Der Kampf um die Anklamer Volksbibliothek wird immer interessanter …

Da nicht jeder Leser dieser Seite 40 Semester Baurecht studiert hat, versuchen wir einmal in klar verständlichen Worten darzustellen, was es mit dem "gemeindlichen Einvernehmen" und all dem anderen Kram eigentlich auf sich hat.

Zwei nationale Aktivisten ersteigerten im vorigen Jahr ein Gebäude in Anklam, in dem ein Möbelstudio betrieben wurde. Das ging die Behörden erst einmal gar nichts an. Wer eine Immobilie erwirbt, braucht keine Sondergenehmigung, um sie genau so weiter zu nutzen, wie das vor dem Kauf geschah. Die neuen Eigentümer hätten also selbst ein Möbelgeschäft eröffnen können, aber auch alles andere, was eine ähnliche Nutzung darstellt. Einen Blumen, Bücher- oder Textilienladen zum Beispiel. Die Weiternutzung muß sich innerhalb einer gewissen "Variationsbreite" bewegen. Auch Büros wären in Ordnung gewesen.

Nutzungsänderung beim Landkreis beantragt

Die Variationsbreite verläßt man dann, wenn für die neue Nutzung weitergehende baurechtliche Vorschriften gelten als für die alte. Dann muß ein Antrag auf Nutzungsänderung gestellt werden. Was die Eigentümer auch taten, denn in einem Teil des Bauwerks sollte ein Lese- und Veranstaltungssaal entstehen. Die Baubehörde des Landkreises teilte ihnen mit, welche Umbauten dafür rechtlich erforderlich waren. Und das war nicht wenig: Die Brandschutzbestimmungen in Deutschland sind wirklich äußerst weitgehend. Auch ein Behinderten-WC mußte her.

Nachdem das alles zur Zufriedenheit des Landkreises erledigt war, signalisierte dieser, die Nutzungsänderung gewähren zu wollen, wenn noch eine weitere Voraussetzung dazukäme:

Das Einvernehmen der Gemeinde, die ein Mitspracherecht hat. Jedoch ist die dabei an die Gesetze gebunden! Sie kann nicht einfach nach Lust und Laune entscheiden. Der § 36(2) des Baugesetzbuches sagt, daß dieses Einvernehmen nur aus den Gründen versagt werden darf, die sich aus weiteren Vorschriften des Gesetzes ergeben, nämlich den §§ 31, 33, 34 und 35.

Auf unseren Fall paßt nur der § 34, in dem zum Leidwesen der Linken gar nichts vom "Kampf gegen Rechts", Treue zum herrschenden Parteiensystem oder ähnlicher Antifa-Betroffenheitslyrik steht.

Dort heißt es, daß innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Nun, was war noch einmal die neue Nutzung? Eine Bücherei mit Lesesaal und einem Raum für Vorträge. Paßt das in die Innenstadt, in der es einen Buchladen, eine Leihbücherei und ein Volkshaus gibt? Wobei in dem Volkshaus ständig Vorträge gehalten werden? Das wird man wohl auch ohne längeres Überlegen bejahen können.

Änderung der Stadtsatzung

Die einzige Chance für die Gegner des Projekts war dann noch eine Satzung, in der von den Hauseigentümern in der Innenstadt gefordert wurde, öffentliche Parkplätze bereit zu stellen, und zwar eine Unzahl. So viele Autos gibt es in Anklam gar nicht. Man spekulierte darauf, daß die Eigentümer der Möbelhalle Stellflächen in dieser Dimension niemals würden auftreiben können, aber simsalabim: Sie schafften es.

Worauf die Satzung von der Stadtvertretung leise weinend aus dem Verkehr gezogen wurde, zur Erleichterung aller Hausbesitzer, denen man schwerste Belastungen auferlegt hatte, nur um nationale Bürger zu schikanieren. Kolateralschäden, sozusagen.

Linke Mehrheit gemeindliches Einvernehmen

Es gab nun keinen rechtlich vertretbaren Grund mehr, das Einvernehmen nicht zu erteilen. Das sah auch der amtierende Bürgermeister Dr.Butzke so, der momentan den dauerurlaubenden Herrn Galander vertritt. Er hätte die Entscheidung selber treffen können, da die Stadtvertretung schon früher die Verwaltung per Beschluß ermächtigt hatte, über die Erteilung des Einvernehmens in Angelegenheiten des Baurechts zu befinden. Aber er traute sich nicht. Wahrscheinlich befürchtete er, daß die Linken ihn dafür in der Luft zerfetzen würden. Also schob er die heiße Sache wieder zur Stadtvertretung, damit er seine Hände in Unschuld waschen konnte.

Immerhin hat er dem Stadtparlament aber eine Beschlußvorlage präsentiert, die dazu aufforderte, das Einvernehmen zu erteilen. Zur Begründung hieß es in dem Papier:

"Mit der Aufhebung der Stellplatzsatzung ist die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens zum Vorhaben grundlos geworden. Die Beurteilung der notwendigen Stellflächen ist nunmehr gegenstandslos. Das gemeindliche Einvernehmen ist insofern zu verteilen."

