Lottospiel mit der Volkssolidarität

Mindestens 1600 zumeist ältere Menschen ließen sich auf risikobehaftete Fonds der Volkssolidarität ein. Von den Anlagen wußten auch die Spitzen des größten mitteldeutschen Wohlfahrtsverbands, der als eine Art Vorfeldorganisation der Partei Die.Linke bezeichnet werden kann.
 
Es klang so verlockend: „Sozial investieren ab fünf Prozent Rendite“, hieß es in Hochglanz-Prospekten der Volkssolidarität. Noch 2009 legten ältere Zeitgenossen ihr Erspartes in zwei Immobilenfonds an, aufgelegt von führenden Vertretern der VS-Kreisverbände Mecklenburg Mitte und Rostock-Land/Bad Doberan. Sie versprachen den Anlegern, die auf den guten Ruf der Volkssoli vertrauten, überdies einst ein Plätzchen in den Heimen ihrer Organisation. 
 
Investiert wurde das Geld in streckenweise marode Sozialimmobilien, darunter ein Obdachlosenheim. Des weiteren war Eingeweihten beizeiten klar, daß die Immobilienfonds die in Aussicht gestellten Renditen nie und nimmer würden erwirtschaften können. Die Auslastung fehlte ganz einfach. Wie aus Sitzungsniederschriften hervorgeht, waren bereits 2005 die erheblichen finanziellen Probleme der Fonds bekannt – und dennoch priesen die Verantwortlichen die Anlagen bis zum vergangenen Jahr skrupellos an!
 
VS-Landesverband weist Mitverantwortung von sich
 
Jetzt sind die Fonds pleite, das Geld der gutgläubigen Anleger, rund acht Millionen Euro, ist nach jetzigem Kenntnisstand auf nimmer Wiedersehen verschwunden. Die Staatsanwaltschaft in Rostock ermittelt. Sie legt den beschuldigten Mitarbeitern Straftaten der Insolvenzverschleppung, des Kapitalanlagebetrugs, des Betruges und der Untreue zur Last. „Es ist eine Anlageform, die im so genannten grauen Kapitalmarkt angesiedelt ist. Hier gibt es keine staatlichen Sicherungssysteme, hier gibt es keine Zertifizierungen. Es ist quasi fast genauso, als ob ich Lotto spiele oder in die Spielbank gehe“, erklärte Dr. Jürgen Fischer von der Verbraucherzentrale M/V.
 
Doch welche Haltung haben VS-Obere zur nahezu aussichtslosen Lage der geprellten Anleger bezogen? Der Landesverband weist bis heute jegliche Verantwortung von sich: Bei den Kreisverbänden handele es sich um rechtlich selbständige Gebilde, was nur der halben Wahrheit entspricht. Denn schließlich wurden die dubiosen Geschäfte in den Räumlichkeiten der Volkssoli abgewickelt, ganz zu schweigen von der Fürsorgepflicht gegenüber älteren Menschen, denen die Organisation wegen ihrer vielfältigen Veranstaltungen ans Herz gewachsen ist.
 
Dr. Linke von den Linken schoß den Vogel ab
 
Und der Bundesverband? Mit Hartmut Hoffmann saß immerhin sein Vizepräsident zeitweise sogar im Aufsichtsrat eines der Fonds (Fernsehsendung plusminus vom 2. März 2010). Hoffmann gab immerhin zu: „Meine persönliche Verantwortung? Sicher haben wir vielleicht eine Aufsichtspflicht verletzt.“ Nur Kopfschütteln kann das Gestammel von Gunnar Winkler, seines Zeichens Präsident der VS, hervorrufen: „Das schließt nicht aus, das wissen Sie selber besser als ich, daß man sich natürlich mit den Dingen der Marktwirtschaft und des Mißbrauchs von Marktwirtschaft auch noch umgehen lernen müssen. Das haben wir alle nicht gelernt. Wie gesagt, da lassen wir auch noch Federn, leider, leider“ (Zitate aus der Fernsehsendung Report-München vom 12.Oktober 2009).  
 
Den Vogel abzuschießen wußte aber Dr. Marianne Linke. Das Mitglied im Volkssoli-Bundesvorstand sagte laut Report-München: „Diese Immobiliengeschäfte sind im Rahmen der herrschenden Wirtschaftsordnung passiert, das muß ich auch sagen. Daß die unter dem Namen Volkssolidarität passiert sind, das ist nicht in Ordnung.“ Unter anderem Namen wäre es Linke, die für Die.Linke im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern sitzt und von 2002 bis 2006 das Amt der Sozialministerin bekleidete, anscheinend egal. Zu einfach macht sie es sich auch, wenn sie Manager einzig und allein als arme, bedauernswerte Opfer der zeitlichen Umstände ansieht. Eine Konsultation von echten Fachleuten hätte gereicht, um ein Tohuwabohu, wie es jetzt herrscht, zu vermeiden.
 
Fest steht auch: Wieder einmal mischten Personen, die eindeutig dem roten Lager zuzurechnen sind und die sonst gern „den Sozialen heraushängen lassen“, munter in den turbokapitalistischen Verhältnissen mit. Diesmal hielten die Hoffnungen älterer Menschen für die profilneurotische Selbstverwirklichung roter Fonds-Manager her.   
zurück | drucken Erstellt am Freitag, 07. Mai 2010