Die Statistik-Schummler

Daß die offiziell bekanntgegebenen Arbeitslosenzahlen hinten und vorn nicht stimmen, ist hinlänglich bekannt. Wer aber zählt nach offizieller Lesart nicht zum Kreis der erwerblosen Personen?

In den zurückliegenden 30 Jahren gab es bei der Erfassung der Arbeitslosenzahlen immerhin 18 Änderungen. Im Ergebnis entstand bei der Bundesagentur für Arbeit eine Mogel-Statistik, nach der folgende Personengruppen nicht als arbeitslos gelten:

  • Menschen, die mindestens 58 Jahre alt sind und wenigstens zwölf Monate ALG II beziehen, ohne ein Stellenangebot bekommen zu haben;
  • Arbeitslose in Weiterbildungs- und Förderungsmaßnahmen;
  • Arbeitsgelegenheiten – Mehraufwandsvariante („Ein-Euro-Jobber“);
  • kranke Erwerbslose;
  • Arbeitslose, die durch private Vermittler betreut werden, wobei jene Erwerbslosen aus der Statistik herausfallen, egal, ob es zu einem Vermittlungserfolg kommt;
  • Personen, die sich nicht arbeitslos melden;
  • Arbeitslose in Fortbildungs- und Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen;
  • Personen, die ALG II erhalten und eine gemeinnützige Arbeit übernehmen;
  • Personen in Altersteilzeit;
  • Personen, die für neun Monate einen Existenzgründungszuschuß erhalten;
  • arbeitslose Alleinerziehende, die keinen Kita-Platz bekommen;
  • Arbeitslose, die zu Hause Angehörige pflegen;
  • arbeitsuchende Berufsanfänger.

Realistische Schätzungen gehen davon aus, daß es in der BRD statt der vollmundig verkündeten drei Millionen zwischen 4,5 und 7 Millionen Erwerbslose gibt.

„Aufschwung“ mit atypischen Beschäftigungs-Verhältnissen

Hinzu kommen Zeitgenossen, die zwar mehr als 15 Wochenstunden arbeiten, deren Einkommen aber nicht reicht, um aus eigener Kraft über die Runden zu kommen. In M-V gibt es deutlich über 50.000 Beschäftigte, die auf zusätzliche Finanzhilfen angewiesen sind. Ein Drittel von ihnen hat eine Arbeitszeit von acht Stunden und darüber. Mittlerweile sind auch immer mehr Selbständige gezwungen, Hilfe beim Amt zu beantragen. Im Nordosten betrifft dies mittlerweile rund 4.000 Personen; drei Jahre zuvor lag die Zahl der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen mit Einkommen  aus selbständiger Tätigkeit bei „nur“ 2.800.
 
Bundesweit sind 75 Prozent der in den vergangenen fünf Jahren geschaffenen Arbeitsplätze atypische Beschäftigungsverhältnisse: Leiharbeit (mindestens 750.000 Personen), „Minijobs“ (7,3 Millionen), befristete Anstellungsverhältnisse. Das permanente Gerede der herrschenden Klasse vom Aufschwung verkommt bei näherem Hinschauen zur Farce und erinnert an die Schönfärberei der vor sich hinsabbernden Alt-Herren-Riege um Honecker und Konsorten.
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 01. Februar 2012