Insgesamt 155 Beschäftigte beteiligten sich hierzulande an der von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Gastronomen-Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) ins Leben gerufenen Initiative, Ausbeutung, Lohndrückerei und Minderbezahlung im Internet aufzuzeigen. Das Ergebnis der Auswertung ist erschütternd – aber leider nicht überraschend.
Eine 70 Stunden Arbeitswoche bei maximal 800 Euro Bruttolohn ist in Mecklenburg-Vorpommern keine Seltenheit. Ob Bäckereiverkäufer, Kellner oder „Call-Center“-Angestellte – bundesweit ist der durchschnittliche Verdienst nirgendwo so knapp bemessen, so daß die Mehrheit der Festbeschäftigten trotz voller Arbeit auf staatliche Stützen angewiesen ist.
Das verfügbare Einkommen je Einwohner erreichte nach Auskünften des Statistischen Landesamts M-V im Jahr 2007 gerade einmal 73 Prozent des Bundesdurchschnitts. Jeder Vierte der insgesamt 696.000 Beschäftigten im Land hat darüber hinaus einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag. 12,3 Prozent der Erwerbstätigen sind armutsgefährdet (Mikrozensus 2008). Für viele der im Jahr 2008 ausgewanderten 24.900 Mecklenburger und Pommern waren diese katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sicher einer der Hauptgründe ihrer Heimat den Rücken zu kehren.
Bester Bündnisgenosse der Gewerkschaften ist die Armut
Als „unanständig“ betitelt der Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in M-V, Hans-Günter Trepte, die unhaltbare Situation heimischer Arbeitnehmer. Viel zu offensichtlich machen sich hiesige Arbeitgeber die existenzielle Angst der hier Lebenden zu Nutze, so der Tenor. Dabei leisteten gerade federführenden Gewerkschaften keinen konkreten Beitrag an der Linderung der Not. Wie die Aktion „Niedriglohn-Barometer“ deutlich macht, machen sie sich vielmehr die Sorgen der betroffenen Niedrigverdiener im alltäglichen Broterwerbskampf zu Nutze, um ihre Daseinsberechtigung zu festigen.
Die fadenscheinige Forderung der Gewerkschaftsbosse, mit Mindestlöhnen der Lohnsklaverei begegnen zu können, wird selbst von Ihnen gegenüber volkswirtschaftsschädigenden EG-Richtlinien als wenig wirksam erkannt (wir berichteten bereits hier: „Scheinbar späte Erkenntnis der Gewerkschaften zur Hungerarbeit“). Zumindest teilweise wird öffentlich zugegeben, daß der gesetzliche Mindestlohn im Allgemeinen als letzter Ausweg aus der Billiglohnspirale angesehen wird. Denn „spätestens wenn 2011 die völlige Freizügigkeit in der EU kommt“, so der DGB-Nord-Vorsitzende Peter Deutschland in der Systempresse, muß eine Lohngrenze festgelegt sein.
Mecklenburg-Vorpommern läuft also auch weiterhin Gefahr, ein Billiglohnland zu bleiben. Denn die Ausweitung des EU-Binnenmarktes verschärft die Lohndrückerei noch einmal – und das in ganz Europa. Die grenzenlose Arbeitnehmerfreizügigkeit bedeutet eine eskalierende Konkurrenzsituation zu Ungunsten unserer heimischen Wirtschaft. Die NPD warnte rechtzeitig davor: Ohne einen Austritt aus dem EU-Gefängnis, sind die Unternehmen, samt ihren Angestellten, einem ruinösen Unterbietungswettlauf, beispielsweise mit polnischen Dienstleistern, ausgesetzt.
zurück
|
drucken
Erstellt am Mittwoch, 07. Oktober 2009