmar selbst darf nicht an einen wie auch immer gearteten Pranger gestellt werden. Er kann es halt nicht besser wissen, weil Sozialkunde- und Geschichtslehrer es auch nicht besser wissen (wollen) und ihm die Mär von der "deutschen Schuld" tagein, tagaus auftischten, was fraglos auf einen nicht mehr näher zu bestimmenden Teil der Erlebnisgeneration ebenso zutrifft. An dieser Stelle bietet sich an, auf ein scheinbares Paradoxon hinzuweisen: Obgleich Dittmar sich entschieden antideutsch äußert, verkörpert er doch eine Haltung, die der Kategorie "Typisch Deutsch" ohne weiteres zugeordnet werden kann.
Der schon erwähnte Gustav Sichelschmidt (nur ein Beispiel für wahrhafte Volksaufklärung) entwirrte das Knäuel in seiner 1989 erstmals erschienenen Schrift "Der Nationalmasochismus. Diagnose einer deutschen Zeitkrankheit". Der Autor führt dabei einige zeitgeistkritische Zitate (beispielsweise von Luther und Lichtenberg) an, die sich auf die deutsche Volksseele beziehen. Sichelschmidts Schlußfolgerung: "Die Erkenntnis, daß die Deutschen mit ihrer fatalen Neigung zur Selbstanschuldigung und zur Devotion einen ganz und gar exzeptionellen Rang unter den Völkern einnehmen, datiert, wie man sieht, nicht erst von heute".
Den derbsten Einschnitt hat dabei die Niederlage von 1945 hinterlassen, indem sie die Schattenseiten unseres Volkscharakters nachhaltig hervortreten ließ. Durch "zynische Preisgabe ihrer Traditionen" gerieten die Deutschen, wie es Sichelschmidt ausdrückt, "in einen Aggregatzustand wie Wachs. Man konnte sie nach Belieben formen oder verformen".
Die einmal verinnerlichte "immerwährende Kollektivschuld der Deutschen" hat sich mittlerweile zu einem Schema entwickelt, das sich bequem auf Ereignisse der Jetztzeit übertragen läßt, in diesem Fall auf jene, die einer einem selbst nicht genehmen Bewegung ihre Stimme gegeben haben – und auf jene rund 50 Prozent, die von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machten oder (konsequent weitergedacht) einer Systempartei die Stimme gaben. Denn auch letztere sollen, ginge es nach Herrn Dittmar, unter polnische Verwaltung gestellt werden. Die Bürger von Sebnitz werden sich noch gut daran erinnern, wie erschreckend reibungslos der "antifaschistische Reflex" hierzulande bei leider noch zu vielen funktioniert. Nachdem ein im Freibad verunglückter Junge, Zögling aus einer deutsch-irakischen Ehe, zunächst als Opfer "rechtsextremistischer Skinhaeds" dargestellt worden war, produzierten sich im Forumbereich der städtischen Weltnetzseite selbsternannte Gutmenschen derart, daß sich die Stadtverwaltung daraufhin gezwungen sah, den Bereich für Zuschriften zu sperren.
Andererseits entsteht der Eindruck, daß auch ein Dittmar der Zeit ein wenig hinterherhinkt. Sowohl die DS als auch der NPD-Landesverband Mecklenburg und Pommern wiesen – letzterer im erfolgreichen Wahlkampf – auf einige Verwerfungen hin, die von den Oberen des Uecker-Randow-Kreises zu verantworten sind: Ein "Anwerbebüro" in Stettin wird genutzt, um polnische Familien in das ohnehin aus offenen Wunden blutende Grenzgebiet zu locken, derweil junge Deutsche dank der repressiven Hartz-Gesetze förmlich außer Landes geekelt werden. Daß Landrat und Bürgermeister ihre Maßnahmen aus dem gleichen "Weltbild" speisen wie Herr Dittmar seine Äußerungen, liegt auf der Hand.
"Alles zu spät also?" mag sich angesichts der kurzen Bestandsaufnahme so manch durchaus national denkender Zeitgenosse fragen. Den zu Recht Traurigen sei gesagt, daß die durch gewollte Bindungslosigkeit erzeugte "seelische Unbehaustheit" (Sichelschmidt) mehr und mehr Menschen bewußt wird. Vor rund zehn Jahren noch zog sich die Frage, wie denn nun die medial erzeugte "Schweigespirale" durchbrochen werden könnte, wie einroter Faden durch sämtliche nationale Publikationen. Die Entwicklung der Technik (Weltnetz!) und vor allem das immer mehr um sich greifende Bewußtsein, die Hinterzimmer zu verlassen, haben zu einem zahlenmäßigen, aber auch qualitativen Anwachsen der deutschen Freiheitsbewegung geführt. Ansatzweise ist der Einbruch in sogenannte bürgerliche Kreise immerhin schon gelungen. Parlamentswahlen betrifft die Feststellung ebenso wie die Zunahme von "Graswurzel-Projekten" (Kulturkreise, Siedlungsbewegung, Kinderfeste, Medien u. ä.). Klar ist aber auch, daß viele deutsche Menschen erst und nur dann aufwachen, wenn’s von Staatswegen so richtig an den eigenen Geldbeutel geht. Und (auch "typisch deutsch"): Es waren in Zeiten von Umbrüchen immer kleine Scharen von Aktivisten, die durch ihr beharrliches Eintreten für die volkstreue Sache mehr und mehr ihrer zunächst noch abseits stehenden Zeitgenossen mitrissen und letztlich noch eine Wende herbeiführten.
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Erstellt am Samstag, 07. Oktober 2006