Autoritätspersonen über dem Grundgesetz

Naivlinge glauben immer noch, in der BRD sei alles genau so, wie es im Grundgesetz steht.
 
Alle Macht geht vom Volke aus und wird von gewählten Parlamenten und Regierungen in dessen Namen ausgeübt. Der Verfassungsschutzmann Hans-Jürgen Förster erzählte in seiner Vernehmung vor dem NSU-Untersuchungsausschuß des Bundestages im November 2012 aber etwas Anderes. Ende 1996 war er Chef des Brandenburger Verfassungsschutzes geworden. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hätte er gerne den als V-Mann in die nationale Bewegung eingeschleusten Carsten S. alias „Piato“ abgeschaltet, der eine Haftstrafe wegen versuchten Mordes abgesessen hatte. Zuvor informierte Förster aber noch den damaligen Landesinnenminister Alwin Ziel (SPD) über den Sachverhalt.
 
Dieser, so der Geheimdienstler, habe dann beschlossen, eine außen stehende „Autoritätsperson“ zu fragen, „ob es moralisch vertretbar sei, einen V-Mann wie Piato zu führen.“ Und zwar den mittlerweile verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden,  Ignatz Bubis.
 
Nachdem der hohe Herr sein zustimmendes Votum abgegeben habe, sei die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtages in Kenntnis dessen ebenfalls dafür gewesen, den Spitzel weiter zu beschäftigen. (Quelle: Der Spiegel, 18/2013)
 
Da drängt sich die Frage auf, bei welchen Gelegenheiten diese Autoritätsperson noch um Genehmigung staatlichen Handelns ersucht wurde. Wenn ein leibhaftiger Innenminister es schon bei einem untergeordneten Detail nicht wagt, eine Entscheidung zu treffen, ohne „oben“ nachzufragen, wie sieht es dann erst bei den grundsätzlichen politischen Fragen aus?
 
Und welche Autoritätspersonen gibt es sonst noch? Was können die gewählten Institutionen der BRD überhaupt in eigener Verantwortung beschließen? Bemerkenswert dabei ist, dass sich dieser Vorgang 6 Jahre nach der Wiedervereinigung und damit der Wiederherstellung der „vollen Souveränität“ der BRD abspielte. Und dass es geschlagene 16 Jahre dauerte und eines NSU-Ausschusses bedurfte, um diese verborgenen Machenschaften öffentlich zu machen.
 
So übertrieben scheint die Theorie von der unsichtbaren Regierung und der Herrschaft aus dem Hintergrund jedenfalls nicht zu sein Wie wäre es, wenn wir demnächst nicht mehr Parlamente, sondern gleich die zuständigen „Autoritätspersonen“ wählen würden?
zurück | drucken Erstellt am Dienstag, 07. Mai 2013