Gysi gegen NATO-Abschaffung?

In einem Punkt zumindest galt die Linke bislang als unangreifbar: im Bereich der Antikriegspolitik. Kein Monat vergeht, ohne daß sich führende Politiker der Roten nicht in entsprechenden Erklärungen ergehen.  

Die NATO betreffend, sprechen sich die Linken für einen Ersatz des Bündnisses durch ein Sicherheitssystem aus, in das Rußland einbezogen werden soll. Soweit die offizielle Linie der SED-Nachfolgepartei. Nunmehr aber dürfte die Führung auch gegenüber vielen Genossen in Erklärungsnöte geraten. Ihr wohl bekanntester Mann, Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Bundestag, soll in geselliger Plauderrunde mit US-Botschafter Philip Murphy bekannt haben: Die Forderung nach einer Abschaffung des Bündnisses sei zwar der bessere Weg, wogegen er, Gysi, den Austritt der Bundesrepublik aus der NATO als den „gefährlicheren“ einstufe. Für eine NATO-Auflösung, so habe Gysi weiter erklärt, sei aber letztlich die Zustimmung der USA, Frankreichs und Großbritanniens vonnöten, was er aber als unrealistisch betrachte. Die Auslassungen Gysis hatte Murphy treu und brav in seine Heimat übersandt, wo sie den Weg zu den Machern der Netzseite „Wikileaks“ fanden. Dort waren in den vergangenen Monaten teils brisante, nicht für „Otto Normalverbraucher“ bestimmte Dossiers veröffentlicht worden. Laut Spiegel Online (18.12.2010) könne sich Gysi an den genauen Wortlaut der Unterredung nicht erinnern (er vermutet „Übersetzungsfehler“, da „das Gespräch in Deutsch geführt wurde“ ...)  

Die NPD-Position zu NATO, Washington und Angriffskriegen

Hier lohnt es, sich wieder einmal begreiflich zu machen, welches Hauptziel dieses militärische Bündnis verfolgt. „Der Name des Monsters ist NATO, und sein Auftrag läßt sich präzise umreißen: die Durchsetzung des weltweiten Vormachtanspruches der USA mit allen Mitteln, von den politischen Weißwäschern auch gern als ,Verteidigung von Demokratie und Freiheit’ in der Welt verkauft“, traf Dr. Kersten Radzimanowski, geschäftsführender letzter Außenminister der DDR, in einem Beitrag für die Deutsche Stimme den Nagel auf den Kopf. 

Die NPD dagegen bekennt sich ohne Wenn und Aber zum Grundsatz der Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten. Der Beteiligung am aggressiven  außenpolitischen Kurs der Washingtoner Kriegstreiber wird sie stets eine Absage erteilen. Stattdessen fordert die NPD den Abzug aller derzeit im Ausland stationierten deutschen Soldaten.

Ihren Standpunkt haben die Volkstreuen auch im Landtag von M/V zur Sprache gebracht. Im Herbst 2009 forderten sie den Austritt der Bundesrepublik Deutschland aus der NATO, die sich, so die Begründung des Vorstoßes, „immer mehr in Angriffskriege unter Führung der USA“ verstricke. Im Falle der NATO handele es sich mittlerweile eher um ein Angriffsbündnis zur Durchsetzung geostrategischer Interessen Washingtons als um einen Verteidigungspakt.  

Das sei auch einem Gysi ins Stammbuch geschrieben. Und vielleicht haben die Wikileaks-Enthüllungen ja auch ihr Gutes: dann nämlich, wenn so manch Links-Genosse erkennt, daß ihm mit der offiziellen Linie seiner Partei zur NATO nur eine Beruhigungspille verabreicht worden ist. 
zurück | drucken Erstellt am Samstag, 25. Dezember 2010