Ostsee-Gasleitung spült Millionen in den Landeshaushalt

Über zwei Anschlußleitungen (OPAL - Ostsee Pipeline-Anbindungs Leitung und NEL - Norddeutsche Ergasleitung) sollen bereits ab diesem Jahr bzw. ab 2012 jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach West- und Südeuropa geliefert werden. Nach Plänen des Betreiberkonsortiums, der Nord Stream AG, werden hierfür bis zum Bauabschluß 1.220 Kilometer Pipeline-Rohre verlegt. Mehrere hundert Kilometer der gewaltigen Röhren verlaufen quer durch Mecklenburg-Vorpommern, was erhebliche Auswirkungen auf die oft unberührte Naturlandschaft nach sich zieht.  
 
Dementsprechend ist Nord Stream im Rahmen eines Planungsfeststellungsbeschlusses vom Stralsunder Bergamt verpflichtet worden, Ausgleichszahlungen an das Land zu leisten. Dieses wiederum sollte eigentlich die Summen in Umweltprojekte fließen lassen. Eigentlich. 
 
Millionenbudget für Wahlkampfzwecke?
 
Da bekanntlich die Energieriesen E.ON, Ruhrgas AG und die N.V. Nederlandse Gasunie an der Nord Stream AG mit Sitz im schweizerischen Zug beteiligt sind, handelt es sich bei den Ausgleichzahlungen um Summen in Millionenhöhe. Auf insgesamt 3,7 Millionen Euro belaufen sich diese, die Nord Stream direkt dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz zukommen lassen muß.
 
Doch dort ist man nicht gerade in Aktionismus gefallen, um die Gelder umgehend zum Ausgleich für die Umweltschäden einzuplanen. Bereits jetzt hagelte es Kritik aus den Reihen der „Ökos“ und seitens der Naturschutzverbände, die dringend Gelder für Renaturierungs- oder Kompensationsmaßnahmen benötigen. Die Tagespresse – ansonsten eher verhalten in ihrer Kritik an der Landesregierung – wittert sogar, daß das SPD-geführte Umweltministerium die Millionensumme allein deshalb hortet, damit Minister Till Backhaus im Vorfeld des Landtagswahlkampf medienwirksam Wahlkampfgeschenke leisten kann. Dabei sind es dieselben Stimmen, die gerade Altpolitiker wie Backhaus in der öffentlichen Berichterstattung hofieren und in einem möglichst günstigen Licht darstellen.
 
„Ablaßhandel“ bei schwerwiegenden Eingriffen in die Natur  
 
Auf der anderen Seite ließen sich gerade selbsternannte Vertreter des „grünen Gewissens“ auf eine Art mittelalterlichen Ablaßhandel ein. Allen sollen die Ausgleichsmillionen der landeseigenen Stiftung Umwelt- und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern zu Gute kommen – sofern sie denn mal ausgezahlt werden würden.
 
Nach dem Motto „Bares bei Umweltschäden“ profitieren aber auch Umweltverbände wie WWF und BUND von der OPAL. Beide Organisationen forderten noch 2009 die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, klagten vorm Oberverwaltungsgericht Greifswald und argumentierten, daß der Bau erhebliche Beeinträchtigungen für die Flora und Fauna in den küstennahen Gewässern sowie für den Greifswalder Bodden nach sich ziehen könnte. Doch bereits wenig später machten sie es sich in den Vorstands- und Beiratssesseln einer zehn Millionen Euro schweren Umwelt-Stiftung bequem, hinter der Nord Stream Pate steht. WWF und BUND hatten im vergangenen Jahr ihre bereits eingereichten Klagen gegen die OPAL zurückgezogen.
 
Ausgleichgelder für Umweltschäden
 
Es darf bezweifelt werden, ob die OPAL-Ausgleichsgelder letztendlich wirklich dem Zweck des Natur- und Umweltschutzes dienen. Beispielsweise soll ein 330 Hektar großes Wald- und Wiesenareal bei Hintersee, Gegensee und Ahlbeck (Uecker-Randow-Landkreis) als Ausgleichsfläche für die Eingriffe in die Natur in Folge der OPAL-Aktivitäten geschaffen werden. Dort betrifft es ein Gebiet, welches vor 250 Jahren trocken gelegt, kultiviert und landwirtschaftlich ununterbrochen genutzt worden ist. Über Generationen hinweg wurde in schwerer Handarbeit der Wildnis ein Stück Landwirtschaftsfläche abgerungen. Nun werden die Menschen vielerorts aus diesen Gebieten verdrängt. Das Ganze verkauft man unter dem positiv klingenden Begriff „Renaturierung“.
 
Anwohner befürchten als Folge der „Wieder-Vernässung“ unkontrollierte Grundwasserverhältnisse. Die Sorgen sind berechtigt: Eine Vermoorung kann – wie am Faulsee bei Anklam und anderen Gammelwiesen im Peenetal zu sehen ist – auch negative Folgen haben. Hinzu kommen Spekulationen, daß beim Martenschen Bruch erst von einer biotopischen Aufwertung nach 25 Jahren ausgegangen werden kann. Somit veranschaulicht die Renaturierung des Martenschen Bruchs sehr deutlich, daß Ausgleichsflächen auch um den Preis überschwemmter Keller geschaffen werden, damit der Profit für das Betreiberunternehmen nicht geschmälert wird. Kaum einer der selbsternannten Umweltaktivisten fragt, wieso ökologisch stabile Kulturlandschaften nicht erhalten bleiben sollen und stattdessen lieber der Mensch abermals eingreift, um mit

Renaturierungsmaßnahmen eine gänzliche andere Umwelt zu schaffen. Derartige Appelle und die berechtigten Befürchtungen der „Renaturierungs-Betroffenen“ dürften allerdings den Mauscheleien um die Nord Stream Ausgleichsgelder kaum einen Abbruch tun.
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 30. März 2011