Repression: Im Gespräch mit Marko Zimmermann

Er ist Kreisvorsitzender des NPD-Kreisverbandes Mecklenburg-Strelitz und Stadtvertreter in Neustrelitz. In dieser Woche wurde er wegen Waffenbesitzes und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verurteilt.

Sie wurden wegen zweier Delikte verurteilt, was für Sachverhalte liegen der Verurteilung zugrunde?

Meines Erachtens wurde ich wegen drei Delikten verurteilt, in einer Sache wurde ich jedoch wiederholt freigesprochen. Ich habe den Eindruck, daß ich dennoch wegen dieser Sache mit verurteilt wurde, da der Richter über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinausging. Ich soll am 15. März 2008 eine nicht angemeldete Demonstration in Neustrelitz geleitet haben und dadurch gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben. Der gleiche Vorwurf wurde mir für eine Demonstration zur Erinnerung an Rudolf Heß am 17. August letzten Jahres gemacht. Hinzu kam noch ein Vorwurf des Waffenbesitzes. Bei einer konstruierten Hausdurchsuchung wurde in der Wohngemeinschaft, in der ich zu diesem Zeitpunkt lebte ein Wurfstern sichergestellt.

Der Richter ging über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus?

Ja. Die Staatsanwaltschaft forderte in der Berufung für die Heß-Demonstration 80 Tagessätze und für den Wurfstern 20 Tagessätze, diese sollten zu einer Gesamtstrafe von 90 Tagessätzen verbunden werden. Der Richter machte daraus 100 und 20 Tagessätze und fasste diese zu 110 Tagessätzen zusammen. In der ersten Instanz der Heß-Demonstration war das ähnlich, die Staatsanwaltschaft forderte damals 60 Tagessätze und der Richter urteilte auf 100.

Was war das für eine Demonstration wegen welcher Sie wiederholt freigesprochen wurden.

Die Demonstration fand im Rahmen der  NPD-Kampagne „Sozial geht nur national“ statt. Ein Polizist war der Ansicht, daß ich immer für Veranstaltungen verantwortlich zeichnen würde, deshalb soll ich eben auch diese Demonstration geleitet haben. Hier wurde allerdings den Zeugen geglaubt. Ich wurde in der ersten Instanz freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft ging in Berufung, legte keine neuen Beweise vor und zog die Berufung dann im Plädoyer der Berufungsverhandlung zurück.

Was meinen Sie mit konstruierter Hausdurchsuchung?


Der Vorwurf gegen mich lautete, daß ich in den USA Plakate der NSDAPAO bestellt haben soll. Unter dem Vorwand bei mir einen entsprechenden Bestellzettel zu finden wurde die Wohnung durchsucht. Die Sachen wurden angeblich an mich adressiert am Zoll sichergestellt. Der ganzen Sache stand die Rechtswidrigkeit geradeso auf die Stirn geschrieben. Die Sachen hatte ich natürlich nicht bestellt. Hinzu kommt aber noch die allgemeine Lebenserfahrung, wie soll eine Bestellung ausgelöst werden, wenn der Bestellzettel zu Hause aufbewahrt wird? Nicht nur die Anordnung, auch die Durchführung war eine riesen Sauerei. So „überhörten“ die Beamten beispielsweise, daß Klingeln des von mir herbeigerufenen Zeugen. In meiner Wohnung wurde ich überwältigt um mir das Telefon abzunehmen, damit ich keinen Anwalt kontaktieren kann. Das Amtsgericht Neustrelitz sah die Sache ähnlich und lehnte die Eröffnung eines Hauptverfahrens in der Sache ab. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg wurde vom Landgericht Neubrandenburg verworfen.

Bei der Durchsuchung wurde ein Wurfstern sichergestellt, was wollten Sie damit?

Wer den Schaden hat, braucht bekanntlich für den Spott nicht zu sorgen, selbst die Zeitung unterstellte mir Ambitionen zu einem Möchtgern-Ninja, wenn ich mich recht erinnere. Allerdings war es gar nicht mein Wurfstern. Wie ich schon sagte, lebte ich damals in einer Wohngemeinschaft. Im Gemeinschaftszimmer stand eine Kommode und in der legten sowohl Bewohner als auch Besucher ihren Kram ab. Dort wurde auch der Wurfstern gefunden, in einem kleinen schwarzen Etui, auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen. Im Nachhinein gibt natürlich auch niemand zu, den Stern dort hineingelegt zu haben. Dem Gericht ist dies allerdings egal, da ich Hauptmieter der Wohnung gewesen bin, hätte mir eine Kontrollpflicht oblegen. Dadurch, daß ich die Schublade nicht regelmäßig kontrolliert hätte, habe ich mich fahrlässiger Weise des unerlaubten Waffenbesitzes strafbar gemacht. Klingt etwas abenteuerlich, aber auch in der Berufung wurde ich mit der Argumentation verurteilt.

