Wie die Vernachlässigung des baukulturellen Erbes und des landestypischen Bauens offiziell beklatscht wird.
Die derzeit Herrschenden lassen nicht wenige Möglichkeiten ungenutzt, ihren Jubel über vermeintliche Errungenschaften von 20 Jahren etablierter Landespolitik unter`s Volk zubringen. So auch beim Thema Baukultur. Anläßlich der Veröffentlichung des „Berichts über die konkreten Ergebnisse und eingeleiteten Aktivitäten zur Fortführung der Initiative - Baukultur Mecklenburg-Vorpommern -“ beweihräuchert die schwarz-rote Landesregierung sich auch hier einmal mehr selbst.
Der verantwortliche Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung, Volker Schlotmann (SPD), umschrieb die staatlich geförderte Bauweise der letzten Jahre in einer aktuellen Pressemitteilung zum Bericht: „Die Gesellschaft spiegelt sich in ihren Bauwerken und umgekehrt.“ So richtig diese Feststellung ist, so beklagenswert anzusehen sind die Staatshochbauten in mecklenburgischen und pommerschen Städten. Da ein hohes Maß an Baukultur einen bedeutenden Identifikationsfaktor der Menschen mit ihrer Heimat darstellt, verwundert es eben nicht, daß auch auf diesem Gebiet ein politisch gewollter Auflösungsprozeß im Gange ist.
Verdrängung des heimatlichen Baustils
In Mecklenburg und Vorpommern wurde vielfach mit öffentlicher Unterstützung seit der Teilwiedervereinigung im Bereich der Städtebauförderung, der Wohnraumförderung sowie im städtischen Hochbau staatliche Mittel in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aufgewandt. Dabei blieb die Förderung der landestypischen und an regionalen Eigenheiten ausgerichteten Baukultur - wie in vielen Bereichen - auf der Strecke. An Stelle der Regionalarchitektur wurde in vielen Städten unserer Heimat schleichend aber dafür gründlich der Ausguß des „Neuen Bauens“ gesetzt.
Eine regelrechte Kannibalisierung der eigenen architektonischen Geschichte ist für jeden sichtbar, der offenen Auges durch die Städte Mecklenburgs und Pommerns geht. Jeder kann sich bei einem Spaziergang durch historische Altstädte im Land über das Förderergebnis überzeugen. Die neuen Gebäude drängen sich dem Betrachter regelrecht auf, da sie entortet und international auffindbar, jedoch weder hier noch im Ausland beheimatet sind. Es würde hier den Rahmen sprengen, um auf Einzelbeispiele von Bausünden und einfallsloser Architektur von der Stange einzugehen. Allgemein gibt es heute keine Stadt im Land, in der der baukulturelle Anachronismus des heutigen schroffen Zeitgeiststils nicht praktiziert wird.
Nirgendwo, Nirgendheim, Nirgenddort
Die gegenwärtige Baupolitik verkörpert geradezu das Gegenteil dessen, was der Erhöhung der Lebensqualität des Menschen dient. Eine bis zum Exzess betriebene Naturgleichgültigkeit, die hemmungslose Bejahung der verkehrsgerechten Großstadt, die restlose Industrialisierung des Bausektors kennzeichnen die Auswüchse nunmehr Innenstädte prägender Architektur.
Alles Menschengemäße, Handwerkliche, Organische, und alles was einst vielfältige Regionalarchitektur auszeichnete, hält immer mehr Auszug aus der Bauweise. Das Metallischwerden der Lebensatmosphäre hat bereits die historischen Innenstädte derart durchdrungen, daß blanke Konstruktion, baustoffliche Standardisierung und puritanischer Funktionalismus als ein normales norddeutsches Ortsbild allgemein wahrgenommen werden sollen. Die bauliche Doktrin des internationalen „Neuen Bauens“ - utopisch, ohne historische Vorbilder und überzeitlicher Ewigkeit - hat ja erst den Platz für Entortung, Verhäßlichung und Stilgalopp geschaffen.
Weg vom „Neuen Bauen“ – hin zur baulichen Kulturlandschaft
Die Vereinigung regionaler Eigenheiten in der Architektur wich unumwunden einer staatlich geförderten sogenannten baulichen Modernität a la Walter Gropius. Die moderne Architektur vermeidet im Regelfall sowohl historische Anleihen als auch regionale Bezüge. Der Schwund des regionalen Bezuges in der heutigen Architektur, die Verfügbarkeit aller Baumaterialien und ein Überangebot der Baustoffmärkte tragen ihrerseits dazu bei, daß immer mehr die Bindungen der Menschen an ihre Heimat aufgelöst werden. Wie in linken, wirklichkeitsfremden Ideologien soll nicht nur der Mensch gleich sein, sondern auch seine Behausung und sein wohnliches Umfeld.
Demgegenüber hatte jede Kulturlandschaft vor nicht allzu langer Zeit ihre regionale Besonderheit, ihr unverwechselbares Gesicht. Solange Baukultur nicht als etwas verstanden wird, indem unserer Heimat, indem das jeweils Eigene, Regionale schöpferisch zum Ausdruck kommt, wird freiwillig ein weiteres Stück eigene Geschichte und Identität aufgegeben. Deshalb kann eine heimatbewußte, nationale Politik nicht umhin kommen, die gegenwärtige Baupolitik abzulehnen und einen Paradigmenwechsel auch auf dem Gebiet Baukultur einzufordern.
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Erstellt am Samstag, 20. März 2010