Volkssolidarität e.V.? Nicht immer nur löblich!

Hier und da ist auch bei der Volkssolidarität, einer an sich löblichen Vereinigung, nicht immer alles im Lot.

Gemütliche Nachmittage bei Kaffee, Kuchen und Singen, gemeinsame Fahrten, Lichtbildervorträge über ferne Länder, Handarbeitskreise – für viele der "ollen Lüd" bietet die Volkssolidarität e. V.* einen nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil ihres Lebens. Gerade für Witwen und Witwer eröffnen die VS-Begegnungsstätten eine gute Gelegenheit, wieder Anschluß zu finden, zumindest aber unter Menschen zu sein.

Grundsätzlich ist die Existenz einer Vereinigung zu begrüßen, die sich seit ihrer Gründung im Mai 1945 um vorwiegend ältere Landsleute kümmert, sei es nun in Fragen der Geselligkeit oder tatkräftiger Hilfe in allen Lagen des Lebens.

Negativ-Schlagzeilen wegen Versicherungsgeschäften

Doch auch negative Schlagzeilen gab es: Im August 2007 berichteten "Der Spiegel" und andere Medien über Versicherungsgeschäfte des Bundesverbandes. Wie der Bundesgeschäftsführer damals bestätigte, partizipierte der Sozialverband von Abschlüssen. Vom kooperierenden Versicherungskonzern (Werbespruch: "Hallo, Herr Kaiser!") habe er sieben Prozent des jeweiligen Beitrages als Spende, abgezweigt aus den Überschußbeteiligungen der Versicherten, erhalten.

Auf der Netzseite der Volkssolidarität heißt es dazu nur: "Durch Zusammenwirken mit wirtschaftlichen Kooperationspartnern bietet die Volkssolidarität ihren Mitgliedern Vorsorge und persönlichen Nutzen (Hervorhebungen im Original – d. Red.) an. Das ermöglichen entsprechende Gruppen-Rahmenverträge als auch die eigenen verbandlichen Möglichkeiten".

Zum Angebot zählen Vorsorgeangebote, Sterbegeld-Vorsorgeuntersuchung, Unfall-Vorsorgeversicherung (Beitrittsmöglichkeiten bis zum 80. Lebensjahr, Pflegerenten-Riskoversicherung, Kollektiv-Rentenversicherung und Spezial-Rechtsschutz.

Ob die Versicherungen auch immer "paßgerecht" sind, werden die entsprechenden Vermittler natürlich genau wissen und mitteilen. Auch, daß tabellarisch hübsch aufgelistete Endsummen nicht in jedem Fall garantiert sind bzw. garantiert werden können – das Börsenparkett ist bekanntlich sehr rutschig.

Unternehmensstrukturen der VS

Zur Struktur der VS zählen mittlerweile nicht mehr nur die einzelnen, als eingetragene Vereine verfaßten Gebiets-, Orts-, Interessen- und Selbsthilfegruppen, sondern auch GmbH. Deren Betätigungsbiete lauten zum Beispiel Alterswohnen, Pflege, Essenversorgung und Reisen, aber auch Beherbergung sowie Kinder- und Jugendbetreuung. Da bleiben, wie sich jeder ausmalen kann, durchaus notierenswerte Geldbewegungen nicht aus.

Nehmen wir einen VS-Kreisverband (eingetragener Verein) mit Sitz in Mecklenburg-Vorpommern. Der KV fungiert jeweils als Gesellschafter für zwei GmbHs, wobei die eine sich namentlich "Dienstleistungen" widmet, die andere der Abdeckung von Verpflegung und Unterkunft dient. Erstere Gesellschaft ist ein Seniorenhotel mit 38 Betten, zweitgenannte ein Küchenbetrieb zur Essensversorgung und Beherbergung von Vereinsmitgliedern und Gästen. Der Jahresumsatz, erwirtschaftet mit fünf Mitarbeitern, bewegte sich 2007 jeweils im unteren sechsstelligen Bereich. Ob das "gut" oder "schlecht" ist, haben wir nicht zu beurteilen.

