Neues von der Parteiendiktatur

Bericht von der gestrigen Sitzung des Kreiswahlausschusses Ludwigslust

"In was für einem Staat leben wir eigentlich? Jeder Deutsche hat die Freiheit, Gesetzen zu gehorchen, denen er niemals zugestimmt hat; er darf die Erhabenheit des Grundgesetzes bewundern, dessen Geltung er nie legitimiert hat; er ist frei, Politikern zu huldigen, die kein Bürger je gewählt hat, und sie üppig zu versorgen - mit seinen Steuergeldern, über deren Verwendung er niemals befragt wurde. Insgesamt sind Staat und Politik in einem Zustand, von dem nur noch Berufsoptimisten oder Heuchler behaupten können, er sei aus dem Willen der Bürger hervorgegangen." – so der Staatsrechtler sowie ausgesprochene Kritiker der politischen Zustände in der BRD Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim in seinem Buch "Das System".

Genau diese Aussagen von Prof. Dr. von Arnim bestätigen sich auf der Sitzung des Kreiswahlaus-schusses Ludwigslust am gestrigen Tage.

Bereits am vormittag wurde der NPD-Landratskandidat Stefan Köster über die bevorstehende Nichtzu-lassung als Kandidat informiert. Bestätigt wurde der NPD diese Information mittags vom NDR. Vor dem Hintergrund, daß der Kreiswahlausschuß erst am frühen abend die Entscheidung über die Zulas-sung treffen sollte und es zuvor keine öffentliche Sitzung des Gremiums gegeben hat, wird das Di-lemma des sich neutral und demokratisch nennenden Wahlausschusses sehr deutlich. Aber der Reihe nach:

Der Kreiswahlausschuß setzt sich für gewöhnlich aus Vertretern des etablierten Parteienkartells und einem Vertreter der zuständigen Verwaltung zusammen. Dieser trat am gestrigen Tage unter Vorsitz von Herrn Andre Hase im Kreistagssaal des Landkreises Ludwigslust zusammen, um über die Kandi-daten für die Landratswahl am 18. Mai zu urteilen. Neben dem NPD-Landesvorsitzenden Stefan Kö-ster, stellten sich noch die CDU-Kandidatin Friemann-Jennert und SPD-Amtsinhaber Rolf Christiansen zur Wahl. Bereits zu Beginn der Sitzung wurde deutlich, daß diese Sitzung eine besondere Sitzung in der Geschichte deutscher Kommunalpolitik sein würde. Der Vorsitzende Hase goß sich ein Glas Was-ser ein und hatte starke Schwierigkeiten das Glas zu treffen. So angespannt war er offensichtlich. Nachdem Herr Hase darüber informierte, daß formell keine Mängel vorlägen, ließ er erkennen, wohin die Reise am heutigen abend gehen sollte. Schnell belegte er "seine" Zweifel an der "Verfassungstreue" Kösters, indem er einige "aktuelle" Gerichtsurteile aus den 70iger Jahren zitierte, welche die Verfassungsfeindlichkeit der NPD belegen sollte. Bereits hierbei mißlang es Hase zwischen den Rechtsbegriffen "Verfassungsfeindlichkeit" und "Verfassungswidrig" zu unterscheiden. Während "Verfassungsfeindlichkeit" ein Instrument der politischen Klasse ist, um politisch-mißliebige Personen und Organisationen zu diskriminieren, kann nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob jemand verfassungswidrig ist. Darauf mußte Stefan Köster den Ausschußvorsitzenden mehrfach hinweisen.

Dem folgten dann die persönlichen (!) Meinungsbekundungen einzelner Ausschußangehöriger. So sah es ein Ausschußmitglied als unzulässig an, generell NPD-Kandidaten zuzulassen. Ein weiterer Angehöriger dieses elitären Parteienzusammenschlusses äußerte seinen Unmut, daß die NPD in Ludwigslust Demonstrationen durchführte, am Holocaustgedenktag (!) im Landtag nicht den „Opfern des Faschismus“ gedachte und über die radikalen Reden des NPD-Fraktionsvorsitzenden. Ein ande-rer sprach Stefan Köster die persönliche Eignung und Verfassungstreue ab, weil er sich nicht von den Reden seines Fraktionsvorsitzenden distanziere. Natürlich fehlen durfte auch nicht der Verweis auf die Vorstrafe Kösters, die nach allgemeiner herrschender Meinung aber auch keine Beeinträchtigung des Beamtenstatus nach sich zieht.

Die ganze Ausschußsitzung glich einem schlecht inszenierten Theaterspiel. Selbst auf den Einwand des NPD-Landesvorsitzenden, daß er bereits seit heute früh über den Verlauf der Sitzung informiert ist und die ganze Sitzung einem Parteiengericht gleicht, antwortete der Vorsitzende – vielleicht durch sein schlechtes Gewissen getrieben? – lieber nicht.

Nachdem der Ausschuß einstimmig seine Zweifel an der "Verfassungstreue" bekundete und die Kan-didatur ablehnte, zeigte der CDU-Kreisvorsitzende Petters, welche Absprachen möglicherweise im Vorfeld gelaufen sein könnten. Er dankte zunächst einem Teilnehmer für seinen Redebeitrag gegen die Kandidatur Stefan Kösters und bedankte sich im Anschluß sofort bei allen Teilnehmern für „ihr Rückgrat, welches Sie bewiesen haben“. Dieses Verhalten ist deutlich genug und es bedarf hierzu keines weiteren Kommentars.

Nach der Sitzung faßte Stefan Köster seine Eindrücke der Sitzung in kurzen Worten zusammen:

"Die Sitzung hat gezeigt, daß die Parteiendiktatur immer frecher wird. »Das Grundübel unserer Demokratie liegt darin, daß sie keine ist. Das Volk, der nominelle Herr und Souverän, hat in Wahrheit nichts zu sagen«, sagte bereits der geschätzte Staatsrechtler Prof. von Arnim. Was wir heute hier gesehen haben, war ein Zusammenschluß aus Parteienvertreter, welche die NPD verbieten wollen, und einem weisungsgebundenen Verwaltungsmitarbeiter. Das Ergebnis dieser Vereinigung war die heutige Entscheidung. Mir war sie seit heute morgen bekannt, womit bewiesen ist, daß dieses Gremium aus meiner Sicht so demokratisch ist, wie das SED-Politbüro. Wir werden gegen diese demokratie- und grundgesetzfeindliche Entscheidung vorgehen. Warten wir also ab, ob diese Entscheidung Gültigkeit behält".
zurück | drucken Erstellt am Freitag, 04. April 2008