Zeitarbeitsfirmen müssen nachzahlen

Bundesarbeitsgerichtsurteil verpflichtet Zeitarbeitsfirmen zum Nachzahlen von Leiharbeitslöhnen

Nach einem Urteil des Bundesarbeitgerichtes muß die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) rund 1.400 Leiharbeiter Löhne nachzahlen. Diese arbeiteten zu Verträgen mit deutlich niedrigeren Stundenlöhnen, was das Gericht zum Anlaß nahm, die CGZP zu Nachzahlungen zu verpflichten. Die Deutsche Rentenversicherung kündigte nach dem Urteilsspruch bereits an, ausstehende Sozialbeiträge einzufordern. Rückwirkend ab 2003 belaufen sich die Summen in Milliardenhöhe. Aufgrund der Verjährungsfrist ist jedoch lediglich ab dem Jahr 2005 eine Nachzahlung rechtswirksam.

Das Bundesarbeitsgerichtsurteil könnte richtungweisend sein. Auch in Mecklenburg-Vorpommern sind derzeit 15 Klagen gegen Zeitarbeitsfirmen am Rostocker Arbeitsgericht und 50 am Schweriner Arbeitsgericht anhängig.

Vor dem Hintergrund des 01. Mai 2011 muß das Bundesarbeitsgerichtsurteil jedoch nur als Wehrmutstropfen bewertet werden. Schon jetzt jubelt beispielsweise die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), daß polnische Leih- und Zeitarbeitfirmen Tarifverträge für die Zeit nach dem 1 Mai 2011 vorbereiten lassen, die polnischen Arbeitsnomaden einen Stundenlohn von 4,80 Euro zusichern. Angesichts dessen scheint für die etwa 11.000 in Mecklenburg-Vorpommern zählenden Leiharbeiter bereits jetzt der Kampf um eine gerecht entlohnte Arbeit verloren zu sein.

Arbeit um/zu jedem Preis!

Je näher der 01. Mai in diesem Jahr und damit die grenzenlose Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU rückt, desto breiter wird in der Öffentlichkeit die moderne Lohnsklaverei in Deutschland – das System der Leiharbeit - diskutiert. Dabei hat sich der Anteil der Leiharbeiter auf dem Arbeitsmarkt seit Mitte der Neunziger kontinuierlich erhöht, ohne daß es zu einem Aufschrei gekommen ist. Im Ergebnis dieses schleichenden Prozesses schieben bundesweit über 8.000 Vermittlungsfilialen und Zeitarbeitsfirmen die „Humanressource“ Leiharbeiter wie seelenlose Gegenstände von Unternehmen zu Unternehmen. Dort müssen sie die gleiche Arbeit wie ihre festangestellten Kollegen leisten, bekommen aber nur einen Bruchteil vom Lohn, sind jederzeit kündbar und sind arbeitsrechtlich ungenügend abgesichert.

Trotzdem konnten Zeitarbeitfirmen Leiharbeiter aus dem Heer der Perspektivlosen rekrutieren, die der Staat im Stich ließ. Dabei spielen sie ein perfides Spiel mit der blanken Existenzangst der Arbeitsuchenden, die in der Regel die Wahl zwischen Hartz IV oder Abwanderung haben. Die meisten Beschäftigten sind angesichts dessen gefügig und allenthalben dankbar um jede Art von Arbeit. Wer verzweifelt und jahrelang erfolglos um eine reguläre Anstellung ringt, ist irgendwann froh für ein Arbeitsleben auf Abruf. Der Anteil der Arbeitssuchenden, die als letzen Ausweg um in Lohn und Brot zu kommen, die Zeitarbeit ansehen, erreichte bundesweit ihren Höchststand im Juli 2008 mit 823.000 Beschäftigten.

Leih- und Zeitarbeit ächten

Es müssen endlich ein gesetzliche Rahmen und geeignete arbeitspolitische Instrumente geschaffen werden, welche Leih- und Zeitarbeit auf das Äußerste einschränken:

- Die Festanstellung nach angemessener Frist für Leiharbeiter und Beschäftigte auf Zeit vom Betrieb, für den sie bereits arbeiten;

- Eine Sondersteuer für Unternehmen, die regelmäßig und über längere Zeiträume Leih- und Zeitarbeiter für sich arbeiten lassen, muß den Anreiz zur Festanstellung erhöhen;

- Der Lohn eines Zeitarbeiters ist bei gleicher Qualifikation und Ausbildung dem Lohn eines festangestellten Arbeitskollegen desselben Betriebes anzugleichen;

- Keine Unterschiede im Kündigungsschutz zwischen Leih- und von Zeitarbeitern einerseits und festangestellten Arbeitskollegen desselben Betriebes andererseits!
zurück | drucken Erstellt am Dienstag, 01. März 2011