Orwellsche Zustände - Journalisten-"Fibel" geplant

Als ob Tabuisierung und Gleichschaltung in bundesdeutschen Medien nicht schon weit genug vorangeschritten wären, holen selbsternannte Moralwächter jetzt die XXL-Keule aus dem Sack. Die "Sprachfibel gegen Rassismus" als geplantes Gemeinschaftswerk von Deutschem Journalisten-Verband (DJV) und Duisburger Institut für Sprache und Sozialforschung (DISS) wird von vielen Journalisten-Kolleginnen und - kollegen sowie einem Großteil der Leserschaft als das wahrgenommen, was sie ist - ein Versuch, unter dem Deckmantel von Schlagworten wie "Demokratisierung" und "Kampf gegen restaurative Tendenzen" die "Diktatur des PC-Wortschatzes" zu verfestigen. Gleichzeitig wird mit der "Fibel" offenbar das Ziel verfolgt, den Blick auf unbequeme Tatbestände des alltäglichen Lebens durch ständig neue Wortschöpfungen zu verstellen und sich so der Aufgabe zu entheben, über das Scheitern eigener Weltbeglückungs-Utopien einmal näher nachzudenken.
Bereits das Nennen des Wortes "Migration", ein ohnehin schon verharmlosender Ausdruck für Zuwanderung und Überfremdung, paßt den selbsternannten Chef-Ideologen nicht mehr ins Bild: "Deutschland ist gegenüber dem Strom von Flüchtlingen und Einwanderern eine Insel, ein Land ohne Damm, das durch Fluten in der Gefahr steht, überschwemmt zu werden. Deutschland ist mit einem Boot zu vergleichen, das diesen Fluten ausgeliefert ist. Die Kollektivsymbolik, die dabei zum Einsatz kommt, kann diskriminierende Effekte produzieren bis hin dazu, daß sich in der Bevölkerung ein latentes Bedrohungsgefühl ausbreitet", erklärte Margarete Jäger, Gattin des Institutschefs Prof. Dr. Siegfried Jäger, laut einer Mitte März 2006 herausgegebenen DJV-Pressemitteilung. Wortwahl bzw. Bau der Sätze eins und zwei könnten, aus dem Zusammenhang gerissen, dazu angetan sein, Frau Jäger "rechtsextremes Gedankengut" zu unterstellen. Im Ernst: Würde es sich bei ihr um eine Rentnerin handeln, die, mit entsprechender Muße ausgestattet, ein Handbuch über Wortdeutungen verfaßt, könnte ihre Aussage mit einem müden Lächeln abgetan werden. Die Realität aber schaut nun einmal so aus, daß sie, ihr Mann und führende Kräfte im DJV (allen voran der Bundesvorsitzende Michael Konken), mit Verbandsgeldern und teilweise opulenten steuerlichen Zuschüssen ausgestattet, die Meinungs-Diktatur hierzulande ausweiten helfen. Selbstredend zählt "Rasse" ebenfalls zum Wortschatz, den es aus bundesdeutschen Redaktionsstuben zu tilgen gilt, woraus sich die Frage ergibt, warum der "Fibel"-Titel dann das Wörtchen "Rassismus" enthält - auch hier wird deutlich, daß es sich bei dem wahnwitzigen Projekt um ein Haus ohne festes Fundament handelt.
Das Tüpfelchen aufs I setzte Herr Konken: "Wir Journalisten haben eine besondere Verantwortung, da die Vorbildfunktion des Wortes die Menschen lenkt, durch Sprache verändert", leistet er sich faktisch durch die Hintertür eine "Schelle" für die doch ohnehin meist systemkonformen Kollegen, zumal er sich dann gleichfalls nicht von dem Vorwurf freisprechen kann, durch neue Wort-"Schöpfungen" ebenso Einfluß auf die Herzen und Hirne der Menschen nehmen zu wollen - das Selbstverständliche wird zu einer Scheinleistung emporgehoben, wofür früher einmal die (zu Recht abwertende) Bezeichnung Intellektualismus verwendet worden ist.

Andererseits hat Konken, und das muß man ihm ritterlicherweise lassen, ein wesentliches Stück bundesrepublikanischer Geschichte in einem Satz zusammengefaßt: Mit Wort(grupp)en wie "historische Schuld", "Einmaligkeit der Verbrechen", "rechte Gefahr", "Wölfe im Schafspelz", "Sozialdemagogie der Braunen", usw. - befördert noch durch Bilder und gebetsmühlenartige Wiederholung - ist es unseren Gegnern (vorerst) gelungen, weite Teile des deutschen Volkes in einen Lähmungszustand zu versetzen, was sich auf das Diskussions- und das Wahlverhalten bis hin zur Lebensgestaltung negativ auswirkt.