Trotz dieser klaren Ansage stimmten die Vertreter von SPD, Linker, UBL und Ifa gegen die Vorlage. Begründung: Keine. Bis auf einen Abgeordneten, der sich enthielt, stimmte die CDU dafür, ebenso der Vertreter der NPD.

Abstimmungsergebnis: 9 zu 8.

Knapper, als das manchem recht ist, der von der großen antifaschistischen Einheitsfront träumt. Wirklich witzig wird es aber, wenn man sich vor Augen führt, was für Folgen all das hat.

Die weiten Folgen der Verweigerung

Der Kreis hat vom Bürgermeister verlangt, ein mögliches Versagen des gemeindlichen Einvernehmens zu begründen, und zwar nach dem Baugesetzbuch. Problem: So eine Begründung hat Dr.Butzke gar nicht! Er hat in seiner eigenen Beschlußvorlage ja dargelegt, daß es keinen Grund gibt, das Einvernehmen nicht zu erteilen.

Zu allem Überfluß gibt es dann noch den § 33 (1) der Kommunalverfassung, in dem es heißt:

"Verletzt ein Beschluß der Gemeindevertretung das Recht, so hat der Bürgermeister dem zu widersprechen."

Dazu ist Dr. Butzke jetzt durch seine eigene Rechtsauffassung gezwungen. Der Bürgermeister und die linke Stadtvertretermehrheit, beide Gegner der nationalen Bewegung, müssen sich also wegen eines nationalen Objekts miteinander anlegen. Über den Widerspruch, der innerhalb von zwei Wochen schriftlich eingelegt und begründet werden muß, entscheidet die Stadtvertreterversammlung dann in ihrer nächsten Sitzung.

Weist die Stadtvertretung den Widerspruch zurück, hat ihn der Bürgermeister gemäß § 33(2) der Kommunalverfassung zu beanstanden und diese Beanstandung der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen.Gegen diese Beanstandung kann die Stadtvertretung dann vor das Verwaltungsgericht ziehen.

Falls der Landkreis die Versagung des Einvernehmens ebenfalls für rechtswidrig hält – was wohl der Fall ist- könnte er von sich aus tätig werden. Bei ihm liegt nämlich die so genannte Kommunalaufsicht.

Wenn eine Gemeinde einfach fröhlich das Recht verletzt und reihenweise gesetzwidrige Beschlüsse faßt, darf der Landkreis dagegen einschreiten. Er kann rechtswidrige Beschlüsse und Anordnungen einer Kommune beanstanden und aufheben. Oder anordnen, daß die Gemeinde ihre rechtlichen Pflichten erfüllt, und, falls sie dies nicht tut, auch anstelle der Kommune handeln

Sollte der Landkreis sich vor dieser Pflicht drücken wollen, ist ein Bescheid zu erwarten, in dem die Nutzungsänderung nicht erteilt wird, wegen des fehlenden Einvernehmens. Dagegen wird natürlich Widerspruch eingelegt und geklagt. Angesichts der klaren Rechtslage mit dem absehbaren Ergebnis, daß der Landkreis gerichtlich verpflichtet wird, Anklam zur Erteilung des Einvernehmens zu zwingen.

Keine Nutzung = Weiternutzung

Keine Nutzungsänderung heißt aber auch: Weiternutzung. Wie schon gesagt : In dem Gebäude darf ein Möbelhaus und alles andere betrieben werden, für das nicht weitergehende bodenrechtliche Vorschriften gelten. Das gilt auch für das Abgeordnetenbüro des NPD-Landtagsabgeordneten Michael Andrejewski. Es ist schon eingerichtet und wird in Kürze für interessierte Bürger geöffnet sein.

Währenddessen laufen die Auseinandersetzungen um die Nutzungsänderung:

Bürgermeister gegen Stadtvertretung.

Landkreis gegen Anklam

Ein Riesendurcheinander, jede Menge verschwendetes Steuergeld, und alles nur, weil 9 Anklamer Stadtvertreter meinen, auf die Rechtsordnung pfeifen zu können. Ohne Konsequenzen für sie selbst übrigens. Die Kommunalverfassung betrachtet Gemeindevertreter als kleine Kinder, denen Narrenfreiheit zusteht.

Was immer sie für Blödsinn entscheiden mögen, schuld sind sie nie, sondern der Bürgermeister. Der muß gegen rechtswidrige Entscheidungen Widerspruch einlegen.
Wenn er das nicht tut, dann gilt er als Alleinverantwortlicher, der für die Rechtsverletzung gerade steht.

Deshalb wurde Bürgermeister Galander suspendiert: Weil er es unterlassen hatte, Widerspruch einzulegen, als er dazu verpflichtet gewesen wäre. Wird Dr.Butzke seinem Beispiel folgen? Mal sehen.
Quelle: www.npd-mv.de Erstellt am Freitag, 12. September 2008