Neubrandenburg-Demo, 27. Mai 2006 - Und die Verbotsverfügung kam doch noch...

Ist es üblich, daß auf am PC gefertigten Schreiben, das Datum per Hand eingeschrieben wird? Nun dies kann dahinstehen. Auf jeden Fall ist die Verbotsverfügung, von Oberbürgermeister Krüger persönlich unterschrieben, nun doch noch gekommen, ganze 9 Seiten stark.

Zwei Seiten Wiedergabe des Schriftwechsels, 1,5 Seiten Abgeschriebenes aus Gesetzeskommentaren und dann der erste Tatsachenvortrag. Da dieser für mich genau so neu, wie für viele andere sein dürfte, sei er nachfolgend in Auszügen wiedergegeben:

"Als Datum für die Veranstaltung wurde von Ihnen der 27. Mai 2006 gewählt.

Am 27. Mai 1942 verübten tschechische Widerstandskämpfer ein Attentat auf Reinhard Heydrich. Heydrich erlag Tage später den Verletzungen dieses Anschlags. Reinhard Heydrich, geb. am 7. März 1904 in Halle an der Saale, gest. am 4. Juni 1942 in Prag, war ein führender nationalsozialistischer Funktionär

Heydrich war SS-Obergruppenführer und General der Polizei, Leiter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) und stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren. Schon vor dem Krieg sammelte Heydrich Informationen über jüdische Einrichtungen und ließ sie überwachen. Zunächst sollten die Juden durch ein System von Enteignung und Deportation aus dem Reich gedrängt werden. Im Juli 1941 wurde Heydrich von Hermann Göring beauftragt, alle erforderlichen Vorbereitungen für ein "Gesamtauflösung der Judenfrage" zu treffen, seien sie finanzieller, organisatorischer oder verwaltungstechnischer Natur. Heydrich erkannte, daß eine zentrale Koordinierung aller beteiligten Stellen erforderlich war. So berief er zum 20. Januar die so genannte Wannsee - Konferenz ein, um Mittel und Wege zur "Endlösung der europäischen Judenfrage" zu erörtern. Damit war Reinhard Heydrich ein führender Repräsentation des nationalsozialistischen Unrechtsstaates. Zum Jahrestag wurde am Ort des Attentats eine Büste von Heydrich aufgestellt, vor der sich vorüber gehende Passanten verbeugen mußten. Bis heute wird Reinhard Heydrich von Anhängern der rechten Szene verehrt, die von ihm maßgeblich vorangetriebene Judenverfolgung und -vernichtung glorifiziert und verherrlicht. Mit einer Veranstaltung am Jahrestag des Attentats wird Heydrich als Symbolfigur des Nazi-Regimes verehrt. Dieser Umstand mag zwar größeren Kreisen der Bevölkerung nicht geläufig sein, ist aber in den rechtsextremistischen Kreisen bestens bekannt.

Mit einem Aufzug zum Jahrestag des auf ihn verübten Anschlags findet eine Verehrung und Hervorhebung der Person Reinhard Heydrich statt. Wegen seiner Stellung innerhalb des Systems der Nationalsozialisten wird durch seine Hervorhebung die nationalsozialistische Herrschaft als solche verherrlicht oder zumindest gebilligt. Damit ist jedoch der Straftatbestand des § 130 Abs. 4 erfüllt.
Somit liegt eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor [...]

Eine weitere unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt vor, weil aus der Versammlung heraus mit Straftaten gegen Leib und Leben von Polizeibeamten, Gegnern und Passanten zu rechnen ist. [...]

In Ihrem Internetauftritt http://www.aktionsfront.org unter Menüpunkt "Konzept" werden unter Punkt 5. die Mittel des politischen Kampfes angesprochen.
Darin heißt es Die anzuwendenden Mittel des politischen Kampfes werden ausdrücklich nicht von der Organisationsleitung vorgegeben. Als legitim gelten alle Formen des Widerstandes. Der Fantasie der Aktivisten werden dabei von der Organisationsleitung keine Grenzen gesetzt."

Damit wird die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung der politischen Ziele nicht von den zur Verfügung stehenden Mitteln ausgenommen. Durch die Formulierung ausdrücklich nicht vorgegeben wird deutlich, daß gerade alle Mittel toleriert werden. Als legitim gelten alle Formen des Widerstandes muß so verstanden werden, daß eben auch der gewalttätige Widerstand nicht nur gebilligt, sonder auch gewünscht wird, um so ein möglichst breites Spektrum an Methoden der Auseinandersetzung oder des "Kampfes", wie dort tituliert, zu nutzen. Auch auf einschlägigen Internetseiten, wie z.B. http://www.stoertebeker.net, die auch Ihre Demo mit Artikel vom 15. März 2006 bewirbt, in der Szene und damit auch den Teilnehmern Ihrer Veranstaltung einschlägig bekannt ist und auch verstärkt besucht wird, heißt es in einem Beitrag, in welchem die Demonstration in Rostock am 01. Mai 2006 bewertet wird, über die mögliche Anwendung anderer, als ausschließlich friedlicher Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen während einer Demonstration: Eine Hand wäscht die andere. In Rostock zeigte sich jedenfalls, daß ziviler Wiederstand von nationaler Seite nicht nötig war, doch sollte man sich wohl allmählich mit dem Gedanken vertraut machen, daß die Zeit auch auf diesem Gebiet nicht stehen bleiben wird und das ist genau genommen auch ganz gut so, denn wie es in den Wald hinein schallt, so sollte es auch wieder hinaus schallen." Darin läßt sich ebenfalls eindeutig ein Aufruf zur Gewaltanwendung während der Durchführung einer Versammlung sehen."

Weiterhin sieht Herr Krüger mich als gefährlich an, weil ich mich weigerte an einem Koordinierungsgespräch teilzunehmen. Außerdem sei es eine Straftat nach § 25 I VersG, daß in den Aufrufen zur Demonstration nicht explizit die Blaue Brücke am Bahnhof als Treffpunkt benannt ist, sondern nur der Hauptbahnhof.

Außerdem teilt der Herr Oberbürgermeister noch einige geschichtliche Details mit, die Demonstration führt nämlich durch ein "historisch sensibel zu behandelndes Wohngebiet".

"Die angemeldete Route führt nördlich des Hauptbahnhofs u. a. durch das Stadtgebiet Vogelviertel. Dieses wurde 1938 von den Nationalsozialisten als Dietrich-Eckart-Siedlung gegründet.

Dietrich Eckart, geboren 23. März 1868 in Neumarkt in der Oberpfalz, gestorben am 26. Dezember 1923 in Brechtesgarden, war ein Publizist, sowie Weggefährte und väterlicher Freund Adolf Hitlers. [...]


Über Neubrandenburger Rüstungsbetriebe wird dann der Bogen über Zwangsarbeiter zu Konzentrationslagern gespannt und am Ende ist eine nationale Demonstration natürlich "unerträglich" und muß verboten werden.

Ich habe nicht vor, die von Krüger angeführten Tatsachen zu diesem Zeitpunkt zu bewerten, zu widerlegen oder zu kommentieren. Viele Teile sind zudem Wikipedia entnommen, weshalb ich auch dort diskutieren könnte.

Widerspruch und Klage werden geschrieben und eingereicht.

Rostock, 18. Mai 2006


David Petereit
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 18. Mai 2006