Auf dem Weg zur neuen SED

Fraktionen der Blockparteien schaffen erste Voraussetzungen zur Fusion in der "Schweriner Einheitspartei".

Die Schweriner Blockparteien erklärten gestern in einer gemeinsamen Erklärung ihre Einigkeit im Kampf gegen die Achse des Bösen. Die Achse verläuft entlang der Fensterreihe des Schweriner Plenarsaales: vor den Abgeordneten der NPD.

Früher war das alles anders. Noch vor wenigen Monaten war kein Sack Reis, der im Rostocker Verladehafen umkippte, zu unwichtig, um eine erregte, hitzige Debatte im Schweriner Schloß auszulösen. Nun herrscht Einigkeit und Schweigen. Letzteres ist mittlerweile sogar gesetzlich untermauert worden, indem die Redezeiten beschnitten wurden. "Schweigen per Gesetz", könnten böse Zungen behaupten.

Ein Glück für die Etablierten, das ihr wichtigstes Gesetz, die Diätenerhöhung, gleich zu Beginn schnell verabschiedet werden konnte. Freilich bedurfte es auch dazu nur weniger Worte. Endlich, endlich - Taten statt Worte! Und so etwas von Politikern! "Freiwillig verzichte man auf einen Teil der geplanten Erhöhung", hieß es bedeutsam - in Zahlen, heißt das: auf 13 Euro. Bürgernähe ist das nicht.

Danach raffte man sich also auf, eine gemeinsame Erklärung gegen die NPD zu verfassen. Ältere Mitbürger, von denen es in Mecklenburg-Vorpommern ja immer mehr gibt, dürfen sich beim Lesen noch an das Jahr 1946 erinnert fühlen. Dem Jahr, in dem sich Kommunisten und Sozialdemokraten zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zusammenschlossen. 60 Jahre später gibt es das Ganze noch einmal in XXL. Nun sind zusätzlich noch die Blockflöten von CDU und Liberalen mit im Boot. Und mit ernstem Blick und aufrichtiger Besorgnis wird erklärt:

"Die Fraktionen von SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP setzen sich gemeinsam für den Schutz und die Weiterentwicklung der Demokratie im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern ein. [...] Deshalb besteht unsere dringlichste Aufgabe jetzt darin, jene von der Demokratie enttäuschten Bürgerinnen und Bürger für die demokratische Wertegemeinschaft zurück zu gewinnen."

Toll! Und genau deshalb werden 7,3 Prozent der Wählerschaft als Ratten und Dummköpfe beschimpft. Um sie auf den Pfad der Tugend zurückzuholen! Und genau deshalb können Probleme wie Arbeitslosigkeit, Verschuldung, Abwanderung auch warten - denn was gibt es dringenderes in Meck-Pomm, dem wohlhabendsten Bundesland mit der niedrigsten Arbeitslosenquote, als der Opposition Wähler abspenstig zu machen?

Die Demokratie muß weiterentwickelt werden! Ach darum sollen jetzt und in Zukunft JEGLICHE Anträge der NPD einstimmig abgelehnt werden! So kann man dann hinterher auch leichter behaupten, die NPD-Arbeit im Parlament sei doch "sehr erfolglos" gewesen.

Man will sich mit der NPD argumentativ auseinandersetzen. Am besten geht dies nach Meinung der Superdemokraten, in dem man die Redezeit beschneidet. Hinterher heißt es dann "die NPD hat keine Lösungen und Argumente". Vielleicht hat sie nur keine Zeit, diese dem Parlament
darzulegen?

Man behauptet, die NPD gibt nur platte, auswendig gelernte Parolen zum besten. Gleichzeitig schult man die eigenen Abgeordneten, damit diese der vermeintlich "geballten Dummheit" halbwegs gewachsen sind.

Man muß wirklich sagen ein toller Fortschritt in der Weiterentwicklung der
Demokratie! Gratulation nach Schwerin! Dort scheint die Demokratie wirklich schon so weit fortgeschritten zu sein, daß sie kaum noch erkennbar ist - sie ist schlicht "fort geschritten".

Niemand würde ernsthaft behaupten, die "Demokratische Volksrepublik Korea" (Nordkorea) sei tatsächlich eine Muster-Demokratie. Von der "Deutschen Demokratischen Republik" wurde so etwas im Allgemeinen auch nicht behauptet. Dennoch trugen und tragen diese Staaten die Demokratie sogar in ihrer Staatsbezeichnung. Sollte es gar so sein, daß etwas, über das man am meisten spricht, am wenigsten vorhanden ist? Im Schweriner Schloß wurde in den letzten Tagen sehr oft von "Demokratie und Freiheit" gesprochen.

Aber egal. Die Schweriner Einheitspartei "erklärt" munter weiter:

"Wer sich selbst und seine politischen Ziele "verfassungsfeindlich" nennt, kann nicht auf politischer Gleichbehandlung bestehen und diese einfordern."

Nun ja, und wo es keine Verfassung gibt, wie in der BRD, da kann man nicht verfassungsfeindlich sein. Die neuen Abgeordneten der NPD haben bewiesen, das sie zumindestens die Geschäftsordnung des Landtages besser kennen, als die alten Hasen, die nicht gern als "Abgeordnete der Blockparteien" bezeichnet werden wollen, jedoch als Block abstimmen. Sollte das bei der Landesverfassung oder dem provisorischen Grundgesetz der Bundesrepublik anders sein?

Trotz aller Krokodilstränen wird sich die Schweriner Einheitspartei (SE) einfach daran gewöhnen müssen, das sie nun noch mindestens 5 Jahre eine Opposition im Hause hat. Wenn sie der NPD Wähler "abjagen" will,
dann sollte sie uns einfach "machen lassen". Wenn wir so schlecht
sind, wie die SE behauptet, dann werden wir sicher auch nicht wiedergewählt. Leisten wir aber gute Arbeit, zum Wohle der Bürger von Mecklenburg und Pommern (Alptraum der Etablierten!), dann wird die
NPD-Fraktion in Zukunft weiter wachsen.

Einen Kindergarten, einen Zirkus, ein Tollhaus, oder eine Block-Abstimmungsmaschine nach Volkskammer-Art braucht unser Land aber nicht. Darum wird die NPD-Fraktion alles in ihren Kräften stehende tun, um den Abgeordneten der anderen Parteien einige Lehrstunden in Sachen gelebter Demokratie zu vermitteln.
zurück | drucken Erstellt am Freitag, 20. Oktober 2006