Zwei Galgenfristen für unser Wolgaster Kreiskrankenhaus

Während der Kreistagssitzung vom 20.02.2006 sollte das Parlament Ostvorpommerns die Landrätin ermächtigen, den mit der Universitätsklinik Greifswald abgeschlossenen Geschäftsanteilsverkaufvertrag abzuschließen.

Dabei hatten die wenigsten Abgeordneten dieses Paragraphenwerk überhaupt gesehen! Zugeschickt worden war es ihnen nicht, weil „Umfang und Inhalt“ des Vertrages es erforderlich gemacht hätten, von einer Versendung der Unterlagen Abstand zu nehmen. Statt dessen wurde man darauf verwiesen, die Papiere in der Kreisverwaltung einzusehen.

Der NPD-Abgeordnete Andrejewski nahm das Angebot an. Doch in dem Ordner, der ihm vorgelegt wurde, fand sich alles Mögliche, nur nicht der Geschäftsanteilsverkauf. Dem Kreistagsbüro war das auch ein Rätsel, und der Verantwortliche weilte gerade nicht in seinem Büro. Höchstwahrscheinlich ist der NPD-Vertreter der Einzige gewesen, der sich überhaupt die Mühe gemacht hat. Deshalb stellte die NPD den Antrag, den entsprechenden Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. Es sei unverantwortlich, über einen Vertrag abzustimmen, dessen genaue Bestimmungen den meisten Mitgliedern des Kreistages unbekannt seien.

Den etablierten Parteien war das egal. Neben den NPD-Parlamentariern stimmte nur ein weiterer Abgeordneter für den Antrag und 3 enthielten sich. Während der Rest die Sache im politischen Blindflug durchpeitschen wollte. Aber dann stellte sich ihnen ein Hindernis entgegen, mit dem sie nicht gerechnet hatten: die Vogelgrippe! Weil Katastrophenalarm ausgelöst worden sei, müsse er jetzt sofort zu einer wichtigen Krisensitzung eilen, verkündete der stellvertretende Landrat Dr. Schönfelder, und deshalb müsse das Votum über den Krankenhausverkauf auf den 02.04.2006 verschoben werden. Nicht die Vernunft oder demokratische Erwägungen haben die Klinik vorläufig gerettet, sondern ein Virus! Wobei uns schleierhaft bleibt, welcher Zusammenhang da bestehen sollte.

Die zweite Galgenfrist ergibt sich aus dem Personalüberleitungsvertrag, den die Kreisverwaltung dem Kommunalparlament gnädigerweise zugänglich gemacht hat. Danach sind betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31.12.2009 ausgeschlossen. Wer darüber vor Freude außer sich sein sollte, der möge bedenken: das sind noch nicht einmal 4 Jahre! Danach hindert die Uni-Klinik nichts mehr daran, gemäß ihrer objektiven Geschäftseigeninteressen vorzugehen. Diese bestehen nicht darin, den Standort Wolgast in seiner jetzigen Gestalt aufrechtzuerhalten oder sogar auszubauen. Vielmehr wäre es viel vorteilhafter für die Greifswalder, ungeachtet aller gegenwärtiger Versprechen und Beschwichtigungen, das Kreiskrankenhaus auszuschlachten und möglichst viele Profite in ihre Stadt zu holen. In Wolgast nur noch ein Portal-Hospital, und alles was Geld bringt, schnappt sich der Aufkäufer. Dies könnte man erreichen durch die Verlagerung kostspieliger Behandlungen, Auslagerung ganzer Abteilungen und Massenentlassungen. Man kann darauf hoffen, daß die Universitätsklinik dann doch einen anderen Weg beschreitet, aber wie wahrscheinlich ist das? Wer zahlt ca. 6 Millionen Euro, um den lieben Onkel zu spielen?

Ab dem 01.01.2010 beginnt die Zeit der großen Unsicherheit spätestens. Wachsamkeit ist angebracht. Grundlos wird man die Verkaufsverhandlungen und auch den genauen Inhalt des Vertrages nicht so beharrlich vor der Öffentlichkeit verborgen halten.
zurück | drucken Erstellt am Dienstag, 21. Februar 2006