Was sich aus einer Kleinen Anfrage zu Behinderungen herauslesen läßt und was nicht
Bürger des Landes haben die Möglichkeit, über die Abteilung Soziales Versorgungsamt des Landesamtes für Gesundheit und Soziales den Grad der Behinderung feststellen zu lassen. Grundlage ist Paragraph 69 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch. Wichtig: Sie müssen die bislang festgestellten Leiden aufführen und Ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden.
Im Dezember 2008 belief sich der Gesamtbestand an ergangenen Feststellungsbescheiden in Mecklenburg und Vorpommern auf 280.047, wie eine Kleine Anfrage der NPD-Landtagsfraktion ergab. Die Landesregierung beantwortete dabei unter anderem Fragen nach den erhobenen, den durch Abhilfe erledigten und noch laufenden Widersprüchen, Erst- und Neufeststellungen, der Zahl der Mitarbeiter in den Schwerbehinderten-Abschnitten, der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer eines Antrages (sie belief sich 2008 auf 4,04 Monate) und nach einer Aufschlüsselung der Feststellungsbescheide auf die Grade der Behinderung – alles hübsch sortiert nach Dezernaten, die sich in Neubrandenburg, Rostock, Schwerin und Stralsund befinden. So weit, so gut. Für Wissenschaftler aber ist das umfangreiche Zahlenmaterial nur bedingt aussagekräftig und nutzbar. Grund: Die Statistik des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGuS) nimmt „keine Differenzierung nach Art der Behinderung und Altersgruppen“ vor, heißt es in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage.
Eine Lücke füllt hier eine Reihe von Arbeiten, die zumeist im Auftrag ärztlicher Vereinigungen, von Ärzten selbst, Krankenkassen oder Arbeitsforschern erstellt worden sind. Sie stellen übereinstimmend fest: Die heutige Arbeitswelt in der Zeit des Hochkapitalismus macht krank. Die Angst sitzt vielen Zeitgenossen förmlich im Nacken, was zu Verspannungen (daraus folgend Schäden im Halteapparat), zu Herz-Kreislauf- sowie Magen-Darm-Problemen führt. Nicht zu vergessen sind Depressionen, die einen Menschen gleichfalls an der Erfüllung seiner beruflichen Aufgaben hindern oder - schlimmer noch – ebenfalls zu einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben führen können. Ins Spiel kommt hierbei auch die Einnahme scheinbar leistungsstärkender Präparate, die, langfristig betrachtet, eher schaden als nutzen. Letztendlich spielt auch eine rasch alternde deutsche Bevölkerung (von den Berliner Versagern verniedlichend als „demographischer Wandel“ bezeichnet oder ausschließlich auf den medizinischen Fortschritt zurückgeführt) eine Rolle bei der Feststellung von Behinderungen nach dem SGB IX, wobei wir das wahre Ausmaß aufgrund der fehlenden statistischen Erfassung auch hier nicht kennen.
Das ist die „Nachricht hinter der Nachricht“
einer ansonsten umfangreichen Kleinen Anfrage.
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Erstellt am Dienstag, 27. Oktober 2009