Amtsgerichts-Standort = Tradition, Bedeutung und Identität

Einige Landsleute werden sich möglicherweise gefragt haben, welche Position die NPD zum Vorhaben der Landesregierung bezieht, die Struktur der Amtsgerichte in M-V radikal auszudünnen.

Unter Punkt 374 der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD heißt es: „Im Hinblick auf die demographische Entwicklung stehen langfristig tragfähige Strukturen bei den Gerichtsbarkeiten und Staatsanwälten im Vordergrund. Im Rahmen der Gerichtsstrukturreform ist die Zahl der Gerichtsstandorte der Struktur der Kreisgebietsreform anzupassen.“ In Zahlen ausgedrückt, bedeutet das: Von derzeit 21 Standorten sollen nur zehn übrigbleiben.

Vor einem knappen Jahr wurde das Thema während einer Landtagssitzung behandelt. Der NPD-Abgeordnete, Rechtsanwalt Michael Andrejewski, nutzte dabei die Gelegenheit, sich gegen eine weitere Ausdünnung der Strukturen gerade im ländlich-kleinstädtischen Raum auszusprechen.
„Es ist vielleicht keine gute Idee, aus einer Stadt das Amtsgericht abzuziehen und dafür einen Demokratieladen hinzustellen. Letzterer steht, wie selbst der ,Nordkurier‘ in einem lichten Moment schrieb, wie ein gelandetes Ufo in der Stadt herum und die Leute fragen sich, was das soll. Die Amtsgerichte hingegen haben Tradition. Einige gibt es schon seit den Zeiten des alten Preußens, seit über 100 Jahren. Wenn eine Stadt Gerichtsort ist, verleiht ihr das Bedeutung. Das ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer Identität. (…)“

Die anderen ziehen ab, aber wir bleiben!

Weiter sagte Andrejewski: „Es ist die Erfahrung der Menschen vor Ort in vielen kleinen Städten, daß ständig etwas dichtmacht – in Anklam beispielsweise in letzter Zeit eine Berufsschule, die Schule für Grafik und Design, die nach Greifswald abgewandert ist, demnächst das Landratsamt, wovon dann auch nur noch eine Zweigestelle übrigbleibt, wenn man Glück hat und gerade eben auf dem Gebiet der Wirtschaft auch noch der letzte Schlecker-Markt. Die Stadt wird immer weniger. Und jetzt womöglich auch noch das Amtsgericht, das vielleicht erst zur Zweigstelle degradiert wird, bevor es ganz verschwindet.“ 

„Wie“, so der NPD-Volksvertreter abschließend, „wollen Sie denn Regionen für Ihr politisches System gewinnen, wenn Sie sie fallenlassen? Da können Sie noch so viele Missionare schicken, die den verstockten Eingeborenen Demokratie und Toleranz predigen sollen. Je weniger der Staat den Bürgern zu bieten hat, desto mehr Leute werden auf diejenigen hören, die sagen: Vergeßt dieses System, orientiert euch neu, seht her, die anderen ziehen ab, aber wir bleiben!“

Quelle: Niederschrift der Landtagssitzung vom 16. März 2012
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 31. Januar 2013