Schildbürgerstreich in Wittenburg

Es ist für jeden sichtbar, das in der Stadt Wittenburg ein großer Sanierungsstau besteht. Rund um die altehrwürdige Kirche verfallen zusehends die Häuser der Innenstadt.

Der neueste Fall läßt tief blicken: Nachdem ein von der Wittenburger Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft verwaltetes Gebäude in der Großen Straße als latent gefährlich eingestuft wurde, hat das Bauamt den Abriß genehmigt. Ohne große Umschweife wurden den Anwohnern der benachbarten Gebäude mitgeteilt, daß der Abriß erfolgen würde und diese ihre Häuser zu räumen hätten, da seitens der Stadt oder Wohnungsgesellschaft eine Haftung für Personenschäden ausgeschlossen würde.

Laut Anwohnern hatte die Wohnungsbaugesellschaft durch den Geschäftsführer Jan Zimmer mitteilen lassen, daß entstehende Schäden an den Nachbargebäuden durch die Wohnungsbaugesellschaft reguliert würden. Dafür ständen angeblich sogar Städtebaufördermittel bereit.

Nun ist der Abriß in vollem Gange und es hat sich herausgestellt, daß besonders großer Schaden an dem Nachbargebäude Große Straße Nr. 7 entstanden ist. Dabei handelt es sich um das Wohn- und Geschäftsgebäude einer alteingesessenen und verdient gemachten Familie: das Gebäude der ehemaligen Stadtbäckerei Matz. Die 71- jährige und letzte Anwohnerin der ehemaligen Bäckerei mußte daraufhin in eine nahegelegene Pension umziehen - auf eigene Kosten! Doch noch schlimmer ist, daß die Wohnungsbaugesellschaft von einer Kostenübernahme nichts mehr wissen will, da es eine solche Zusicherung angeblich nie gab.

Interessant dabei ist auch, daß über Städtebaufördermittel eine solche Regulierung nicht so ohne weiteres möglich ist. Solche Mittel müssen beantragt sowie genehmigt werden und Eigenanteile der jeweiligen Eigentümer werden fällig. Alles Dinge die im Vorfeld einer solchen Maßnahme besprochen hätten werden müssen.

Doch über den „kurzen“ Dienstweg wurden solche Probleme offenbar achtlos beiseite geschoben. Die Stadt und der Bürgermeister haben sich über den Schildbürgerstreich und wie man der Familie helfen möchte noch nicht öffentlich geäußert.

Andreas Theißen, Mitglied des Kreistages in Ludwigslust, hatte sich vor Ort ein Bild von der Situation gemacht und versprochen das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen. Im Gespräch mit entsetzten Bürgern äußerte Andreas Theißen:

„Es ist schon erschreckend wie hier mit den Bürgern umgegangen wird. Ob Mitglieder der einzelnen Parteien in der Stadtvertretung auch gleichzeitig Gesellschafter, und ob der Bürgermeister und weitere Genossen sogar im Vorstand der Gesellschaft sitzen, wird noch zu erfragen sein. Fakt ist, die Stadt hat den Auftrag sich auch solcher Probleme anzunehmen. Kostenlose Backwaren für den Martinsumzug oder gar Spenden für die Feuerwehr werden von den Politikern gerne angenommen und in der Öffentlichkeit ausgeschlachtet. Hilfe auf kurzem Dienstweg darf aber keine Einbahnstraße sein!“
 
zurück | drucken Erstellt am Montag, 26. September 2011