Verfahren gegen Geschäftsführer von VS-GMbHs vorläufig eingestellt

Die Justiz hätte sicherlich genauso gedacht, wenn da nicht gegen den Geschäftsführer der GmbHs Verdachtsmomente laut geworden wären.
Bis ins Jahr 2008 hinein liefen gegen den Mann Ermittlungsverfahren: zum einen wegen des Verdachts auf Computersabotage; der zweite Vorwurf lautete auf Untreue, Betrug und Unterschlagung.
Mittlerweile sind die Verfahren eingestellt worden. Im Fall des Vorwurfs der Computersabotage sah die Staatsanwaltschaft Stralsund von der Strafverfolgung gemäß § 154 Abs. 1 der Strafprozeßordnung ab.
Dieser besagt, daß die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen kann, wenn in anderer Sache ein rechtskräftiges Urteil vorliegt bzw. ein Urteil zu erwarten ist, gegenüber dem die Strafe im eingestellten Verfahren nicht beträchtlich ins Gewicht fällt.
Das Strafverfahren wegen Untreue stellte das Amtsgericht Bergen ebenfalls vorläufig gegen Zahlung einer Geldauflage ein, wobei hier § 153a Absatz 2 StPO zur Anwendung kam. Dort heißt es sinngemäß: Wenn die Klage bereits erhoben ist, kann das Gericht mit Zustimmung von Staatsanwaltschaft und Angeschuldigtem das Verfahren bis zum Ende der Hauptverhandlung vorläufig einstellen, dem Angeschuldigten aber zugleich Auflagen und Weisungen (hier: Zahlung einer Geldleistung) erteilen. In der Hauptverhandlung können die tatsächlichen Feststellungen letztmalig geprüft werden.
Siehe dazu auch die Drucksachen 5/1670 und 5/1803.

Weitere Ermittlungsverfahren bei der StA Rostock

Derweil laufen bei der Staatsanwaltschaft Rostock weitere Ermittlungsverfahren. Die Nachprüfungen betreffen zum einen den Geschäftsführer des VS-Kreisverbandes Bad Doberan/Rostock-Land wegen Betruges. Die Hauptbuchhalterin genannter Struktur sieht sich dem Verdacht der Beteiligung an dem Betrug ausgesetzt (siehe auch Drucksache 5/1225).

Der Ostsee-Zeitung (17.01.2008) zufolge hätte der Geschäftsführer für eine von der VS betriebene Einrichtung im Jahr 2006 "falsche Betriebsabrechungen" erstellt, indem er die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verbandes schlechter präsentierte, als dies den Realitäten entsprach. Der Ausweis von Gewinnen in sechsstelliger Höhe fehlte so völlig, heißt es in dem Artikel.

Mit der gefälschten Bilanz soll sich der Funktionsträger für Verhandlungen über Zuwendungen der Stadt Neubukow eine günstigere Ausgangsposition verschafft haben.
Schön wär’s gewiß nicht, wenn sich die Vorwürfe bestätigen würden, da es in diesem Staat gewiß schlechtere Ideen und Einrichtungen gibt als die der "Volkssolidarität"

Wir bleiben auch an diesem Fall dran.

* Als Nachfolgerin der gleichnamigen DDR-Organisation zählt die VS laut „Wikipedia“ nach eigenen Angaben immerhin noch 320.000 Mitglieder in etwa 7000 Gruppen, womit sie die größte Wohlfahrts-Organisation Mitteldeutschlands ist. Erwähnung finden 14.905 hauptamtliche und 31.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Kein Geheimnis ist die verschiedentlich zu beobachtende Hinwendung zur SED-Nachfolgepartei Die Linke; viele sprechen von einer "Vorfeldorganisation".

Quelle: NPD-Fraktion-MV
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 15. Oktober 2008