K(r)ampf um die dritte Sportstunde

Übergewicht, Fettsucht, Störungen in den Bewegungsabläufen: Die Einschulungs-Untersuchungen in M/V führen Jahr für Jahr zu Ergebnissen, die durchaus Anlaß zur Besorgnis geben. Fast 20 Prozent der Kinder sind übergewichtig oder gar adipös; zwischen zwölf und 14 Prozent weisen Beeinträchtigungen in der Grob- bzw. Feinmotorik auf.
 
Und die Gründe? PC, Fernseher und wieder PC: Heutige Heranwachsende bewegen sich weniger, als es beispielsweise Kinder in den siebziger und achtziger Jahren noch taten. Hinzu kommen Eßgewohnheiten – die Schattenseiten der „Hochzivilisation“.
 
In vielen Kindertagesstätten werden die Jüngsten zwar in Zusammenarbeit mit Sportvereinen spielerisch an Sport und Bewegung herangeführt. Auch gibt es Projekte zum Thema Ernährung. Doch wird im letzten Kinder- und Jugend-Gesundheitsbericht für M/V festgestellt, daß beim Anteil der übergewichtigen und fettsüchtigen Sprößlinge „kein rückläufiger Trend erkennbar“ sei.
 
Wie Fachleute zudem bemängeln, werde in den Schulen zu viel fachfremder Sportunterricht erteilt; ein übriges täte ein teilweise recht hoher Stundenausfall. Über genaue Zahlen verfügt indes niemand, nicht einmal das Bildungsministerium.
 
Der Worte sind genug gewechselt – laßt uns endlich Taten sehn!
 
Jetzt meldete sich der Landessportbund zu Wort. Sein Geschäftsführer fordert neben Fitneß-Tests für Grundschüler auch, eine dritte Sportstunde in den Schulplan aufzunehmen. Derzeit betrifft dies nur die Klassen 2 bis 6; für die übrigen Jahrgangsstufen sind es zwei Wochenstunden. Der Sportlehrerverband M/V und Wissenschaftler der Uni Rostock mahnen eine Drei-Stunden-Regelung schon seit Jahren an. Passiert ist allerdings nichts.
 
Die NPD-Landtagsfraktion hat mehrfach verlangt, aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen endlich die nötigen Schlußfolgerungen zu ziehen (Drucksachen 5/1403, 5/2060 und 6/1038). Außerdem müssen die Bewegungsangebote für die Jüngsten in den Kitas erweitert werden. Sind doch die Versäumnisse von heute die (Krankheits-)Kosten von morgen.
 
Innen- und Sportminister Lorenz Caffier (CDU) spricht sich übrigens auch für die dritte Sportstunde aus – sagt er jedenfalls. Seit Jahren kämpfe er dafür, leider vergeblich, klagte er der Ostsee-Zeitung gegenüber sein Leid. Mitleids-Bekundungen können direkt an das Arsenal in Schwerin, Caffiers Dienstsitz, geschickt werden.
 
Und vielleicht gelangen CDU und SPD noch in der laufenden Wahlperiode zu einer entsprechenden Einigung, ohne daß es gleich zu furchtbarem Getöse im Koalitions-Gebälk kommt.Möglicherweise wird auch zunächst eine Kommission mit guthonorierten Mitgliedern gebildet, die im Ergebnis wiederum feststellen, was ohnehin jeder weiß: Viele Kinder sind zu dick oder auch zu unbeweglich. Ach ja, und die „handelnden Akteure“ müssen sich besser miteinander vernetzen.
zurück | drucken Erstellt am Montag, 02. Juni 2014