Kreisgebietsreform: Breite Klägerfront

Geht es nach der rot-schwarzen Landesregierung, besteht M/V ab Herbst 2011 aus sechs XXL-Kreisen im Saarlandformat. Nicht überall werden deswegen die Arme nach oben gerissen.
 

Mehr noch: Fünf der jetzt noch zwölf Landkreise und zwei kreisfreie Städte kündigten an, gegen das Reformvorhaben klagen zu wollen. Neben Wismar und Greifswald sind dies Ostvorpommern, Rügen, Uecker-Randow, Ludwigslust und Müritz.
Die Chancen stehen nicht einmal schlecht. Schon einmal erhielten Befürworter von Monsterkreisen vom Landesverfassungsgericht (LVG) ein paar kräftige Watschen. Im Juli 2007 hatte das LVG in Greifswald das damalige „Verwaltungsmodernisierungs-Gesetz“ (es sah sogar nur fünf Landkreise vor!) der rot-roten Koalition für schlichtweg verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz lasse das Prinzip der Überschaubarkeit außer Acht. Gerichtspräsident Gerhard Hückstädt wortwörtlich: „Kreise müssen so gestaltet sein, daß es den Kreistagsabgeordneten möglich ist, eine ehrenamtliche Tätigkeit im Kreistag und seinen Ausschüssen zu entfalten.“
 
Mit dem Hubschrauber zur Sitzung?
 

Schon die jetzigen Kreistage, Ergebnis der ersten Gebietsreform von 1994, böten Freiberuflern und Selbständigen kaum noch Möglichkeiten der Mitwirkung.
Das würde in Kreisen, die an Größe das Saarland um das Zwei- oder gar Dreifache übertreffen, erst Recht der Fall sein. Zynisch betrachtet, müßte der eine oder andere Abgeordnete dann wohl einen Hubschrauber ordern, um zu den Sitzungen zu gelangen. Plastisch formulierte es auch Rügens Landrätin Kerstin Kassner: „Wie soll sich ein Abgeordneter aus Sassnitz über eine Schulrenovierung in Ribnitz-Damgarten ein Bild machen?“
 
Das will die nationale Opposition:

 
Die NPD-Fraktion hat der Enquete-Kommission des Landtags bereits im Februar 2008 einen alternativen Vorschlag gemacht. Das nationale Gegenmodell zielt darauf ab, die noch bestehenden Kreisstädte zu erhalten und zu stärken. Die Landkreise würden in diesem Fall auf ein verfassungsrechtlich unbedenkliches Minimum reduziert und den Großteil ihrer Aufgaben an die Städte abgeben. Die Behördenmitarbeiter müßten sich lediglich mit einem Dienstherrenwechsel abfinden.  Der Streit zwischen Kommunen, die bislang gut miteinander auskamen und nur durch die Reform aufeinandergehetzt wurden, fände ein Ende. Die umlandbetreuende Stadt wäre geschaffen.  
Ob dieser Pfeil erneut aus dem Köcher gezogen werden kann, hängt natürlich vom Ausgang des Klageverfahrens ab.
zurück | drucken Erstellt am Sonntag, 24. Oktober 2010