Von Lernorten und Lehrinhalten

Was haben der Ostseegrenzturm in Kühlungsborn, die Staatssicherheits-Haftanstalt Töpferstraße in Neustrelitz oder der Genzhus e. V. in Schlagsdorf gemein? Bei allen handelt es sich um Gedenkstätten, die auch außerschulische Lernorte zur DDR-Geschichte sind.
 
Elf davon gibt es in M-V, wie aus einer Kleinen Anfrage des NPD-Landtagsabgeordneten David Petereit hervorgeht. Wie viele Schüler bzw. Schulklassen die Stätten seit der jeweiligen Eröffnung besucht haben, weiß die Landesregierung nicht, da sich nur das „Dokumentations-Zentrum des Landes für die Opfer der Diktaturen in Deutschland“ am Schweriner Demmlerplatz innerhalb der Landesverwaltung befinde.   
 
Weiterhin wollte der Abgeordnete wissen, inwieweit verallgemeinerbare, mithin wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über das Wissen von Jugendlichen in M-V zur Geschichte und zum politischen Charakter des SED-Regimes vorhanden seien.  Hintergrund: Kritische Zeitgenossen, darunter Opferverbände, warnen vor einer einseitigen Verklärung der DDR-Geschichte. Vor allem Jugendliche würden auf den SED-Staat in sozialromantischer Hinsicht Rückschau halten und dabei seinen diktatorischen Charakter verkennen.   
 
Wissensstand über DDR-Zeit: Keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse
 
Wie die Landesregierung zugeben mußte, lägen ihr derzeit „wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über den Wissensstand der Heranwachsenden in Mecklenburg-Vorpommern zur DDR-Diktatur … nicht vor“. Aufschlüsse erhofft man sich von der Studie „Kenntnisse, Bilder, Deutungen. Das zeitgeschichtliche Bewußtsein Jugendlicher in Deutschland“, die unter Leitung von Professor Klaus Schröder vom Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin erarbeitet wurde und die voraussichtlich 2012 beim Böhlau-Verlag erscheinen wird. 
 
Außerdem erkundigte sich der NPD-Volksvertreter nach der Darstellung der DDR-bzw. der deutsch-deutschen Zeit in den Lehrplänen (siehe Drucksache 6/279 / Seiten 5 – 8). In diesem Zusammenhang hätten es weitere unumstößliche, mithin entscheidende Fakten verdient, als Schwerpunkte im Unterricht behandelt zu werden. Nehmen wir nur einmal den Mauerbau vom 13. August 1961, der als eine der größten Tragödien der deutschen Geschichte gelten muß.
 
DDR und BRD als Besatzerkonstrukte der Siegermächte
 
Die Errichtung des Eisernen Vorhanges hatte viele Väter (eben nicht nur „Spitzbart“ Walter Ulbricht!), sondern sie war das Ergebnis jahrzehntelanger Bestrebungen der westlich-liberalkapitalistischen Mächte, das wirtschaftsstarke Deutschland in der Mitte Europas mit seiner durch Fleiß und Disziplin hervorstechenden Bevölkerung an die Kette zu legen und als schwergewichtigen Konkurrenten weitgehend auszuschalten. Dabei wurde seit 1919 (Versailler Diktat) bis 1945 (Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam) zum brutalen Mittel der Abtrennung von Gebieten bzw. zur Zerstückelung gegriffen. Hinzu kam als neue Macht und Gefahr aus dem Osten die bolschewistische UdSSR.  
 
Schließlich entstanden BRD als auch DDR im September bzw. Oktober 1949 als unselbständige Besatzerkonstrukte. Das teilwiedervereinigte Deutschland ist es bis heute. Im November 2011 hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble während seiner etwa vierzigminütigen Rede auf dem „European Banking Congress“ Klartext gesprochen: „Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr souverän gewesen.“
 
Was wohl mit einem Lehrer passiert, der diese Fakten und Zusammenhänge seinen Schülern serviert?
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 23. Februar 2012