Sie wurden verurteilt, daß Sie Leiter einer nicht angemeldeten und nicht spontanen Rudolf-Heß-Demonstration gewesen sind.

Ja, das ist richtig, verurteilt wurde ich deswegen. Allerdings nach wie vor zu Unrecht.

Am 17. August 2008 kam es im Neustrelitzer Stadtteil Kiefernheide zu einem Rudolf-Heß-Gedenkmarsch. Unter den 50-60 Teilnehmern befand auch ich mich. Nach etwa 10 Minuten versuchte der Polizeibeamte Frank S. den Demonstrationszug allein zu stoppen, was ihm nicht gelang.  Anschließend kam er auf mich zu und bedrängte mich.

Frank S. kannte ich aus der Vergangenheit, ich bin mehr als einmal mit ihm aneinander geraten. Ich versuchte mit Dienstaufsichtsbeschwerden und einer Unterlassungsaufforderung gegen ihn vorzugehen. Wir haben also alles andere als ein unvorbelastetes Verhältnis.

Ich denke, weil ich der einzige war, den er kannte und da wir uns offen gesagt nicht mögen, musste ich herhalten. Ich bin das Opfer in diesem Fall. An mir wurde nun ein Exempel statuiert, damit derartige Aufmärsche nicht mehr stattfinden, da sie politisch nicht gewollt sind.

Die Polizei war, wie sich in dem Verfahren herausstellte an dem Tag auch hoffnungslos überfordert, es waren wohl nur drei Polizisten in der ganzen Stadt, da sie mit einem Konzert beschäftigt waren.
Außerdem wurde in dem Verfahren bekannt, daß die Beamten die am 15. März 2008 bei der ersten Demonstration Dienst hatten, im Nachhinein wohl mächtig Dampf „von oben“ bekamen, da sie nicht schnell genug eingriffen hätten und keinen Verantwortlichen fanden. Insofern musste im August unbedingt ein Schuldiger präsentiert werden.

Ich meine auch, daß die Beweise in dem Fall nicht entsprechend gewürdigt worden sind. Für mich sagten vier Zeugen aus, daß ich nicht der Versammlungsleiter gewesen sei, nur der Polizeibeamte S. behauptete das Gegenteil. Die Zeugen wirkten ohnehin verunsichert, ob sie sich mit der Teilnahme an der Versammlung nicht evtl. auch strafbar gemacht hätten, jeweils erst auf den Hinweis von meinem Verteidiger an sie, daß dies nicht der Fall war, begannen sie offen zu reden.

Der Staatsanwalt, der die Zeugenaussagen würdigte, war übrigens zu dieser Zeugenvernehmung am ersten Verhandlungstag gar nicht anwesend. Das muss man sich mal vorstellen. Glaubwürdigkeit aus Papier zu beurteilen. Lächerlich! Rechtstaatlich nicht vereinbar.

Was den Polizeibeamten Frank S. angeht. So war dieser innerhalb von wenigen Minuten damit beschäftigt, sein polizeiliches Ermessen auszuüben. Falsch lag er ja schon damit, daß er die Demonstration auflösen wollte. Eine fehlende Anmeldung rechtfertigt keine Auflösung. Da keine Straftaten verübt worden sind, hätte er sich auf die bloße Beobachtung bzw. Begleitung beschränken müssen. Dann stürzte er sich auf mich. Ich wurde sogar verhaftet und mit auf das Revier genommen. Im Nachgang bekam ich einen Kostenbescheid für den Transport und die Unterbringung. Gegen diesen ging ich vor und siehe da im Abhilfebescheid, wurde mir schwarz auf weiß mitgeteilt, daß ich gar nicht hätte verhaftet werden dürfen. Also übte S. auch hier sein polizeiliches Ermessen falsch aus. Dennoch blieb er für das Gericht glaubwürdiger als die vier anderen Zeugen.

Für mich gibt es hier eine deutliche Diskrepanz zwischen Gerechtigkeit und bundesdeutscher Rechtsprechung.
zurück | drucken Erstellt am Sonntag, 13. Dezember 2009