Setzen sich die Jägers und Konken mit ihrem Projekt letztendlich durch (obgleich neun von zehn Wortmeldungen via Weltnetz-Forum gegen den Orwellähnlichen Plan gerichtet sind), dürften Darstellungen wie die folgenden dann nur noch schwerlich durch die "Chefs vom Dienst" abgesegnet werden. Denn selbst das bloße Erwähnen von Angehörigen bestimmter Völker und Staaten im Zusammenhang mit etwas Negativem könnte aus Sicht der Macher des besagten Projektes "Vorbehalte" schüren oder "rechtsextreme Argumentationsmuster" stärken (die Spekulation darob, welche Passagen bzw. Worte laut Jägerschem PC-Deutsch dann wegfallen könnten, überlassen wir der Leserschaft).

"Acht Männer und eine Frau sind angeklagt. Alle sollen zu einer internationalen, kriminellen Bande gehört haben, die kein Mittel scheute, um die Führungsposition im Rotlichtmilieu zu erlangen. Deutsche, litauische und israelische Staatsbürger sind unter den Angeklagten (*)",
heißt es in der Schweriner Volks-Zeitung (21. 03. 06). Zum gleichen Fall bemerkt ein Reporter im "Rostocker Blitz": "Aber kommen wir zu Igor E., einem gebürtigen Kiewer mit israelischer Staatsangehörigkeit. Auch von ihm haben unsere Leser schon gehört. Im November 2004 erst wurde er vom Amtsgericht wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er und zwei weitere Männer waren in der Nacht des 4. Juni 2004 auf dem Doberaner Platz festgenommen worden. Igor E. hatte eine Aktentasche bei sich, die eine halbautomatische Makarov, 9 mm, mit aufgesetztem Schalldämpfer, sieben Schuß Munition, 9 mm, eine Gesichtsmaske, die einen alten Mann darstellte, Handschuhe und Schere enthielt. (…) Zunächst hatte Igor E. bestritten, der Besitzer der Aktentasche und des Inhalts zu sein. Während der Verhandlung gab er zu, daß die Tasche ihm gehöre und er keine Erlaubnis zum Tragen dieser Waffe habe. Er war anwaltlich gut vertreten."

Doch derart politisch unkorrekt, wie es die Macher der Fibel meinen, verhalten sich die Macher der bundesdeutschen Systempresse keinesfalls. Seit Mitte der Neunziger hielten Verlage ihre Redaktionen an, den (hohen) Anteil von Ausländern an bestimmten Delikten zu verschleiern, indem früher gängige Beschreibungen ("südländisches Aussehen", "in gebrochenem Deutsch", "vermutlich aus Osteuropa stammend") seitdem zumeist weggelassen werden.
Wer den Griffel für das Haus Springer schwingen möchte, unterzeichnet bei Eintritt in die Schar der Berichtenden u. a. eine Erklärung, in seinen Beiträgen nicht die Interessen des Staates Israel zu verletzen.

Und dennoch: Der Sturm der Empörung über das Ansinnen einer zahlenmäßig kleinen, aber noch sehr einflußreichen Gesinnungs-Kamarilla macht Mut. Noch allerdings überdeckt angesichts einer immer kleiner werdenden Zahl von Redakteursstellen die Angst, ausgebürgert, sprich, mit einem Quasi-Berufsverbot belegt zu werden, den wachsenden Frust. Als Mittel für die Einschüchterung dient ein vom DJV erarbeitetes Formular, in dem es u. a. heißt: "Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin auf folgendes Stich-, Schlag- und Reizwort gestoßen: (es folgt ein Feld zum Eintragen des vermeintlich entsprechenden Wortes). Aus folgenden Gründen empfinde ich es als diskriminierend: (Zeilen für die Begründung). Ich schlage folgenden Sprachgebrauch vor (Felder zum Ausfüllen).
Drehen wir den Spieß doch einfach um - sollten Deutsche mit abfälligen Ausdrücken bezeichnet werden, lassen Sie es den DJV wissen.
Fax: 02 11 - 2 33 99 - 11
zurück | drucken Erstellt am Samstag, 08. April 2006