Volkssolidarität: Jetzt Fluchtversuch nach vorn

Im Streit um die geplatzten Immobilienfonds der Volkssolidarität hat jetzt einer der beiden betroffenen Kreisverbände die Flucht nach vorn angetreten.

Der KV Mecklenburg-Mitte (Güstrow) will gegen die Geschäftsführer der inzwischen insolventen Volkssolidarität-Sozial-Immobilien GmbH eine Schadenersatzklage anstrengen. Ob und wann es dazu kommt, sei allerdings noch unklar. Bislang hatten ausschließlich geprellte Anleger geklagt; so wurden Mitte Oktober beim Landgericht Rostock fünf Schadenersatzklagen eingereicht. Zuvor war eine Klage eines Güstrower Ehepaars wegen Verjährung abgewiesen worden.

Im Visier der Staatsanwaltschaft

Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen richten sich gegen 17 Personen. Ihnen werden Insolvenzverschleppung, Anlagebetrug und Untreue vorgeworfen. VS-Funktionäre der Verbände Bad Doberan/Rostock-Land und Mittleres Mecklenburg sollen zumeist älteren Bürgern, die auf den guten Ruf der Wohlfahrtsorganisation vertrauten, über eigens gegründete GmbH riskante Anlagen für soziale Nutzimmobilien verkauft haben. „Investiert“ wurde in teilweise marode Objekte, so in ein Obdachlosenheim. Andere Immobilien wiesen nicht die entsprechende Auslastung auf. Renditen „ab fünf Prozent“, wie sie in Hochglanz-Prospekten versprochen wurden, konnten so natürlich nie und nimmer erreicht werden. Etwa 1.650 Betroffene hatten insgesamt 10,25 Millionen Euro in die Fonds eingezahlt.

Verträge in den Räumlichkeiten der VS abgeschlossen

Der Landesverband lehnte bislang jegliche Mitverantwortung an den dubiosen Geschäften ab, indem er auf die rechtliche Selbständigkeit der Kreisverbände verwies. Die wiederum verneinten gleichfalls jegliche Schuld, obgleich die Verträge in den Räumlichkeiten der VS abgeschlossen worden sind. Schon dadurch mußte bei den geprellten Anlegern der Eindruck entstehen, es handele sich um Produkte der VS. Der eigens gegründete Interessenverband der Geschädigten von VS-Geldanlagen e. V. will den Nachweis erbringen, daß die VS durchaus Kenntnis von den Machenschaften der selbsternannten Fonds-Manager besaß. Dann müßte die Organisation mit ihrem Vermögen haften. Vor diesem Hintergrund wird der jüngste Vorstoß des KV Mecklenburg-Mitte verständlich.

Werden nur Bauernopfer gebracht?

Die Partei Die.Linke, als deren Vorfeldorganisation die Volkssoli ohne Wenn und Aber gelten kann, verhielt sich zum Thema VS-Immobilienskandal im Großen und Ganzen mucksmäuschenstill. Keine Kleine Anfrage im Landtag, keine Pressemitteilung. Den Genossen ist es offenbar peinlich, einen Teil ihrer Strukturen in Sauereien wie die eben genannten verwickelt zu sehen.

Auf den Fortgang der Ereignisse darf man gespannt sein. Werden wieder nur Bauernopfer gebracht oder statuiert die Staatsanwaltschaft ein Exempel, indem alle Mitwisser und Mitdulder entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden? Denn mehrere Dutzend Personen haben seit spätestens 2005 gewußt, daß sich die Fonds in Schieflage befinden. Trotzdem wurden immer wieder Anleger gelockt, um die Lücken zu stopfen. Das Geld der Landsleute, die auf den guten Ruf der Volkssoli vertrauten, ist wohl größtenteils futsch.
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 21. Oktober 2010