Privatinsolvenzen im Land auf Rekordniveau

Wie aus einer Situationsanalyse der Wirtschaftsinformationsgesellschaft Bürgel hervorgeht, sind im ersten Halbjahr dieses Jahres 1541 Privatinsolvenzen in Mecklenburg-Vorpommern angemeldet worden. Demnach meldeten sich erstmals seit 1990 wieder mehr Mecklenburger und Pommern zahlungsunfähig. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet dies ein Anstieg von 19 Prozent.
 
Im Landkreis Uecker-Randow zum Beispiel kommen somit im Durchschnitt auf 100.000 Einwohner 121 Privatinsolvenzen. Und nirgendwo sonst im Land gab es so viele Insolvenzfälle unter Privatpersonen wie in der (noch) Kreisfreien Stadt Neubrandenburg: Dort waren es durchschnittlich 244 Fälle auf 100.000 Einwohner!
 
Privatinsolvenz als letzte Hoffnung aus der Überschuldung
 
Mit 172.000 gilt jeder fünfte Haushalt in Mecklenburg und Pommern als überschuldet. Der Personenkreis der Überschuldeten besteht mehrheitlich aus „Armutsschuldnern“, die nur über pfändungsfreies Einkommen verfügen und somit am Existenzminimum leben. Der sich daraus ergebende große Bedarf an Unterstützung durch die Schuldnerberatungsstellen spiegelt sich in den langen Wartezeiten bei staatlich anerkannten Beratungseinrichtungen wider.
 
Dies machen sich immer mehr gewerbliche Beratungsdienste zu Nutze, die gegen Honorar Schuldensanierungen anbieten. Ganz klar wird diese Tätigkeit zum Zweck der Gewinnerzielung ausgeübt, was vielen verzweifelten Schuldnern erst zu Bewußtsein kommt, wenn Vollstreckungsbescheide wegen ausbleibender Honorarzahlungen zugestellt werden.
 
Gewerbliche Schuldnerberatungen verdienen an Schicksale
 
Immer mehr gewerbliche, aber staatlich nicht anerkannte „Anbieter“ offerieren Angebote zur Schuldnerberatung, worunter sich leider auch dubiose und unseriöse „Anbieter“ befinden, die ihr Geschäft mit der Armut suchen. Nach Kenntnisstand der Landesregierung in Folge einer Kleinen Anfrage (hier) läßt sich zwar unter den 30 staatlich anerkannten Schuldnerberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern kein gewerblicher Schuldenregulierer feststellen, welcher auf eine Anerkennung als„geeignete Stelle“ im Sinne von § 305 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung verweisen kann.

Jedoch scheint es den Herrschenden schlichtweg egal zu sein, ob künftig der chancengleiche Zugang aller Schuldner zu sozialen Diensten garantiertwerden kann. Denn als wesentliches Kriterium für eine staatliche Anerkennung sieht die Landesregierung von einer Kostenfreiheit ab. Damit scheint windigen Anbietern, die das Geschäft mit der Insolvenzberatung suchen, in Mecklenburg-Vorpommern Tür und Tor geöffnet zu sein…
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 08. September 2010