Der Landtagsdirektor und die Anzeige



Nein, da versteht er anscheinend keinen Spaß, offenbart er sich als politisches Sensibelchen und sturer Paragraphen-Reiter. Landtagsdirektor Armin Tebben bereitet momentan eine Anzeige vor. Betroffen sind Angehörige einer NPD-Besuchergruppe. Ihnen wird unter anderem zur Last gelegt, am 1. Juli von der Zuschauertribüne des „Hohen Hauses“ eine Aktion von NPD-Abgeordneten mit lautstarkem Beifall begleitet zu haben. Der Vorwurf lautet auf „Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans“ (§ 106b Strafgesetzbuch).
 
Was aber trug sich seinerzeit zu? Die Abgeordneten Udo Pastörs und Tino Müller hatten im Anschluß an einen Redebeitrag ein Transparent mit der Aufschrift „Heimat und Kultur erhalten“ in die Höhe gereckt. Anlaß war ein von den Nationalen eingebrachter Antrag, mit dem sie sich für einen Erhalt der traditionsreichen Schweriner Sportstätte „Paulshöhe“ eingesetzt haben.  
 
Als sie das Banner erblickten, sprangen die noch anwesenden Vertreter der selbsternannten demokratischen Parteien wie das Rumpelstilzchen im Karree. Einige der „Volksvertreter“ deuteten gegenüber den nationalen Abgeordneten gar Faustschläge an. Nur dem besonnenen Verhalten Pastörs’ und Müllers war es zu verdanken, daß die Situation nicht eskalierte.
 
Besucher sollen in kriminelles Licht gerückt werden
 
Unter den Besuchern befanden sich auch von der NPD eingeladene Zeitgenossen, denen der Erhalt der Paulshöhe erst recht ein Herzensbedürfnis ist, da sie dort als Sportler oder Anhänger einen beträchtlichen Teil ihrer Freizeit verbringen. Daß sie infolge der Aktion mit dem Transparent spontan ihren Beifall bekundeten, ist menschlich nur allzu verständlich. Um sie jetzt noch in ein kriminelles Licht zu rücken, wird ihnen vorgeworfen, Mitglieder der „demokratischen“ Fraktionen beschimpft zu haben. Auch seien die „Tumulte“ im Zuschauerbereich des Landtages geplant gewesen. 
 
Damit das Ganze ein „Fundament“ erhält, wird der Gummi-Paragraph 106 b StGB bemüht, in dem es heißt: Wer gegen Anordnungen verstößt, die ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder sein Präsident über die Sicherheit und Ordnung im Gebäude des Gesetzgebungsorgans oder im Einzelfall erläßt, und dadurch die Tätigkeit des Gesetzgebungsorgans hindert oder stört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
 
Besuchergruppen am besten gleich Fußfesseln anlegen
 
Gehindert? Gestört? Das wirft die Frage auf, worin Kabinett und Abgeordnete an jenem 1. Juli gehindert oder gestört worden sind. An diesem Tage, der letzte der 5. Wahlperiode, waren, was Anträge und Gesetzentwürfe betrifft, alle Messen gelesen. Rein juristisch ist der Nachweis zu erbringen, daß die Tätigkeit des Gesetzgebungsorgans verhindert oder gestört worden ist. Auf die Beweise darf man jetzt schon gespannt sein.
 
Ob die Suppe so heiß gegessen wird, wie sie gekocht wurde, bleibt abzuwarten. Möglicherweise werden bei einem Wiedereinzug der NPD in den Landtag die Besuchergruppen der Nationalen auf Schritt und Tritt von der Polizei überbewacht. Um ganz sicher zu gehen, empfehlen wir das Anlegen von Fußfesseln.
 
Insgesamt entsteht der Verdacht, daß aus einer Mücke ein Elefant gemacht werden soll, weil es sich um Besucher der NPD-Fraktion gehandelt hat. Alles in allem ging es in der nun zu Ende gehenden Wahlperiode im „Hohen Hause“ gesittet zu. Wichtig dabei, daß Abgeordnete und Mitarbeiter der nationalen Fraktion auf Pöbeleien des einen oder anderen Mitglieds des demokratischen Blocks, allen voran der SPD-Fraktionsvorsitzende Nieszery, nicht weiter eingegangen sind.  
 
Reichskanzler Otto von Bismarck jedenfalls hätte die Schweriner Angelegenheit sicherlich mit einem Schulterzucken hingenommen und kurz und bündig bemerkt: „So kommt wenigstens Stimmung in die Langeweile des parlamentarischen Alltags.“
zurück | drucken Erstellt am Sonntag, 07. August 2011