Badestellen-Verordnung für M/V?

Alle Jahre wieder: Kurz vor der Badesaison fehlen Rettungsschwimmer in M/V. Derweil die Küstenabschnitte gut bis sehr gut bestückt sind, herrscht im Binnenland an Lebensrettern oft ein gravierender Mangel.
 
Während Ausstattung, Unterkunft und Verpflegung im Küstenbereich nicht zuletzt durch die Erhebung von Kurtaxen mustergültig seien, gebe es im Hinterland in mehreren Kommunen eine unzureichende Finanzierung, hatte Thomas Powasserat (DRK-Wasserwacht) kurz vor der Saison im Gespräch mit einem Regionalblatt bemängelt. Gesetzliche Regelungen in diesem Bereich fehlten noch immer.  
 
Handlungsbedarf scheint also gegeben zu sein, erst recht, wenn man sich die Ausführungen von Dr. Klaus Wilkens, Präsident der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), anschaut: „Flüsse, Binnenseen und Kanäle haben das höchste Gefahrenpotential. 84 % starben in diesen Gewässertypen“, sagte er vor rund einem Jahr. Eine Zahl, die tatsächlich Veränderungen notwendig macht.
 
Forderungen der DLRG
 
Zwei Dinge sind es, die laut Dr. Wilkens unbedingt erfüllt sein sollten, um auf objektive Gefahren hinzuweisen. Zum einen müsse an Badestellen „gut sichtbar über die besonderen Gefahren des Gewässers informiert werden.“ Zum zweiten gebe es gerade im Sommer viele gut besuchte Seen und Flußabschnitte. „An diesen Stellen muß ein Wasserrettungsdienst eingerichtet werden. Das Aufstellen von Schildern mit den Hinweisen ,Baden verboten’ oder ,Baden auf eigene Gefahr’ ist unzureichend.“ Hier seien Städte, Gemeinden und Landkreise aufgefordert, „qualifizierte Vorsorgemaßnahmen zu treffen.“ Des weiteren gelte auch an Badestellen, die nicht regelmäßig genutzt werden, die aber frei zugänglich sind, die Verkehrssicherungspflicht.
 
Erstellung von Gefahrenanalysen
 
Die „International Life Saving Federation of Europe“ (ILSE), der europäische Regionalverband der nationalen Wasserrettungs-Organisationen, vergibt das Banner „Lifeguarded Beach“ (Lebenssichernder Strand), wenn insgesamt ein hohes Sicherheitsniveau nachgewiesen ist. So genannte Risk Assessors erstellen dabei ausführliche Gefahrenanalysen. Dazu Dr. Wilkens: „Da es nirgendwo in Deutschland Verordnungen oder Vorschriften über die Absicherung von Gewässern gibt – Schleswig-Holstein hat im vergangenen Jahr seine Badestellenverordnung zu Grabe getragen -, sieht die DLRG im Risk Assessment ein notwendiges und attraktives Angebot an alle Kommunen, die Sicherheit für die Menschen in ihren Gewässern zu verbessern.“ 
 
Schwierigkeit: Unentgeltlich genutzte Badestellen
 
Im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern wurde um die Jahrtausendwende zumindest der Versuch unternommen, die Möglichkeiten für den Erlaß einer Badestellenverordnung zu prüfen. Dem Vorhaben wurde letztlich aber eine Absage erteilt, wie aus einer Unterrichtung vom 15. April 2002 hervorgeht. Der Grundtenor: In Badestellen, für deren Nutzung ein Eintrittsgeld erhoben wird und für die eine zeitlich begrenzte Nutzung gilt, ist der Betreiber aufgrund der Verkehrssicherungspflicht schon aus zivilrechtlichen Gründen verpflichtet, für einen ordnungsgemäßen Zustand der Badestelle zu sorgen. Hinsichtlich unentgeltlich genutzter Badestellen gelte es, andere Parameter zu berücksichtigen: Bereithalten von Sicherungs- und Rettungsmitteln, Anzahl der Aufsichtsstellen, Größe des Aufsichtsbereichs samt Kennzeichnung, Zahl der Aufsichtspersonen je Aufsichtsstelle, technische Ausrüstung und nicht zuletzt die Aufsichtszeit.
 
Umsetzung in der Praxis fraglich
 
Eine darauf abstellende Badestellenverordnung könnte „solche Anforderungen nur abstrakt – ohne Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Badestelle und auch der aktuellen Situation – regeln.“ Eine schematische Umsetzung würde dazu führen, „daß aufgrund der Verordnung eine Badestelle mit Aufsichtspersonen besetzt sein muß, obwohl wegen eines Kälteeinbruchs oder wegen Regenwetters tatsächlich kaum jemand badet. Umgekehrt können in der Verordnung festgelegte und in der Regel auch ausreichende Tageszeiten für die Aufsicht bei besonders schönem Sommerwetter unzureichend sein, weil noch weit in den Abend hinein gebadet wird.“ Auch wurde es als „finanziell untragbar“ bezeichnet, bei allen rund 420 Badestellen im Land, die in hygienischer Hinsicht überwacht werden, auch eine Badestellenaufsicht vorzuschreiben.  
 
Schwimmfähigkeiten verbessern

 
Zwar könnte die jeweilige Gemeinde als Gebietskörperschaft verpflichtet werden, die Sicherheit zu verbessern. Dies wäre aber nur dann zulässig, wenn die dadurch den Gemeinden entstehenden Mehraufwendungen ausgeglichen würden. Im Landeshaushalt stünden dafür jedoch keine Mittel zur Verfügung.
 
Gewiß hat die DLRG vollkommen Recht, wenn sie die Untätigkeit von Bund, Ländern und Kommunen beim Thema Wassersicherheit von Menschen bemängelt. Doch ist die Untätigkeit zumeist eine erzwungene, da die meisten Kommunen kaum noch finanzielle Spielräume haben, ihnen also, um beim Thema zu bleiben, das Wasser bis zum Hals steht. Und bedenkt man, wofür in der BRD Jahr für Jahr Geld zum Fenster hinausgeworfen wird, ist es kein Wunder, wenn die ohnehin am Ende der Nahrungskette befindlichen Kommunen und Kreise keine Mittel für die Sicherheit an Seen und Flüssen aufwenden (können). Anders ausgedrückt: Wo hunderte Milliarden deutschen Steuergeldes Zockerbanken zufließen, gleich ins Ausland „abwandern“ oder auch für den „Kampf gegen Rechts“ verplempert werden, ist Geld auch für Sicherheit an Badeseen nicht mehr vorhanden.
 
Realistischerweise muß noch angemerkt werden, daß es in Mecklenburg und Vorpommern allein 2.028 Seen gibt – die alle zu überwachen, ist schier unmöglich. Ein Schritt in die entsprechende Richtung wäre eine Erhöhung der Schwimmfähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen. 
zurück | drucken Erstellt am Freitag, 23. Juli 2010