Sein hervorstechendes Markenzeichen ist eine eigentümliche Mischung aus urplötzlichen Kicher-Anfällen und einer eher verhalten unsicheren Sprache des Körpers: Sebastian Ratjen, FDP-Landtagsabgeordneter.
Ob Ratjen, der Zahnarzt mit fränkischen Wurzeln, gegenüber Besuchern seiner Praxis genauso auftritt wie im "Hohen Hause" zu Schwerin, wissen wir nicht. In der Bahnhofsstraße ist er jedenfalls Herrscher über die Beißerchen seiner Kunden, die derartige Hoheitsgebiete (natürlich nicht nur das von Ratjen) schon mal mit durchaus beklemmenden Gefühlen aufsuchen.
Den Landtag betritt Ratjen auf jeden Fall mit einem ähnlich mulmigen Gefühl, wie es viele Leidende überkommt, die in ängstlicher Erwartung auf dem Zahnarztstuhl kauern. Bohrer, Absauger und Druckluft zugleich – und das mit ohrenbetäubenden Geräuschen - ist für ihn im Schweriner Schloß die NPD-Landtagsfraktion.
Sie habe, so Sebastian Ratjen in einem Gesprächsforum der Friedrich-Naumann-Stiftung in Greifswald, "in das als sicher geltende Haus inzwischen ein Klima der Bedrohung gebracht". So jedenfalls ist es der OZ, Greifswalder Zeitung, vom 02.05.2008 zu entnehmen.
Bedrohung durch bloße Anwesenheit, scharfe Formulierungen und parlamentarische Anträge jenseits des bundesrepublikanischen Zeitgeists? Bohrer und Schaber im Rachen werden die meisten Zeitgenossen als bedrohlicher empfinden, wenngleich das eine wie das andere hilfreich sein kann.
Woher Ratjen sein Wissen nimmt, obgleich er den Landtagssitzungen nicht regelmäßig beiwohnt, entzieht sich unserer Kenntnis. Doch ist er hierzulande nicht der einzige mit getrübtem Blick.
In politische Debatten schaltet er sich schon mal mit putzigen Vorschlägen ein, so im Sommer 2007. Da ging es wieder einmal um die Ächtung der Bekleidungsmarke "Thor Steinar". Von zumeist national ausgerichteten Jugendlichen getragen, sollten sie fortan auch Homosexuelle und Ausländer überstreifen, um auf diese Weise die Exklusivität zu zerstören - so Ratjens Vorschlag, der auch rasch den Grund für die Beliebtheit der Marke erkannt zu haben glaubte: der Schnittigkeit wegen werde sie von den jungen Menschen getragen.
Mit einer derartigen Lockerheit ausgestattet, fiel es ihm auch nicht schwer, die obengenannte Diskussionsrunde in der Greifswalder Uni-Mensa zu moderieren. Und siehe da: Dem OZ-Beitrag zufolge formulierte er noch eine Meinung, die sich zwischen ebengenannten Extremen bewegt. Ratjen habe "den schlechten Ruf der Politiker als möglichen Grund für das Erstarken der NPD" angeführt. "Demokratische Parteien seien oft nicht volksnah. Die NPD-Mitglieder dagegen treten als Antipolitiker auf, die mit Kameradschaft, Bratwurst und Lagerfeuerstimmung aufwarten." Mit der Forderung nach mehr direkter Demokratie wie nationalen Volksentscheiden überdies.
Ein kurzer Hinweis sei noch gestattet: Wenn so "Antipolitiker" aussehen, sind wir gern welche, Herr Ratjen!
zurück
|
drucken
Erstellt am Mittwoch, 07. Mai 2008