Was das Verhindern von NPD-Kinderfesten kostet

Bei der Lektüre der einschlägigen Zeitungsartikel könnte man den Eindruck gewinnen, Anklam hätte eine neue Wunderwaffe gefunden, mit der man NPD-Kinderfeste verbieten kann - eine Wunderwaffe, die alle anderen Kommunen bislang komischerweise übersehen hatten. In Wirklichkeit fährt man in Anklam lediglich eine Taktik, für die die anderen Kommunen nicht dumm genug waren. Selbstverständlich kann man NPD-Kinderfeste vereiteln. Aber nur, wenn man bereit ist, auf den in Frage kommenden Flächen permanent selber Veranstaltungen auszurichten, bis einem die Luft ausgeht.

Notfalls das ganze Jahr über! Das Verwaltungsgericht Greifswald hat in seinem Beschluß klar gestellt, daß die NPD wie alle Parteien öffentliche Flächen nutzen darf. Daran ändert auch eine langfristige Verpachtung nichts, weil durch dieses Mittel kein Ausschluß aller Berechtigten von der Nutzung zugunsten eines Bevorzugten statt finden darf. Vielmehr muß die Stadt noch zusätzlich geltend machen, daß sie selbst oder einer ihrer Spezis die Fläche vor der NPD für ein ganz bestimmtes Vorhaben beantragt hat. Und das muß dann auch durchgeführt werden, weil sonst eine Täuschung des Gerichts und damit Prozeßbetrug vorläge.

Um das erste für Anklam geplante Kinderfest zu verhinden, hat die Stadt eine "Jungbürgerversammlung" durchgeführt, die mal eben 3.000 Euro kostete. Zum Preis gehörte auch eine erfolgreiche und Aufsehen erregende NPD-Demonstration, wobei für die antinationale Haßpropaganda, die den Aufmarsch begleiten sollte, noch einmal 7.400 Euro locker gemacht werden mußten.

Ganz schön viel für nur einen Termin, zumal sich die NPD natürlich nicht an den Kosten beteiligt. Die Rechnung, die Galander dem nationalen Stadtvertrter Andrejewski überreichte, wurde umgehend in Konfetti verwandelt.

Um es den Etablierten etwas schwerer zu machen, wurden für den September gleich vier Sonnabende beantragt. Jetzt muß die skandalgeschüttelte "Volkssolidarität" auf der Grünfläche einen Monat lang, vom 03.09 bis zum 01.10.2010, einen Pavillon aufstellen und dort allerlei "Workshops" veranstalten. Auch das dürfte nicht billig werden.

Richtig heftig wird es für die Demokratie- und Toleranzkämpfer im nächsten Jahr. Für eine städtische Grünfläche wurden über 20, für eine andere sogar über 30 Termine beantragt. Von Ende Mai bis Ende August muß jeden Samstag und Sonntag eine Veranstaltung dort statt finden, oder die Stadt muß die Flächen an uns herausrücken.

Es findet ein Abnutzungskrieg statt, der die Gegenseite wesentlich mehr Ressourcen kostet als uns, zumal wir jederzeit in den Wohngebieten politische Kundgebungen mit einer Hüpfburg, Kaffee und Kuchen und der Verteilung von Schulsachen veranstalten können. Das ist fast noch besser als Kinderfeste. So oder so bringen wir unsere Vorstellungen von einer kinderfreundlichen Politik unters Volk. Währenddessen können sich die Etablierten gerne zu Tode feiern.
zurück | drucken Erstellt am Donnerstag, 09. September 2010