Fehlende Linkspartei-Direktkandidaten: Zufälle gibt`s!

In zwei Landtagswahlkreisen wird die Linkspartei nicht mit Direktkandidaten antreten können. Angeblich wurden die notwendigen Wahlunterlagen vermutlich im Wahlkreisbüro des Linkspolitikers Peter Ritter verschlampt. Tatsache ist jedenfalls, die Wahlunterlagen für die Wahlkreise Demmin 1 (Wahlkreis 13) und Demmin 2 (Wahlkreis 14) der Partei Die Linke wurden nicht fristgerecht beim jeweiligen Kreiswahlleiter eingereicht. In der Folge kann die Partei dort nicht mit Direktkandidaten ins Rennen gehen.

Was auf dem ersten Blick erheiternd oder vielleicht auch ärgerlich ist, erweist sich beim näheren Hinsehen als Ansammlung interessanter Zufälligkeiten. In den Prognosen zur diesjährigen Landtagswahl ähneln die Zahlen für CDU, SPD und Linke dem Wahlergebnis von 2006. Damals erhielt die SPD 23, die CDU 22 Mandate. Vor diesem Hintergrund lohnt es, einmal in die Zahlen einzusteigen.

Im Wahlkreis Demmin 1 holte die CDU 2006 bei der Landtagswahl ihr mit Abstand bestes Erststimmenergebnis und erhielt damals 41 Prozent. Wahlkreissiegerin wurde die CDU-Kanndidatin Renate Holznagel, die diesmal nicht wieder antritt. Die Kandidaten von SPD und Linke erhielten zusammen 47,3 Prozent der Erststimmen und gingen leer aus. Diesmaliger CDU-Kandidat ist der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Jürgen Seidel, der auch gleichzeitig stellvertretender Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern ist. Seidel wiederum kam 2006 über die CDU-Landesliste in den Landtag. Aufgrund der vielen CDU-Direktmandate reichte hierfür vor fünf Jahren und vermutlich auch in diesem Jahr lediglich der Listenplatz 1 und 2. Statt auf Listenplatz 1 wie im Jahre 2006, steht der Wirtschaftsminister aber diesmal nur auf dem wahrscheinlich chancenlosen Platz 5! Eine Absicherung auf der Landesliste schien unnötig, weil Seidel ja den bisher sichersten CDU-Direktwahlkreis besetzt. Der Ausfall des Direktkandidaten der Linkspartei könnte jetzt ganz zufällig dafür sorgen, den CDU-Spitzenmann komplett durchfallen zu lassen! Zwar benötigt ein Minister in Mecklenburg-Vorpommern kein Abgeordnetenmandat, aber bei einer Neuauflage der rot-roten Koalition im Land wäre Seidel weder im Parlament noch in der Regierung! Und der fehlende Kandidat der Linken? Der Lokalpolitiker Eckhardt Tabbert wird es verkraften können, mit 18 Prozent war die Linke 2006 vom Direktmandat meilenweit entfernt, auf der 34köpfigen Landesliste seiner Partei kandidiert Tabbert erst gar nicht. Profitieren könnte hingegen die SPD-Kandidatin Sabine Kohls, bisher mit Listenplatz 26 der SPD hoffnungslos, jetzt plötzlich auf dem direkten Weg in den Landtag. Denn die Wahrscheinlichkeit, Wähler der Linkspartei bevorzugen im Notfall mit der verbliebenen Erststimme lieber den Direktkandidaten der SPD als den der CDU dürfte zutreffen.

Der Wahlkreis Demmin 2 ging 2006 ebenfalls an die CDU. Dort setzte sich mit 31,8 Prozent Marc Reinhardt gegen die Bewerber von SPD und Linkspartei durch. Letztere erhielten zusammen ebenfalls 47,3 Prozent. Da auch hier der Kandidat der Linkspartei durch Schusseligkeit wegfällt, dürften die Aussichten für die CDU recht eingetrübt sein. Für den CDU-Kandidaten Reinhardt durchaus tragisch, mit dem aussichtslosen Landeslistenplatz 10 der CDU ist dieser alles andere als wieder im Landtag. Für den SPD-Kandidaten Thomas Krüger, übrigens Landesgeschäftsführer der SPD Mecklenburg-Vorpommern und sicher somit auch versiert in Sachen Wahrecht, erhöhen sich die Chancen hingegen erheblich. 2006 konnten 8 SPD-Genossen über die Landesliste ins Parlament rücken. Krüger steht diesmal auf Platz 12, da kommt auch bei ihm sicher Freude über die unerwartete Wahlkampfhilfe von Linksaußen auf. Für den ausgefallenen Direktkandidaten der Partei Die Linke, Peter Ritter, ehemaliger NVA-Politoffizier und ehemaliger Landesvorsitzender seiner Partei und sicher strategisch denkend, ist diese Konstellation aber gottlob nicht weiter tragisch. Ritter ist glücklicherweise auf Listenplatz 4 seiner Partei abgesichert. Zufälle gibt`s! Ach ja, 2006 erhielt Ritter 23 Prozent Erststimmen und hatte damals wie heute wohl ohnehin keine Aussicht auf das Direktmandat! Sollte die SPD hingegen zwei Direktmandate mehr erzielen, dann schmälert dies kaum die Aussicht stärkste Kraft im Landtag zu werden. Somit hätte die SPD dann den Regierungsauftrag und benötigt erneut einen Koalitionspartner.
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 06. Juli 2011