Friedländer Raum im Visier der Agrarindustrie

Mit fragwürdigen Methoden sollen auch in Mecklenburg und Pommern weitere Zucht-Fabriken entstehen – vorbei an der Öffentlichkeit.

Vor allem belgische und niederländische Agrar-Industrielle haben M-V als idealen Standort für ihre Mega-Projekte entdeckt. Die Anlagen zur Massentierhaltung wecken bei Anwohnern, Tier- und Umweltschützern schon wegen ihrer Größe berechtigte Ängste. Wohn- und Lebensqualität, aber auch Wohlbefinden und Gesundheit stehen auf dem Spiel.

Ein abschreckendes Beispiel ist gleich bei uns um die Ecke zu finden: In Medow bei Anklam ließ Adrianus G. M. Straathof vor einiger Zeit eine Schweinemastanlage errichten. 22.000 Vierbeiner faßt die Fabrik, in der ekelerregende Zustände herrschen. Flüssiger Stalldünger, Kadaver und herbeigelocktes Ungeziefer sorgen für unerträglichen Gestank. Anwohner führten akribisch Geruchsprotokolle, die an die Landesregierung gesandt wurden. Getan hat sich nichts. Die Durchsetzung einer tier- und menschengerechten Haltung läßt so bis heute auf sich warten. Damit geht der Widerstand weiter!

Denn wer möchte schon ein Grundstück erwerben, in dessen Nähe sich eine Massen-Tierzuchtanlage befindet? Zum anderen belasten tierische Abfallprodukte das Grundwasser, womit nahegelegene Naturschutzgebiete bedroht werden, ganz zu schweigen von der Gefährdung der Menschen. Dörfliche Ruhe und Beschaulichkeit? Vorbei!

Baugenehmigung durch Salami-Taktik

Gleich bei Friedland, in Bauersheim, plant ein belgischer Fabrikant ein Bauvorhaben, dessen wahrer Umfang noch unbekannt ist. 2008 erhielt der "Investor" vom Landkreis eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Jungsauen-Aufzuchtanlage. Die Kapazität soll für 1499 Tiere ausgelegt sein. Die Erlaubnis für ein weiteres Gebäude (Kapazität: ebenfalls 1499 Jungschweine) erteilte der Kreis kürzlich. Im Gespräch ist sogar noch ein dritter Riesenbunker mit haargenau demselben Fassungsvermögen.

Das Drehbuch läßt nur einen Schluß zu: Dem Investor geht’s allein darum, in dem Bereich eine Anlage nach der anderen zu bauen. Laut Planverfahren zur Flächennutzung ist das Areal als "Sondergebiet Tierhaltung" ausgeschrieben. Weiter auffällig ist, daß die relativ (relativ!) kleinen Anlagen jahrweise errichtet werden sollen. Statt einer Großanlage will er mehrere kleine Gebäude errichten, was natürlich nicht aus Nächstenliebe geschieht.

Trickserei: Keine Prüfung auf Umweltverträglichkeit

Mit seiner Strategie, nach und nach Bauanträge für "kleine" Zuchtanlagen der erwähnten Größenordnung einzureichen, umgeht er gleichzeitig eine Prüfung durch das Staatliche Amt für Umwelt und Natur (StAUN) Neubrandenburg.

Genau hier liegt der Hund begraben: Das StAUN greift erst dann ein, wenn in einer Anlage mehr als 1500 Tiere eingepfercht werden. Das Bundes-Immissionsschutz-und das Tierschutzgesetz schreiben es derzeit noch vor. Pläne für Tier-"Heime" der beantragten Größenordnung fallen dagegen lediglich in die Zuständigkeit der Baubehörde und damit des Baurechts.

Derzeit schlagen Investoren, so auch der Mann aus Belgien, zwei Fliegen mit einer Klappe und das ohne Probleme: Sie bekommen Baugenehmigungen quasi am Fließband, ohne Gefahr zu laufen, den Plan eines gewaltigen Komplexes mit mehreren Ställen aufgeben zu müssen - eine Gesetzeslücke, die es schnell zu schließen gilt. Tier, Mensch und Umwelt zuliebe!

Im Ausland werden Anlagen wie die hier schon bestanden und geplanten übrigens kaum noch oder nicht mehr genehmigt!

Arbeitsplätze um jeden Preis?

Nach Auffassung der "Investoren" müßten die Einheimischen doch eigentlich froh sein: Arbeit und Beschäftigung vor Ort – besser geht es doch nicht. Ob Industriestätten für massenhafte Tierzucht und –verarbeitung aber die vollmundig versprochenen Arbeitsplätze schaffen, ist dabei mehr als fraglich. Der hohe Grad an Mechanisierung läßt auch diese Seifenblase kurzerhand platzen. Oder glauben Sie immer noch, daß in Medow oder in anderen Massenzuchtanlagen dutzende oder gar hunderte Menschen arbeiten?
Auch der vermeintliche Nutzen, den Friedlands Bewohner von einer Jungsauen-Aufzuchtanlage angeblich haben, steht in keinem Verhältnis zu den negativen Auswirkungen für Tier, Umwelt und Mensch.

Lesen, nachdenken, mitkämpfen!

Gerade jetzt haben verantwortliche Stellen die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, Aufklärung über des "Investors" Pläne zu leisten. Wo bleiben denn die Bürgerfragestunden, in denen Risiken agrarindustrieller Tierzucht endlich einmal thematisiert werden? Wo bleiben die Stellungnahmen gewählter Volksvertreter aus dem Stadtparlament?

Wir verschaffen Ihrer Stimme auch weiterhin Gehör!
zurück | drucken Erstellt am Montag, 23. Februar 2009