Vergrößert Polen sein Territorium nun auch sprachlich?

Die Deutsch-Polnische Gesellschaft, das Bildungsministerium und das Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern beabsichtigen in Kindergärten Fremdsprachenprojekte zu fördern.

Dazu Bildungsminister Henry Tesch: "Es geht um neue didaktische Ansätze in der frühkindlichen Bildung, denn aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, daß die Kleinen in diesem Alter besonders aufnahmefähig sind". – In diesem Punkt hat er Recht, der Henry. Seitdem die Pisa-Studie das bundesdeutsche Bildungssystem auf die hintersten Plätze verwies, werden alle erdenklichen Schul- und Bildungsmodelle, teilweise wieder aus der Mottenkiste kommend, diskutiert und hier und da reformiert. Doch an eines denken die Herren und Damen der hohen Pädagogik nicht, nämlich daß Bildung insbesondere auch eine Frage der Kultur ist. Wer aber Globalisierung und Liberalismus frönt, steht mit Kultur (und zwar mit jeder Kultur) auf Kriegsfuß!

Die Sprache ist der Anfang einer jeden Kultur, weil sie identitätsbildend ist. Sie ist nicht nur Verständigungsmittel im geistigen Austausch, sondern sie prägt das begriffliche Denken. Sprache ist also höchstes Kulturgut eines Volkes und sein seelischer und geistiger Ausdruck. Sie bedarf deshalb der Pflege, um nicht zu erkranken, gerade weil sie Strömungen und Einflüssen unterworfen ist.

Das Erlernen der Sprache beginnt im frühkindlichen Alter und wird durch Vorbild und aktives Sprechen erworben. Nun ist es richtig, wie der Minister anführte, daß Studien belegen, wodurch Fremdsprachenerwerb im Kindergartenalter mühelos und nahezu automatisch erfolgt. Jedoch ist anzumerken, daß Zweisprachigkeit vor dem vierten Lebensjahr dazu führt, daß die Gehirnaktivität keinen Sprachunterschied erkennen läßt, d. h. im Sprachzentrum des Gehirns entwickelt sich nur ein neuronales Netzwerk. Kommt jedoch die Zweit- oder Drittsprache erst später hinzu, wird teilweise ein neues Netzwerk im Gehirn entwickelt. Das Erlernen ist nun mit mehr Aufwand verbunden. Auch wird nicht die Vollkommenheit erreicht werden. Da aber Sprachen niemals wesensgleich sind, geht mit dem frühkindlichen Fremdsprachenerwerb die Unterscheidungsfähigkeit insgesamt verloren. Das beeinträchtigt die Sprachverwurzelung in der Muttersprache und auch das begriffliche Denkvermögen negativ.

Weil die Aussprache und Grammatik durch Vorbilder, durch sogenannten Sprachinput, gelernt werden, müssen auch wirkliche Vorbilder vorhanden sein. Hier sind in erster Linie die Eltern gefordert, die ihre Verantwortung nicht den "Pädagogen" in den Erziehungsanstalten oder sogar dem Fernsehen überlassen dürfen. Es bleibt zu befürchten, daß mit dem angestrebten Projekt nunmehr auf Krampf eine Fremdsprache in die Köpfe der Kinder gesäuselt und dabei vergessen wird, die eigenen Muttersprache zu pflegen. Mit zwei Sprachen, die man beide nur schlecht beherrscht, ist es am Ende auch nicht getan. Darum: Mehr Deutsch und weniger Polnisch!
zurück | drucken Erstellt am Mittwoch, 04. Juli 2007