Mobilität im ländlichen Raum sichern

Landflucht, Abwanderung, Vergreisung und Rückabwicklungen ganzer Regionen kennzeichnen weite Teile unserer ländlich geprägten Heimat. Die öffentliche Daseinvorsorge verschlechterte sich in den letzten Jahren rapide – in manchen Ortschaften ist sie bereits vollständig zum Erliegen gekommen. Während in vielen kleinen Gemeinden und Dörfern Mecklenburgs und Pommern die Infrastruktur zerschlagen worden ist und der Dorfkonsum, die örtliche Schule, der Zahnarzt oder Bibliotheken bereits seit geraumer Zeit schließen oder in andere Ortschaften ausweichen mußten, sind viele ältere Einwohner und insbesondere finanzschwache Familien auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angewiesen. Mit der Verödung ganzer Landstriche wuchs der Zwang zur Mobilität gerade für Jene, die sich kein Pkw leisten können und auf den Linienbusverkehr angewiesen sind.
 
Um überhaupt Einrichtungen für die Dinge des täglichen Bedarfs erreichen zu können, ist jedoch ein ausreichender ÖPNV und die Zukunftsfähigkeit seiner Träger von Nöten. Die derzeitige Situation der Anklamer Verkehrsbetriebe in Ostvorpommern bietet ein trauriges Beispiel dafür, daß betriebswirtschaftlich marode gemachte Verkehrsbetriebe von der Landespolitik im Stich gelassen werden. 
 
ÖPNV kommt in Ostvorpommern fast zum Erliegen
 
Wie der Geschäftsführer der Anklamer Verkehrsgesellschaft mbH (AVG), Karl Heiden, vor wenigen Monaten informierte, erlitten die Verkehrsbetriebe Ostvorpommerns eine dramatischen  Einbruch der Fahrgästezahlen, die innerhalb der letzten zehn Jahre um 1,8 Millionen zurück gingen. Damit halbierte sich die Inanspruchnahme des ÖPNV in der Region.
 
Gleichzeitig kürzte aber der Landkreis die Betriebskostenbezuschussung von 1,6 Millionen im Jahr 2000 auf derzeit 200.000 Euro. Die Landkreisverwaltung erwog sogar noch Ende des letzten Jahres im Rahmen eines Haushaltskonsolidierungskonzepts, die kreislichen Leistungen für den örtlichen ÖPNV ab 2012 gänzlich zu streichen.
 
Mit  einem Appell in der Tagespresse machte Herr Heiden auf die drängende Situation der AVG aufmerksam und bat um zeitnahe Lösungsvorschläge zur Rettung des ÖPNV. Er unterstrich, daß angesichts der hohen Investitionen, die nötig sind, um überhaupt den Fuhrpark in Stand zu halten, ein Ausbleiben - wenn auch nur kurzweilig - von kreislichen Mitteln eine Handlungsunfähigkeit der Verkehrsbetriebe nach sich zieht. Der landkreis Ostvorpommern ist jedoch selbst in einer prikären Finanzsituation, so daß auf kommunaler Ebene nur bedingt geholfen werden kann.  
 
Gefragt sind daher Vorschläge, die den Landtag bzw. die Landesregierung dafür zu sensibilisieren, daß der ÖPNV in einigen Gegenden unserer Heimat bald zum Erliegen zu kommen droht. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte selber eine Studie zur Situation der Verkehrsbetriebe angestrengt – u.a. wurde auch die Wirtschaftlichkeit der AVG untersucht. Es muß deshalb vorausgesetzt werden, daß die Probleme auf Landesebene bekannt sein dürften. Ebenfalls darf nicht vergessen werden, daß die Landesmittel aus dem kommunalen Finanzausgleich von 310.000 Euro, die noch 2005 zugewiesen wurden, auf knapp 220.000 Euro im Jahr 2009 zurückgefahren wurden.
 
NPD-Vorschlag zur Einführung eines Bürgerbus-Modells abgelehnt
 
Dies war der NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern in der letzten Plenarsitzung deshalb Grund genug, von der Landesregierung ein Programm zur Einführung des Bürgerbusmodells einzufordern. Mittels des Antrags„Landesprogramm `Bürgerbus` für Mecklenburg-Vorpommern entwickeln“, Drucksache 5/3796, sollte die Entwicklung eines alternativen ÖPNV, der mit den bestehenden Verkehrsbetrieben zusammen arbeitet, vorangetrieben werden.
 
Beim Modell „Bürgerbus“ geht es darum, ehrenamtlich Tätige mit dem Führerschein der Klasse B darin zu motivieren, einen Kleinbus mit maximal acht Sitzplätzen in ihrer Freizeit zu fahren. Hinter jedem Bus steht ein Verein, der mit Hilfe der betreuenden Verkehrsunternehmen den täglichen Fahrbetrieb organisiert. Sie sorgen ehrenamtlich nicht nur für eine angenehme Fahrt von A nach B, sondern sollen Bestandteil des sozialen Lebens werden.
 
In Nordrhein-Westfalen beispielsweise wird die Beschaffung eines Bürgerbusses mit 32.000 Euro vom Land gefördert. Der Rest der Kaufsumme muß von einer Gemeinde und vom Bürgerbusverein finanziert werden. Zudem unterstützt das Land jeden Bürgerbusverein pro Jahr mit 5.000 Euro, damit dieser seine organisatorischen Aufgaben wahrnehmen kann. Mittlerweile existieren landesweit 90 solcher Projekte.
 
Anderenorts sehen die selbsternannten Demokraten jedoch keinen Anlaß, die Entwicklung eines gleichgearteten Landesprogramms zur Einführung eines Bürgerbus-Modells vorzutreiben, so wie es die NPD in Mecklenburg und Pommern forderte. Im Rahmen der Landtagsdebatte (siehe Videobeitrag) lehnten die Blockparteien von CDU bis DieLinke den NPD-Vorstoß ab, obwohl die Mobilität der Bürger auf dem Land mit einem solchen zusätzlichen Angebot nachhaltig hätte verbessert werden können. Alleiniger Grund: die Antragstellerin war die NPD.


zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 20. Oktober 2010