Die 100 Millionen des Helmut H.

Keine Frage: Strukturschwache Regionen in M/V benötigen Hilfe „von oben“. Doch reichen dafür 100 Millionen? Und vor allem: Was soll wann gefördert werden?
 
Wie NDR 1 Radio MV unlängst meldete, verlangt die Linksfraktion im Landtag ein Hilfsprogramm für besonders benachteiligte Regionen im Nordosten. Dazu soll ein 100 Millionen Euro schwerer Sonderfonds aufgelegt werden.
 
Laut dem Radiosender stützt sich die Linke auf Vorarbeiten der rot-schwarzen Landesregierung. Das Sellering-Kabinett hat demnach im Entwurf für den Landesentwicklungsplan erstmalig jene Gemeinden und Ämter festgelegt, die besonders unter Bevölkerungsverlusten und fehlender Wirtschaftskraft leiden. Meist liegen diese in Vorpommern. Betroffen sind knapp 40 Prozent der Landesfläche.   
 
Genau diese Kommunen verdienten eine besondere Förderung, so der Linken-Fraktionsvorsitzende Helmut Holter, der ein Regionalbudget für Strukturentwicklung fordert. Jeweils 50 Millionen für die Jahre 2014 und 2015, lautet seine Vorstellung, die er während der jetzt beginnenden Verhandlungen zum kommenden Doppelhaushalt deutlich zu machen gedenkt.
 
Kosmetische Operationen
 
Die Mittel sollen eingesetzt werden, um das Leben auf dem flachen Land zu verbessern: Radwege, Gemeindetreffs oder lokale Energieversorgung. Schön und gut. Doch letztlich handelt es sich um kosmetische Operationen an einem Patienten, der doch sehr dringend eine Spenderniere benötigt – so wichtig die ebengenannten Investitionen auch wären.
 
Die NPD-Fraktion hat zu Beginn dieser Wahlperiode per Antrag die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone (SWZ) gefordert, in der es für Investoren steuerliche Erleichterungen geben soll (Drucksache 6/737). SWZ werden geschaffen, um benachteiligten Regionen überhaupt erst einmal eine wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen. Zwar läuft die Errichtung der SWZ EU-Recht zuwider, doch stellt beispielsweise Polen (dort gibt es mehr als ein halbes Dutzend solcher Zonen) wie selbstverständlich das nationale Wohl über Befindlichkeiten in Brüssel.
 
Lücken in der Straßen-Infrastruktur
 
Auch gibt es in Vorpommern und Ostmecklenburg beträchtliche Lücken in der Straßen-Infrastruktur. Die IHK Neubrandenburg hat errechnet, daß für Straßenbau-Projekte in ihrem Verantwortungsbereich 443 Millionen Euro notwendig wären. Viele der Vorhaben wurden schon vor zehn Jahren im Bundes-Verkehrswegeplan aufgeführt, ohne daß sich etwas Richtungsweisendes getan hätte.  
 
Zunächst also müssen die grundlegenden Voraussetzungen (Verkehrs-Infrastruktur, Firmenansiedlungen) geschaffen werden, bevor dann die nächsten Schritte erfolgen. Dazu gehören der an sich lobenswerte Aufbau einer lokalen Energieversorgung sowie der Bau von Schulen, Kindergärten, Jugendtreffs, Läden und Dorfgemeinschafts-Häusern.
 
Milliardenschwere Programme notwendig
 
100 Millionen Euro sind angesichts einer gewaltigen Herausforderung ein Klacks. Was nottut, sind Hilfsprogramme, die vom Volumen her den Banken- oder Euro-„Rettungsschirmen“ sowie den Ausgaben für Bundeswehreinsätze entsprechen. Nicht  zu vergessen sind die Ausgaben für Asylanten, die 2012 bundesweit mit 1,1 Milliarden zu Buche schlugen, was einer Steigerung um 20,7 (!) Prozent entspricht.
 
Überdies muß sich Helmut Holter ernsthaft fragen lassen, was er während seiner immerhin achtjährigen Amtszeit als Minister für Arbeit und Bau in den rot-roten Kabinetten Ringstorff I und II getan hat, um Vorpommern nach vorn zu bringen. Bezeichnend ist auch, daß die jetzigen Landesoberen im Entwicklungsplan zum ersten Mal jene Gemeinden und Ämter festlegten, die von besonders starken Bevölkerungsverlusten und fehlender Wirtschaftskraft betroffen sind.
 
Aber so sind sie, die Herrschaften in Schwerin: Erst über Jahre pennen und dann in hektischen Aktionismus verfallen.
zurück | drucken Erstellt am Sonntag, 15. September 2013