Rostock: Zwei Drittel der Ex-Schlecker-Mitarbeiterinnen noch ohne „Job“

44 ehemalige Rostocker Mitarbeiterinnen der insolventen Drogeriemarkt-Kette Schlecker haben bis Anfang November noch keine neue Stelle gefunden. Das geht aus einer Anfrage des NPD-Bürgerschaftsabgeordneten Thomas Jäger hervor.

35 Angestellte sind derzeit arbeitslos und neun arbeitssuchend gemeldet. Am „Standort“ Rostock waren einst 65 Mitarbeiterinnen beschäftigt. 16 fanden bislang eine neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Eine Mitarbeiterin wagte den Schritt in die Selbständigkeit; „mehrere“ nahmen laut Antwort der Stadtverwaltung „einen Nebenverdienst“ auf, womit etwa zwei Drittel der Rostocker Angestellten des früheren Drogeriemarkt-Riesen noch ohne neues Arbeitsverhältnis dastehen.  

Rund zehn  Monate ist es her, daß Anton Schlecker sowie die Tochterunternehmen Schlecker XL GmbH und Schlecker Home Shopping GmbH beim Amtsgericht Ulm einen  Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt haben.

Aberwitzige Expansion und schlechte Arbeitsbedingungen 

Beim Blick auf die Geschichte des Unternehmens stechen vor allem zwei Fakten ins Auge: zum einen die scheinbar nicht enden wollende Expansion im In- und Ausland und zum zweiten immer wieder Negativ-Meldungen über schlechte Arbeitsbedingungen und miserable Entlohnung. 1998 wurden Anton und Christa Schlecker vom Landgericht Stuttgart zu einer Freiheitsstrafe von jeweils zehn Monaten auf Bewährung sowie zu einer Geldstrafe in Höhe von einer Million Euro verurteilt. Das Ehepaar hatte den Schlecker-Beschäftigten vorgegaukelt, sie würden Tariflöhne erhalten, was das Gericht als Betrug wertete.

2009 ging die Familie Schlecker dazu über, ein Netz so genannter XL-Märkte aufzubauen und die kleineren Filialen in deren Umfeld zu schließen. Die neuen Märkte gehörten zur rechtlich selbständigen Schlecker XL GmbH; für die Tochter besaßen die Tarifverträge der Firma Anton Schlecker keine Gültigkeit, wodurch die Mitarbeiterinnen zunächst zu deutlich schlechteren Konditionen weiterbeschäftigt wurden. Am 23. April 2010 fällte das Arbeitsgericht Marburg allerdings ein Grundsatzurteil. Demnach mußte eine Schlecker-Mitarbeiterin weiter zu den alten Konditionen eingesetzt werden.   

In der Mehrzahl der Filialen arbeitete nur eine Vollzeitkraft. Bei Bedarf wurden zwei Halbtagskräfte hinzugezogen.

Ende 2012 berichtete Spiegel Online über „massive Liquiditätsprobleme“ bei Schlecker. Bereits im Juni 2011 war bekanntgeworden, daß der Drogerie-Riese seit drei Jahren Verluste erwirtschafte und die Unternehmensleitung erwäge, zwischen 500 und 800 Filialen zu schließen. Letztendlich wurde Schlecker zum Opfer des turbokapitalistischen Konkurrenzkampfes auch auf dem Sektor der Drogeriemärkte. Hinzu kamen hausgemachte Probleme wie z. B. das in vielen Filialen vorherrschende Mißverhältnis zwischen Ladenfläche und Warenangebot, woraus eine kundenunfreundliche Enge resultierte. 
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 08. November 2012